Wien (öaw) - Mit einer Quantenverbindung quer über die Dächer von Wien konnten Forscher/innen
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erstmals Quanteninformation mit mehreren Eigenschaften durch
die Atmosphäre hindurch übertragen. Das berichten sie nun im Fachjournal „Nature Communications“. Das
Experiment könnte neue Geschwindigkeitsrekorde in der Quantenkommunikation möglich machen.
Quantenphysikalisch verschränkte Teilchen zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine Vielzahl von Eigenschaften
miteinander teilen und jede Messung an einem der Teilchen augenblicklich den Zustand des anderen Teilchens festlegt.
Während sich in der Vergangenheit Experimente zur Verschränkung zumeist auf eine dieser Eigenschaften
konzentrierten, hätte die Ausweitung der Untersuchung auf gleich mehrere Eigenschaften große Vorteile
für die Quantenkommunikation: Geschwindigkeit und Effizienz der Informationsübertragung könnten
dadurch gesteigert werden.
„Hyperentanglement“ zum ersten Mal außerhalb des Labors getestet
Dieser Ansatz wird daher in der Quantenforschung seit Längerem intensiv verfolgt. Er hat jedoch eine Schwachstelle:
Das sogenannte „Hyperentanglement“ – die Verschränkung von Teilchen über mehrere Eigenschaften – konnte
bisher nur in Laborexperimenten nachgewiesen werden. Für Verbindungen über größere Distanzen
hinweg, ist eine Übertragung durch die freie Luft wesentlich. Diese könnte aber durch Turbulenzen in
der Atmosphäre verfälscht werden, so die Befürchtung in der Quantenphysik.
Eine Befürchtung, die Forscher/innen des Wiener Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) rund um Forschungsgruppenleiter Rupert Ursin nun entkräften
konnten. Wie sie in einer neuen Publikation im Fachjournal „Nature Communications“ berichten, gelang es ihnen erstmals,
Quanteninformation anhand zweier Eigenschaften von verschränkten Lichtteilchen – der Schwingungsrichtung und
dem Erzeugungszeitpunkt – durch den Luftraum im Wiener Stadtgebiet zu übertragen und zu messen.
Künftig schnellere Quantenkommunikation möglich
Mithilfe des Hedy Lamarr Teleskops am Dach des ÖAW-Instituts in der Wiener Boltzmanngasse sowie einer
Empfängerstation an der Universität für Bodenkultur Wien wurden diese beiden Eigenschaften von verschränkten
Lichtteilchen trotz atmosphärischer Turbulenzen am jeweils anderen Ende der Quantenverbindung erfolgreich
nachgewiesen. „Experimente mit der Zeitverschränkung sind bisher nur in Glasfasern gelungen. Wir konnten nun,
zusätzlich zu der vielfach untersuchten Schwingungsrichtung der Teilchen, auch den Zeitpunkt der Erzeugung
der Teilchen als weitere Eigenschaft der Teilchen erstmals in Freiluft übertragen“, bestätigen die Erstautoren
Fabian Steinlechner und Sebastian Ecker das Gelingen des Experiments.
Was diese erstmalige Untersuchung des „Hyperentanglement“ in freier Atmosphäre für die weitere Entwicklung
der Quantenkommunikation bedeutet, erklärt ÖAW-Forscher Rupert Ursin: „Hyperentanglement erlaubt es Lichtteilchen,
Information die in unterschiedlichen Eigenschaften kodiert ist, gleichzeitig auszutauschen. Das könnte die
Geschwindigkeit der Datenübertragung in der Quantenkommunikation erheblich beschleunigen.“
Denn durch die Verschränkung gleich mehrerer Eigenschaften lässt sich die Anzahl der für die Übertragung
von Information benötigten Teilchen drastisch reduzieren. Das macht die Quantenverbindungen schneller und
effizienter – und damit etwa auch künftige Experimente zur Quantenkommunikation über Satelliten noch
vielversprechender.
Publikation:
"Distribution of high-dimensional entanglement via an intra-city
free-space link", Fabian Steinlechner, Sebastian Ecker, Matthias Fink, Bo Liu, Jessica Bavaresco, Marcus Huber,
Thomas Scheidl, Rupert Ursin. Nature Communications, 2017. DOI:10.1038/NCOMMS15971
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