Flexibles Arbeiten in Österreichs Unternehmen ausbaufähig
Wien (deloitte) - Die meisten österreichischen Unternehmen halten an den klassischen Kernzeiten fest
und gehen mit dem Thema Flexibilisierung konservativ um. Das zeigt die aktuelle Flexible Working Studie von Deloitte
Österreich in Zusammenarbeit mit Universität Wien und FH Oberösterreich. Home Office ist oft nur
Einzelpersonen vorbehalten. Zudem mangelt es in Unternehmen meist an entsprechenden Regelungen und der notwendigen
Vertrauenskultur.
Im Rahmen der diesjährigen Flexible Working Studie wurden mehr als 400 österreichische Unternehmensvertreter
befragt. Laut Erhebung sind flexible Arbeitsmodelle zwar heute grundsätzlich gängige Praxis, aber es
gibt Defizite in der praktischen Umsetzung. Flexible Modelle gelten meist nur für bestimmte Personen, klare
Spielregeln werden selten festgelegt.
Gleitzeit mit Kernzeit bleibt Klassiker
Österreichische Unternehmen halten nach wie vor zum Großteil an Gleitzeit mit Kernzeit fest. 61
% setzen bei mindestens der Hälfte ihrer Mitarbeiter auf dieses Modell, bei dem bestimmte Anwesenheitszeiten
vorgegeben werden. Flexiblere Modelle wie Gleitzeit ohne Kernzeit oder Vertrauensarbeitszeit sind weitaus seltener.
„Unternehmen haben beim Verzicht auf Kernzeiten oft noch Bedenken, da flexiblere Arbeitszeitmodelle nur als Vorteil
für Mitarbeiter gesehen werden. Bei klaren Regelungen profitieren aber beide Seiten von der gesteigerten Flexibilität“,
erklärt Barbara Kellner, Managerin bei Deloitte Österreich.
Beruf und Privatleben nicht immer klar trennbar
Vor allem Führungskräfte nehmen im Umgang mit flexibler Arbeitszeitgestaltung eine wichtige Vorbild-
und Steuerfunktion ein. Dennoch wird gerade von ihnen in der Praxis oft uneingeschränkte Erreichbarkeit erwartet.
Zwei Drittel der befragten Unternehmen wollen ihre Führungsetage auch außerhalb der Arbeitszeiten erreichen
können. 22 % erwarten diese Erreichbarkeit sogar von ihren Mitarbeitern ohne Führungsfunktion.
„Richtlinien in Bezug auf Verfügbarkeit sowie Anwesenheit gibt es selten und meist nur für die Nutzung
von Home Office“, bestätigt Bettina Kubicek, Professorin für Organisationsentwicklung an der FH Oberösterreich.
„Arbeitszeit und Freizeit müssen aber klar abgegrenzt werden. Das ist für Wohlbefinden und langfristige
Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter wesentlich.“
Anwesenheit weiterhin wichtig
Mobiles Arbeiten ist noch immer ein Einzelfallphänomen: Die physische Anwesenheit im Büro wird von
77 % der Befragten als wichtig erachtet. Fast jedes zweite Unternehmen bietet Home Office nur für wenige Personen
an. Lediglich von 20 % wird diese Möglichkeit auch dem Großteil der Mitarbeiter offen gestellt. Doch
selbst hier wird in der Hälfte der Fälle nur vereinzelt davon Gebrauch gemacht.
„Präsenz gilt immer noch als Indikator für gute Leistung. Deshalb wird Home Office oft nur eingeschränkt
genutzt. Es braucht dringend die Etablierung einer Ergebnis- statt einer Anwesenheitskultur“, analysiert Barbara
Kellner. Der Umgang mit mobilem Arbeiten ist je nach Branche und Unternehmensgröße unterschiedlich und
es gibt durchaus positive Beispiele. So nimmt der Technologie- und Telekommunikationsbereich eine Vorreiterrolle
bei diesem Thema ein. Auch große Unternehmen haben teilweise bereits klare Richtlinien für mobile Arbeitsmodelle
definiert.
Vertrauen als Basis für flexibles Arbeiten
Mit steigendem Vertrauen erhöht sich laut Studie die flexible Handhabung von Arbeitszeit und -ort. Eine
vertrauensorientierte Unternehmenskultur ist daher für den Umgang mit flexiblem Arbeiten erfolgskritisch.
Der Wunsch nach Kontrolle erschwert dies aber in der Praxis. So wird in 40 % der befragten Unternehmen noch nach
dem Prinzip „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ gearbeitet. „Vertrauen ist immer eine Vorschussleistung.
Die Studie belegt jedoch, dass sich diese lohnt: Die Attraktivität als Arbeitgeber steigt klar mit dem Grad
der Flexibilität“, so Christian Korunka, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität
Wien abschließend.
Über die Studie
Für die Flexible Working Studie hat Deloitte Österreich gemeinsam mit der Universität Wien und
der FH Oberösterreich im Frühsommer 2017 eine österreichweite Befragung durchgeführt. Dabei
wurde der Status Quo des flexiblen Arbeitens in heimischen Unternehmen erhoben. Insgesamt haben 412 Unternehmensvertreter
– darunter vorwiegend Personalleiter und Führungskräfte – aus unterschiedlichsten Branchen und Unternehmensgrößen
teilgenommen.
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