Thick Time. Installationen und Inszenierungen von 29. Juli - 5. November 2017 Mönchsberg
[4] & Auditorium Rupertinum [1] & [2]
Salzburg (mdm) - Das Museum der Moderne Salzburg zeigt eine umfangreiche Werkschau des international gefeierten
südafrikanischen Künstlers William Kentridge, die sich über beide Standorte erstreckt. Auf dem Mönchsberg
sind eindrucksvolle Multimedia-Installationen zu sehen, während im Rupertinum erstmals seine Arbeiten für
Theater und Oper im Zentrum einer eigenen Ausstellung stehen - gleich gegenüber vom Haus für Mozart,
wo Kentridge Alban Bergs Oper Wozzeck für die Salzburger Festspiele inszeniert. Im Atrium des Rupertinum ist
zusätzlich eine neue Installation zu sehen, die ein Jahr lang bestehen bleiben wird.
William Kentridge (1955 Johannesburg, ZA) wurde in den 1990er-Jahren mit expressiven, in Videos animierten Zeichnungen
bekannt. Sein bisher vier Jahrzehnte umspannendes Gesamtwerk changiert zwischen unterschiedlichen künstlerischen
Disziplinen. Seit vielen Jahren arbeitet Kentridge erfolgreich an großen Opern- und Theaterproduktionen.
Seine enge Beziehung zum Theater, für das er als Schauspieler, Produzent, Bühnenbildner und Kostümdesigner
tätig ist, fließt in seine Arbeit als bildender Künstler ein, und vice versa. In seinen multimedialen
Inszenie- rungen sowohl für Ausstellungen wie auch für die Bühne vereint er groß- artige Zeichenkunst
mit theatraler Lebendigkeit. Als roter Faden zieht sich die thematische Beschäftigung mit Kolonialismus, Revolution
und Exil und mit der Bedeutung und den Ausdrucksformen von Zeit durch Kentridges Werk. Seine Arbeiten bewegen sich
zwischen Epischem und Alltäglichem, zwischen Ausgelassenheit und Tragödie. "William Kentridge demonstriert
uns ein ebenso umfassendes wie einzigartiges Instrumentarium an künstlerischen Mitteln, mit dem er in fast
magischer Weise unterschiedliche Disziplinen und Genres miteinander verknüpft. Dabei nimmt alles seinen Ausgang
in Kentridges Studio in Johannesburg, wo der Künstler mit seinem Team durch Experimentieren und Improvisieren
seine Projekte entwickelt.
Das Studio ist für ihn jedoch mehr als nur ein Ort der freien Gedankenwelt und der Produktion, denn Kentridge
nutzt es auch als Archiv früherer Ideen, die immer wieder neu verarbeitet und aufgeführt werden",
erläutert Sabine Breitwieser, Direktorin des Museum der Moderne Salzburg und Kuratorin der Ausstellung.
Im Auditorium am Mönchsberg führt ein Klassiker von William Kentridge, die bekannten seiner aus Kohlezeichnungen
bestehenden Filme 10 Drawings for Projection (1989-2011) inhaltlich in die für sein Schaffen relevante Thematik
ein. Auf der großen Ausstellungsebene [4] werden dann sieben raumgreifende Multimedia-Installationen gezeigt.
Die Arbeiten 7 Fragments for Georges Méliès, Day for Night und Journey to the Moon (2003), eine Hommage
an den französischen Pionier des Stummfilms, stellen im zentralen Raum die Arbeitsweise des Künstlers
vor. Auch zwei seiner jüngsten Installationen sind zu sehen: Notes Towards a Model Opera (2015) über
die Kulturrevolution in China und O Sentimental Machine (2015), produziert für die Istanbul Biennale, über
das türkische Exil des russischen Revolutionärs Leo Trotzki. In Second-hand Reading (2013) führt
Kentridge eine frühe Form von Film als Daumenkino auf. Gezeigt wird auch The Refusal of Time, die spektakuläre,
auf der documenta 13 (2012) in Kassel gefeierte Arbeit über Zeit als Form politischer und gesellschaftlicher
Herrschaft. Im größten Raum lädt ein fünfzig Meter langer Fries von bewegten Bildern dazu
ein, in die Prozession von More Sweetly Play the Dance (2016) einzutauchen. Eine Auswahl an Tapisserien und Objekten
sowie ein Leseraum mit zahlreichen Publikationen von und über William Kentridge ergänzen die Ausstellung.
Bereits die Treppe zur Ausstellungs- ebene empfängt die Besucher_innen mit einer neuen Arbeit, die für
diesen Ort entstanden ist: eine Anamorphose, die sich aus einem bestimmten Blickwinkel zu einem Porträt des
österreichischen Komponisten Alban Berg zusammensetzt.
Die Ausstellungssektion im Rupertinum ist Kentridges Auseinandersetzung mit dem Theater und der Oper gewidmet,
die projektweise Raum für Raum erschlossen wird. Eine Installation aus schwarzen Papierfiguren, vom Künstler
vor Ort entwickelt, führt durch das Atrium und zu den beiden Ausstellungsebenen. Es wird eine Fülle von
Exponaten gezeigt, darunter Plakate, Zeichnungen, Entwürfe, Modelle und Kostüme, die seit den späten
1970er-Jahren für seine wichtigsten Produktionen entstanden sind. Der erste Raum ist frühen Inszenierungen
von Kentridge in Zusammenarbeit mit der Junction Avenue Theatre Company in Johannesburg gewidmet, insbesondere
Sophiatown (1986-1989), einem Stück über das Apartheids- system. Weitere Höhepunkte sind seine Inszenierungen
Il ritorno d'Ulisse in patria von Claudio Monteverdi (1998 für die Wiener Festwochen und das Kunstenfestivaldesarts
in Brüssel) und Preparing the Flute (2004-2005 für La Monnaie in Brüssel) sowie Die Nase von Dmitri
Schostakowitsch (2010 für die Metropolitan Opera in New York), von der das Originalbühnenbild gezeigt
wird. Die Entwürfe zu Alban Bergs Lulu, 2015 für die De Nationale Opera und die Metropolitan Opera in
New York produziert, knüpfen die Verbindung zur aktuellen Inszenierung von Alban Bergs Oper Wozzeck für
die Salzburger Festspiele. Das kinetische Minitheater Right Into Her Arms (2016) wird in dieser Ausstellung zum
ersten Mal präsentiert. Der neuen Wozzeck-Inszenierung ist ebenfalls ein eigener Raum gewidmet und in der
Franz-West-Lounge des Rupertinum steht dem Künstler ein Studio zur Verfügung, das zeitweise für
das Publikum öffentlich zugänglich ist. William Kentridges letzten Arbeitsschritten an seiner Inszenierung,
die am 8. August 2017 Premiere feiert, kann dort nachgespürt werden.
William Kentridge hat 1997, 2002 und 2012 an der documenta in Kassel sowie 1993, 1999, 2005 und 2015 an der Biennale
di Venezia teilge- nommen. Sein Werk wurde vielfach prämiert und weltweit in Einzel- ausstellungen präsentiert,
darunter im Museum of Modern Art, New York (1998, 2010), im Louvre, Paris (2010), der Albertina, Wien (2010/2011),
und in der Tate Modern, London (2012). Der Künstler lebt und arbeitet in Johannesburg.
Nach der Präsentation in der Whitechapel Gallery, London (2016), dem Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk
(2017), und dem Museum der Moderne Salzburg (2017) wird die Ausstellung Thick Time in The Whitworth Art Gallery,
Manchester, gezeigt.
|