Linz (lk) - Im Rahmen einer Pressekonferenz informierten Landesrat Max Hiegelsberger undBgm. Mag. Franz Waldenberger,
Obmann BIO AUSTRIA Oberösterreich, und Josefine Klinglmair, Arbeitskreisleiterin - Ernährungsrat Pennewang,
am 31.07. über Oberösterreichs Ernährungssystem. "Wir haben unsere Ernährung in der Hand
- gestalten wir gemeinsam ein Ernährungssystem nach den individuellen Bedürfnissen unserer Bürgerinnen
und Bürger in Oberösterreichs Gemeinden", so Landesrat Max Hiegelsberger.
Ernährung bedeutet Lebensqualität
Immer mehr Menschen definieren sich über ihre Ernährung, drücken damit ihre Individualität
oder ihren Lebensstil aus. Essgewohnheiten werden als Religionsersatz oder Hobby gesehen. Es wurde zum internationalen
Trend-Thema. Ernährung birgt Lebensqualität und beginnt in der Landwirtschaft. Dennoch haben regionale
Kreisläufe im Laufe der letzten Jahrzehnte an Bedeutung verloren. "Die Globalisierung und Industrialisierung
unseres Ernährungssystems hat dazu geführt, dass wir jederzeit ein günstiges Angebot aller erdenklichen
Lebensmittel im Überfluss haben. Wir zahlen als Gesellschaft allerdings einen hohen Preis dafür. Die
ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen werden immer deutlicher sichtbar", so Mag. Franz
Waldenberger, Obmann von BIO AUSTRIA Oberösterreich. Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger ist sich in diesem
Zusammenhang sicher: "Wir Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher stehen dabei jedoch nicht abseits,
sondern sind Teil des Geschehens. Gemeinsam können wir die Weichen für eine zukunftsfähige Ernährung
in unserer Heimat stellen." Für Hiegelsberger gilt es diese Weichen durch Bewusstseinsbildung und die
Maximierung der Ernährungskompetenz in Oberösterreich zu steigern: "Es gilt unser Wissen zu bündeln
und uns zu vernetzen, um dem Thema Ernährung einen neuen Stellenwert in Oberösterreich zu geben und es
wieder zurück in unsere Regionen zu bringen."
Ernährungsräte Oberösterreich - Ernährung gemeinsam gestalten
"Wir Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher leben in unseren Regionen, in unseren Gemeinden.
Doch die Entscheidung wie und was wir essen wird heute viel zu häufig von den Managern der internationalen
Lebensmittelindustrie und des -handels bestimmt. Rücken wir wieder ein Stück zusammen und bringen wir
das Thema Ernährung zurück in unsere Gemeinden, zu unseren Bürgern", so Agrar-Landesrat Max
Hiegelsberger, der diese Initiative aus vollster Überzeugung unterstützt.
Ziel der Initiative Ernährungsräte Oberösterreich ist es, die Lebensmittelversorgung und Ernährungspolitik
zurück in die Gemeinden zu bringen. "Dies erreichen wir indem Erzeugung, Verarbeitung, Vermarktung und
Verbrauch von Lebensmitteln wieder näher beisammen liegt. In unseren Gemeinden können wir regionale Wirtschaftskreisläufe
stärken und gemeinsam die Lebensqualität steigern" so Hiegelsberger. Durch einen Ernährungsrat
kann in den Gemeinden eine Plattform des Austausches geschaffen werden. Dieser Ernährungsrat fungiert dabei
als Think Tank für die Bürgerinnen und Bürger. "Damit setzen wir einen ersten Schritt, um unser
lokales Ernährungssystem gemeinsam zu sichern" ist sich Hiegelsberger gewiss. Waldenberger ergänzt:
"Durch regionale Vernetzung von Erzeugern, Verarbeitern und Verbrauchern kann ein Systemwechsel hin zur Ernährungssouveränität
herbeigeführt werden."
Der Ernährungsrat als Arbeitskreis Ein Ernährungsrat ist ein Arbeitskreis, der alle Akteure des lokalen
Lebensmittelsystems einbindet und die Bedürfnisse und Interessen der Gemeinde miteinbezieht. Menschen verschiedenster
Hintergründe treffen dabei aufeinander. Sie alle haben ihre eigenen, wertvollen Erfahrungen mit Ernährung,
Lebensmitteln und
Landwirtschaft. "Es gilt diese Vielfalt zu nutzen, um voneinander zu lernen und gemeinsame Perspektiven und
Projekte zu entwickeln, von denen alle profitieren", so der Agrar-Landesrat. Die Möglichkeiten einen
Ernährungsrat aufzubauen sind vielfältig und variieren nach Mitgliedern, Strukturen und Aufgaben. Somit
kann ein Ernährungsrat an die spezifischen Begebenheiten und Bedürfnisse in der eigenen Gemeinde angepasst
werden. Die Vielseitigkeit der Mitglieder ist entscheidend, um alle Sichtweisen einer Gemeinschaft einzubinden.
Demnach eignen sich Mitglieder aus den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelhandel, Gastronomie,
Politik und Verwaltung, genauso wie Multiplikatoren aus dem Bildungsbereich, Verbraucherinnen und Verbraucher sowie
Ernährungsexpertinnen und -experten oder gemeinnützige Vereine.
Das Agrarressort des Landes Oberösterreich und BIO AUSTRIA Oberösterreich unterstützen die Ernährungsräte
bei ihrer Gründung, vernetzen sie untereinander, liefern Information und begleiten sie je nach Bedarf. Mag.
Waldenberger, Obmann von BIO AUSTRIA Oberösterreich erklärt: "Mit dieser Initiative wollen wir die
Gründung von Ernährungsräten in den Gemeinden und Städten Oberösterreichs unterstützen."
Die Geschichte der Ernährungsräte Ernährungsräte stammen aus dem englischsprachigen Raum. Als
erster Ernährungsrat gilt der Rat in Knoxville/USA, dessen Gründung im Jahr 1982 eine Antwort auf die
Ernährungsprobleme der Stadt war. Damals war es das Ziel gesunde und leistbare Lebensmittel für Schülerinnen
und Schüler zur Verfügung zu stellen, sodass auch Familien mit geringem Einkommen nicht von ernährungsbedingten
Krankheiten betroffen sein müssen. Standen damals hauptsächlich soziale Themen in Zusammenhang mit der
Ernährung im Fokus, so behandeln Ernährungsräte heute auch ökologische und wirtschaftliche
Thematiken. In den USA, Kanada und Australien
formieren sich immer mehr Ernährungsräte. In Europa, wie bspw. in Amsterdam, Athen und London haben Ernährungsräte
vielerorts Projekte entwickelt, die die Ernährungssouveränität vor Ort stärken. Berlin und
Köln haben 2015 mit der Bildung von Ernährungsräten begonnen und auch in Wien gibt es erste Überlegungen
zu diesem Thema.
Modellgemeinden gesucht
"Es braucht engagierte Menschen in unseren Gemeinden und Städten, um diese Ziele weiterzuentwickeln und
das Thema Ernährungssouveränität gezielt anzupacken", so Hiegelsberger und Waldenberger. Daher
unterstützen das Agrarressort und BIO AUSTRIA Oberösterreich die Gemeinden bei der Umsetzung des Projekts
Ernährungsräte und bieten dazu folgende Möglichkeiten:
- Informationen zum Thema Ernährungsräte
- Gründungsworkshop
- Austausch und Vernetzung zwischen den Ernährungsräten
Ziel ist es, im Jahr 2017 fünf Ernährungsräte in Oberösterreich zu gründen und zu unterstützen.
Dabei sollen gezielt Gemeinden und Städte mit unterschiedlichen Strukturen, Bedürfnissen und Ausgangssituationen
angesprochen werden. Die daraus gewonnen Erfahrungen fließen in einen bundeslandweiten Rollout ein.
Die Betätigungsfelder liegen im Bereich der Bewusstseinsbildung und Steigerung der Ernährungskompetenz.
So kann der Fokus beispielsweise auf einer regionalen, bewussten oder biologischen Essensversorgung in Schulküchen,
Großküchen oder bei Vereins- und Gemeindefesten liegen. Garten- und Selbstversorgungsprojekte wie die
Anlage und gemeinsame Betreuung von Gemüsebeeten oder Naschgärten in Schulen und Kindergärten, die
Initiierung von Gemeinschaftsgärten oder die bewusste und nachhaltige Förderung regionaler Vermarktungsinitiativen
können zur Steigerung der Ernährungskompetenz beitragen. Ebenso wie der gezielte Austausch zwischen ernährungsrelevanten
Akteuren, der beispielsweise durch eine Forcierung von Schule am Bauernhof-Tagen, einen Blick hinter die Stalltür
am (Bio)Bauernhof sowie Workshops, Veranstaltungen und Stammtisch-Treffen als Informations- und Austauschplattform
für alle Ernährungs-Interessierten in der Gemeinde, unterstützt und gestärkt werden kann.
Der 1. Ernährungsrat in Pennewang
Zur Gemeinde Pennewang im Bezirk Wels-Land zählen 27 Ortschaften und etwa 888 Einwohner auf einer Fläche
von ca. 18 km². Als agrarstrukturierte Gemeinde wird Pennewang von Klein- und Mittelbetrieben bewirtschaftet.
"Jede Gemeinde ist unterschiedlich aufgestellt, was Nahversorgung, Direktvermarkter, öffentliche Küchen
usw. betrifft. Damit sind auch die Bedürfnisse und Möglichkeiten sehr individuell. In Pennewang gibt
es z.B. ein Mittagessen im Kindergarten und in der Volksschule. Da gibt es nicht nur für die Eltern, sondern
auch für den Erhalter bzw. Betreiber der Bildungseinrichtung eine Verantwortung für die Ernährung
unserer Kinder. In Pennewang gibt es viele ernährungsbewusste Menschen, die Wert auf gesunde, regionale und
biologische Lebensmittel legen. Mein Anliegen war es diese Menschen zusammen zu bringen, um zu schauen ob wir neue
Akzente in unserer Gemeinde setzen können und um die Bewusstseinsbildung zum Thema Ernährung in der Bevölkerung
zu verstärken. Gemeinsam ist man immer stärker", berichtet Mag. Waldenberger, Bürgermeister
von Pennewang und Obmann BIO AUSTRIA Oberösterreich.
Der Gründungsworkshop des Pennewanger Ernährungsrats fand am 29.06.2017 im Gasthaus von Angela Bauer
statt. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern befanden sich Vertreterinnen und Vertreter mit den verschiedensten
Hintergründen (u.a. Gesundheit, Landwirtschaft und Bildung sowie junge Mütter oder Familienväter
mit erwachsenen Kindern), die von BIO AUSTRIA Obmann Mag. Waldenberger, dem Bürgermeister der Gemeinde Pennewang,
eingeladen wurden und die das Interesse für eine bewusste und nachhaltige Lebensmittelversorgung in ihrer
Gemeinde verbindet. Gruppenarbeiten regten zur Diskussion des IST-Zustandes in der Gemeinde an. Fragestellungen
wie "wo und wie werden unsere Lebensmittel erzeugt und verarbeitet" oder "wer ernährt die Gemeinde
und wie kommen unsere Lebensmittel zu uns auf die Teller", standen dabei im Fokus. Im Anschluss fand eine
moderierte Bedarfserhebung statt, die die Mitglieder des Ernährungsrates an nachhaltige Projektideen heranführen
soll. In Pennewang entstanden allein bei diesem Gründungsworkshop vier konkrete Projektideen, die die Ernährungssouveränität
der Gemeinde nachhaltige beeinflussen können. "Beim Gründungsworkshop wurden bereits einige interessante
Projektideen gefunden. Da es im Ort keinen Nahversorger gibt soll ein Dorfladen, in dem Direktvermarkter ihre Produkte
verkaufen, eingerichtet werden. Beim neuen Hochbehälter soll ein Naschgarten für Schulkinder und Wanderer
angepflanzt werden. Anfang September ist das nächste Treffen des Ernährungsrates Pennewang, wo über
die konkrete Umsetzung der Ideen beraten werden soll", so Waldenberger.
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