Bildungsministerin und Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien diskutieren Möglichkeiten,
Antisemitismus in den Schulen stärker zu thematisieren
Wien (bmb) - „Antisemitismus ist leider immer noch verbreitet in unserer Gesellschaft. Das müssen wir
mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, bekämpfen”, so Bildungsministerin Sonja Hammerschmid
anlässlich eines Treffens mit Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, in den
Räumlichkeiten des SC Hakoah. „Ereignisse wie die zuletzt bekannt gewordenen antisemitischen Äußerungen
des FPÖ-Politikers Johannes Hübner zeigen allzu deutlich, wie groß der Handlungsbedarf ist. Im
Kampf gegen Vorurteile, Diskriminierung und Hass spielen unsere Schulen eine zentrale Rolle. In der Schule können
wir gezielt mit Vorurteilen aufräumen und dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche zu toleranten Erwachsenen
werden, die allen Menschen - unabhängig von Religion oder Herkunft - respektvoll begegnen”, so Hammerschmid.
„Das Problem beschränkt sich nicht allein auf Extremisten. Antisemitismus wird viel zu oft fälschlicherweise
als Kavaliersdelikt betrachtet. Dem wirken engagierte Lehrerinnen und Lehrer entgegen“, sagt Oskar Deutsch. Neben
traditionellen Formen von Judenfeindlichkeit sieht die IKG eine besondere Herausforderung in einem wachsenden israelbezogenen
Antisemitismus. Deutsch: „Niemand stellt in Frage, dass Kritik an der israelischen Regierungspolitik geübt
werden darf. Israel ist der am häufigsten und am lautesten kritisierte Staat der Welt. Wenn seine Existenz
in Frage gestellt, seine jüdische Geschichte geleugnet wird und antisemitische Stereotype verbreitet werden,
dann handelt es sich um Antisemitismus.“
Das Bildungsministerium setzt seit Jahren in Kooperation mit der Israelitischen Kultusgemeinde Maßnahmen
zur Antisemitismusbekämpfung und Prävention an Schulen um. Der Verein erinnern.at führt im Auftrag
des Ministeriums unterschiedliche LehrerInnenfortbildungen durch und erstellt auch Unterrichtsmaterialien.
Ein Herzstück der Arbeit sind Deradikalisierungs-Workshops, bei denen Kinder und Jugendliche lernen, Hassreden
und radikale Tendenzen zu erkennen, diese kritisch zu hinterfragen und zu entkräften. Im kommenden Schuljahr
wird erneut ein Schwerpunkt auf das Thema Antisemitismus gelegt.
Mit Oktober 2017 startet außerdem das Webprojekt „Stories that Move. Toolbox against discrimination“, das
in Kooperation mit dem Anne Frank Museum in Amsterdam und anderen führenden europäischen Institutionen
erarbeitet wurde. Die interaktive Website hat die Bekämpfung von Antisemitismus und anderen Diskriminierungsformen
zum Ziel. Sie beinhaltet fünf Lernmodule, die on- und offline bearbeitet werden können.
Auch die jüdische Gemeinde selbst ist aktiv, klärt über Judentum und den Staat Israel auf. Im Rahmen
des Begegnungsprogramms „Likrat“ („aufeinander zugehen“ oder „in Begegnung“ auf Hebräisch) besuchen jüdische
Jugendliche Schulklassen in ganz Österreich, stellen sich vor und diskutieren mit Gleichaltrigen über
Judentum, über Israel und ihre persönlichen Biografien. „Dieses Programm dehnen wir auf die Universitäten
aus“, so Deutsch. Stereotype Wahrnehmungen sollen durchbrochen und antisemitischen Ressentiments entgegengetreten
werden. Ein gegenwartsbezogenes Judentum wird dabei vermittelt. Deutsch: „Mit jeder Begegnung steigt das gegenseitige
Verständnis.“
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