Seoul/Salzburg (universität) - Fabio Monticelli, neuer Chef der Gerichtsmedizin Salzburg-Linz, hat eine
Methode zur genaueren Eingrenzung des Todeszeitpunktes entwickelt. Diese fand beim Traunsee-Fall erfolgreiche Anwendung.
Mittlerweile arbeitet das Salzburger Team auch mit dem National Forensic Service (NFS) in Seoul/Südkorea zusammen,
um das Projekt voranzutreiben.
In Gmunden/Oberösterreich wurden 2016 zwei Leichen gefunden, ein Mann und eine Frau. In Teamarbeit mit den
Kriminalbeamten fanden die Salzburger Gerichtsmediziner heraus, dass es sich dabei um Mord und anschließenden
Selbstmord gehandelt hat. „Die Obduktion lieferte wichtige Hinweise, um den Tathergang zu rekonstruieren“, erzählt
Professor Monticelli. Dabei wandten die Wissenschaftler eine neue Methode zur näheren Eingrenzung des Todeszeitpunktes
an, die an der Salzburger Gerichtsmedizin entwickelt worden ist. „Unsere Methode ist bereits jetzt schon für
solche Fälle geeignet, bei denen es mindestens zwei Leichen gibt, die gleichen Bedingungen ausgesetzt sind,
und gleichzeitig aber etablierte Methoden nicht zum Einsatz kommen können". Die Gerichtsmediziner vergleichen
dabei den Abbauprozess von Proteinen im Skelettmuskel. „Diese Proteine bauen sich nach einem bestimmten Muster
ab“, so Monticelli. Durch den Vergleich des Degradationszustandes der Skelettmuskelproteine stellten sie fest,
dass die Frau deutlich länger tot war als der Mann. Mit Hilfe dieser Ergebnisse konnte das Rätsel letztlich
gelöst werden: Der Mann hatte seine Ehefrau bereits in Deutschland getötet, die Leiche zerstückelt
und nach Österreich gebracht, wo er sie im Traunsee versenkte. Einige Tage später beging er Selbstmord.
Bereits seit sechs Jahren arbeitet Fabio Monticelli mit den Zellbiologen Peter Steinbacher von der Naturwissenschaftlichen
Fakultät und Stefan Pittner, der mittlerweile an der Gerichtsmedizin tätig ist, an einem Projekt, das
sich mit der Etablierung der neuen Methode zur Eingrenzung der Todeszeit auseinandersetzt. „Wir wollen damit eine
methodische Lücke schließen, die es im Moment gibt“, so Monticelli. Denn mit dem derzeitigen Wissensstand
sind die Gerichtsmediziner nur in der Lage, den ungefähren Todeszeitpunkt entweder ganz früh oder vergleichsweise
spät nach dem Tod einzugrenzen. Im intermediären postmortalen Intervall ist der Todeszeitpunkt schwer
eruierbar. Viele Faktoren, wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lebensalter spielen beim Abbauprozess eine große
Rolle. Eine häufig angewandte Standardmethode basiert auf dem Abkühlungsverhalten eines Körpers
nach dem Tod. Im späteren postmortalen Intervall kann die Liegezeit u.U. auf Basis der Entwicklungsstadien
von Insekten, die die Leiche besiedelt haben, eingegrenzt werden. Hier kommt die Forensische Entomologie zum Einsatz,
bei der auch Hinweise auf die Todesursache und weitere Todesumstände gesammelt werden. „Den Todeszeitpunkt
auf die Minute genau festzustellen ist aber nach wie vor nicht möglich; wir können aber den Todeszeitraum
eingrenzen“, betont Monticelli. Die Realität entspricht in der Regel nicht dem Bild, das TV-Gerichtsmediziner
in Krimis suggerieren.
Um ihr Projekt voranzutreiben gelang es den drei Forensikern, u.a. mit dem National Forensic Service (NFS) in Seoul/Südkorea
eine Kooperation einzufädeln. Das NFS ist das größte gerichtsmedizinische Institut Südkoreas
und verfügt über eine enorme Infrastruktur, die die Zusammenarbeit für die Salzburger Wissenschaftler
so wertvoll macht. „Wir erwarten uns große Fortschritte für unser Projekt“.
Monticelli trat ab 1. Jänner 2017 in die Fußstapfen der weit über Salzburgs Grenzen hinaus bekannten
Gerichtsmedizinerin Edith Tutsch-Bauer. Sie war es auch, die ihn 2003 nach Salzburg holte. Zu seinen Kernaufgaben
als Gerichtsmediziner gehören neben der Obduktionstätigkeit auch die Erstattung von Aktengutachten zu
den verschiedensten Fragestellungen, wie bspw. Verletzungsgrad, Verletzungsentstehung, Schmerzengeld, aber auch
zu Fragen der Verhandlungs-, Haft- und Arbeitsfähigkeit sowie zu Themen wie Kindesmisshandlung und sexuellem
Missbrauch. Auch gehören DNA- und chemisch-toxikologische Analysen zu den Aufgaben des Fachbereichs. In Österreich
gibt es vier gerichtsmedizinische Institute, wobei jedes für etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung zuständig
ist. Die Salzburger Gerichtsmedizin betreut das Einzugsgebiet von Salzburg und Oberösterreich mit einer Bevölkerungsdichte
von 2 Millionen Menschen.
Darüber hinaus bietet der Fachbereich den Studierenden der Universitäten Salzburg und Linz sowie der
Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) eine Reihe von Lehrveranstaltungen. Während die Gerichtsmedizin
für Medizinstudenten verpflichtend ist, kann sie bei anderen Studienrichtungen im Rahmen von Wahlfächern
belegt werden.
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