Studie des Vienna Institute of Demography sieht Rückgang an Katholiken, Zuwachs bei Muslimen,
Orthodoxen sowie Menschen ohne Glaubensbekenntnis
Wien (öif/öaw) - Unter dem Titel "Demographie und Religion in Österreich" hat ein
Team um Dr. Anne Goujon vom Vienna Institute of Demography der Österreichischen Akademie der Wissenschaften,
das von Wittgenstein-Preisträger Professor Wolfgang Lutz geleitet wird, die gegenwärtige religiöse
Zusammensetzung der österreichischen Bevölkerung sowie mögliche zukünftige Entwicklungen analysiert
und die Ergebnisse als Working Paper zur Verfügung gestellt. Die Erstellung der Studie wurde durch den Österreichischen
Integrationsfonds (ÖIF) unterstützt. Entscheidend für die zukünftige demografische Entwicklung
Österreichs in Bezug auf die religiöse Zusammensetzung sind Faktoren wie die Anzahl von Kindern pro Frau,
Zuwanderung und Säkularisierung.
Rückgang bei Katholiken – Zuwachs bei Muslimen, Orthodoxen und Menschen ohne Bekenntnis
Seit der letzten Volkszählung (2001) haben sich die religiösen Zugehörigkeiten in Österreich
deutlich verändert: Bekannten sich vor 15 Jahren noch drei Viertel aller Österreicher/innen zum römisch-katholischen
Glauben, sank ihr Anteil seither auf unter zwei Drittel (64%). Den stärksten Zuwachs gab es in den vergangenen
15 Jahren bei der Bevölkerung ohne Religionszugehörigkeit: Waren es 2001 noch 12%, sind es im Jahr 2016
17%. Starken Zuwachs verzeichnete auch der muslimische Bevölkerungsanteil. Der Anteil an Muslimen in Österreich
verdoppelte sich von 4% auf 8%. Das entspricht in absoluten Zahlen heute rund 700.000 Muslimen in ganz Österreich.
Die Zahl der orthodoxen Christen stieg von 2% auf 5% (rund 400.000 Personen). Der Anteil an Evangelischen blieb
in den letzten Jahren konstant bei 5%.
Wien: Migration verändert religiöse Zusammensetzung deutlich
Die Bundeshauptstadt Wien hatte bereits bei der letzten Volkszählung (2001) einen hohen Anteil von Personen
nicht-christlicher sowie ohne Religionszugehörigkeit. In den vergangenen 15 Jahren haben sich die religiösen
Zugehörigkeiten in Wien deutlich verändert: Der Anteil der römisch-katholischen Bevölkerung
sank von 49% (2001) auf nunmehr 35%, während der Anteil an Personen ohne Religionszugehörigkeit von 26%
(2001) auf 30% (2016) anstieg. Die Studie des Vienna Institute of Demography benennt Migration als größten
Faktor für die religiöse Zusammensetzung in Wien: Der Anteil an Muslimen stieg von 8% (2001) auf 14%,
das entspricht in absoluten Zahlen rund 260.000 Personen, gefolgt von Orthodoxen, die von 6% (2001) Bevölkerungsanteil
in Wien auf 10% (2016) anstiegen.
Zukunftsszenarien abhängig von Intensität und Art der Zuwanderung
Die Forschung von Dr. Anne Goujon analysierte vier mögliche Szenarien der religiösen Zusammensetzung
der Bevölkerung in Österreich.
Szenario 1 (Europäische Mobilität): Sollten in Zukunft vor allem Menschen aus dem europäischen
Raum nach Österreich zuwandern, kommt es zu einem Anstieg der Konfessionslosen (25%), da es in den meisten
europäischen Staaten Säkularisierungstendenzen gibt. In diesem Szenario würde der Bevölkerungsanteil
von Katholiken in Österreich 2046 bei 45% liegen, jener der Muslime bei 14%.
Szenario 2 (Diversität): Im Gegensatz zum Szenario „Europäische Mobilität“ berücksichtigt
dieses Szenario jüngste Entwicklungen der Migration, die nicht nur durch europäische Zuwanderung, sondern
auch durch stärkere nicht-europäische Migration aus Ländern des Nahen Ostens geprägt ist. Ähnlich
wie beim ersten Szenario geht man dabei von einem Rückgang der Zahl an Katholiken auf 45% sowie einem Anstieg
der Zahl an Konfessionslosen (24%) und Muslimen (17%) aus.
Szenario 3 (Geringe Zuwanderung): Unter der Annahme, dass die Migration nach Österreich in Zukunft
abnimmt und zum Stillstand kommt, wären künftige Entwicklungen hauptsächlich auf religiöse
Mobilität sowie Fertilität zurückzuführen. Dieses Szenario geht davon aus, dass der Anteil
der Konfessionslosen bis 2046 auf 28% ansteigen wird. Die Zahl der Katholiken sinkt auch in diesem Szenario auf
unter 50%, während Muslime dann einen Bevölkerungsanteil von 12% ausmachen.
Szenario 4 (Starke Zuwanderung): Dieses Szenario geht von einer hohen Zuwanderung aus dem Nahen Osten und
Afrika aus, die zu einem bedeutenden Anstieg des Anteils der Muslime in Österreich (21% in 2046) führen
würde. In Wien könnte gemäß diesem Szenario in 2046 nahezu jede/r Dritte (30%) Muslim/in
sein. Muslime würden damit in 30 Jahren die größte religiöse Gruppe in Wien darstellen.
Die Migrationszahlen der Szenarien sind mit den aktuellen Bevölkerungsprognosen der Statistik Austria abgestimmt.
Alle Szenarien der Studie ermitteln einen Anstieg der religiösen Diversität in Österreich. Aus heutiger
Sicht, so die Wissenschaftlerinnen, erscheinen die Szenarien "Europäische Mobilität" und "Diversität",
die auf demografischen und religiösen Trends der vergangenen 10 Jahre basieren, plausibler als die Szenarien
der hohen oder geringen Zuwanderung.
Das Working Paper "Demographie und Religion in Österreich" vom Vienna Institute of Demography der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Anne Goujon in Zusammenarbeit mit Sandra
Jurasszovich und Michaela Potancoková ist auf der Website des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF)
unter http://www.integrationsfonds.at verfügbar.
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