Kremsmünster/Wien (gemeindebund) - Wird das Gemeindeamt überhaupt noch gebraucht, wenn alle wichtigen
Verwaltungakte automatisiert werden? Diese zentrale Fragen diskutierten die Teilnehmer des Forums 2 mit E-Governance-Experten
Peter Parycek und Kremsmünsters Amtsleiter Reinhard Haider.
Peter Parycek, Leiter des Departements für E-Governance in Wirtschaft und Verwaltung an der Donau-Uni Krems,
prognostiziert die Automatisierung zahlreicher Verwaltungsabläufe. Die kommunale Verwaltung und Kommunikation
mit den Bürgerinnen und Bürgern wird zunehmend digital. Das stellt die Kommunen vor neue Herausforderungen.
Im Forum II der Kommunalen Sommergespräche 2017 mit dem Thema „Digitale Verwaltung braucht den Menschen“ wurde
dabei deutlich, dass automatisierte Verwaltung bereits stattfindet und sich die Entwicklung in diese Richtung noch
beschleunigen wird.
Verwaltungsabläufe schon in fünf Jahren automatisierter
Univ. Prof. Dr. Peter Parycek, Leiter des Departements für E-Governance in Wirtschaft und Verwaltung an der
Donau-Uni Krems, prognostiziert, dass in den kommenden fünf Jahren einfache Verwaltungsverfahren zum größten
Teil automatisiert werden könnten.
Parycek verweist in diesem Zusammenhang auf die bereits existierende „Antragslose Familienbeihilfe“, bei der die
Daten der betreffenden Familienmitglieder aus dem Zentralen Personenstandsregister elektronisch an die IT-Systeme
der Finanzverwaltung übermittelt und mit bestehenden Informationen abgeglichen werden. In 58 Prozent aller
Fälle seien die Daten vollständig vorhanden, so Parycek, und das Geld werde automatisch auf die Bank
überweisen.
Komplexere Verwaltung etwa in Zusammenhang mit Bauverfahren würden freilich auch künftig analog behandelt
werden, so Parycek.
Funktionale Analphabeten als besondere Herausforderung
Eine besondere Herausforderung sieht Parycek in den sogenannten „funktionalen Analphabeten“. Diese Personengruppe
umfasst hierzulande rund 17 Prozent. Es handelt sich dabei um Personen, die aufgrund mangelnder Sprach- und technischer
Alltagskenntnisse weder in der Lage sind normale Papier-Formulare auszufüllen, geschweige denn moderne Kommunikationsgeräte
zu benützen.
Weitgehend einig waren sich die Teilnehmer des Forums II, dass durch die Automatisierung der einfachen Verwaltungsaufgaben
Ressourcen frei werden. Sofern diese nicht wegrationalisiert werden, könnten diese für mehr soziale Aufgaben
– Stichwort Kinderbetreuung – verwendet werden.
Kremsmünster mit Webshop und App
Neben der Verwaltung wird auch die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern zunehmend digitalisiert
ablaufen. Ein Beispiel dafür ist die oberösterreichische Gemeinde Kremsmünster. Die trat schon im
Jahr 1996 erstmals mit einer Gemeinde-Homepage im Internet auf.
Seither wurde das digitale Kommunikationsangebot umfassend erweitert, wie Amtsleiter Mag. Reinhard Haider auf dem
Forum II betonte. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt naturgemäß auf Information und Service
und reicht von einem Web-Shop bis zu einer Wetterinfo-App.
Haider empfiehlt bei der Kommunikation via Social Media freilich höchste Professionalität. Gemeinden
bräuchten eine Social Media-Strategie und sollten sich genau überlegen welche Zielgruppe sie mit welchen
Inhalten erreichen wollen. Dies erfordere auch entsprechendes Knowhow in den Kommunen, weshalb Haider Personalentwicklung
in den Gemeinden als wichtiges Zukunftsthema sieht.
Wo bleibt der Mensch?
Zusammenfassend stellten die Teilnehmer des Forum II fest, dass sich die Gemeinden in der Verwaltung und Kommunikation
in Richtung „Kommune 4.0“ entwickeln werden.
Dennoch werde der Mensch dabei als Schnittstelle weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Die Anforderungen an die
Beschäftigten in den Kommunen würden freilich steigen. Die Zukunft gehöre den „Amtsmanagern“.
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