Förderung der Resozialisierung junger Straftäter
Wien (bmj) - Um die Haftdauer von Jugendlichen und jungen Erwachsenen maßgeblich zu verkürzen
und den Wiedereingliederungsprozess in die Gesellschaft zu unterstützen, initiierte das Bundesministerium
für Justiz bereits im November 2014 das Konzept der „Sozialnetzkonferenz“.
Das Projekt richtet sich an straffällig gewordene Jugendliche und junge Erwachsene von 14 bis 21 Jahren, die
entweder strafrechtlich verurteilt oder in Untersuchungshaft genommen wurden bzw. auf Anordnung eines Gerichts
von der Bewährungshilfe betreut werden. Ziel des Programms ist es, den Resozialisierungsprozess durch das
Einbeziehen der wichtigsten Bezugspersonen der Betroffenen, wie z.B. Eltern, Freunde oder Lehrer, zu fördern.
Im Rahmen der Sozialnetzkonferenz werden Besprechungen mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen, den Ansprechpartnern
aus dem sozialen Umfeld und der Bewährungshilfe abgehalten. Begangene Fehler sollen aufgearbeitet und Perspektiven
für eine straffreie Zukunft geschaffen werden. Das Gericht hat also die Möglichkeit, das soziale Umfeld
von Jugendlichen, die sich in Haft befinden, zu „aktivieren“ und in die Resozialisierung miteinzubeziehen.
Die Sozialnetzkonferenzen werden im Auftrag des Gerichts vom Verein NEUSTART organisiert und durchgeführt.
NEUSTART Geschäftsführer Dr. Christoph Koss erklärt: „Im Rahmen der Sozialnetzkonferenz wird vom
Jugendlichen und seinem sozialen Netz ein Zukunftsplan erarbeitet. Damit wird ein erster Schritt für eine
neue Perspektive ohne Straftaten gesetzt. Bedeutsam für den langfristigen Erfolg sind Betreuung, Kontrolle
und die enge Zusammenarbeit mit Kinder- und Jugendwohlfahrt, Jugendgericht und anderen gemeinnützigen Vereinen.“
Durch die genaue Festlegung eines Tagesstrukturplans sollen Jugendliche und junge Erwachsene aktiv an einer zukunftsorientierten
Problemlösung arbeiten. Mit dem Rückhalt des sozialen Netzes wird eine engmaschige Betreuung auch außerhalb
des Gefängnisses ermöglicht. Mit 1. November 2014 wurden bundesweit zwei Typen der Sozialnetzkonferenz
– die Untersuchungshaftkonferenz und die Haftentlassungskonferenz – in den Regelbetrieb aufgenommen:
- Die Haftentlassungskonferenz dient nach einer (bedingten) Haftentlassung als
weiterführende Unterstützung bei Wohn- und Arbeitsproblemen und fördert die Reintegration in die
Gesellschaft.
- Ziel einer Untersuchungshaftkonferenz ist es, anstelle einer Fortsetzung der
Untersuchungshaft eine andere Lösung (sog. gelinderes Mittel) zu finden. In der Sitzung wird mit den jugendlichen
Untersuchungshäftlingen ein Maßnahmenplan erarbeitet, der aus einem umfangreichen Programm an sozialen
Angeboten wie Bewährungshilfe, Jugendgerichtshilfe, Kinder- und Jugendhilfe oder einer betreuten Wohneinrichtung
besteht. Um eine weitere U-Haft zu vermeiden, muss der Plan konkrete Vorschläge zum Aufenthalt, zur Tagesstruktur,
zur Frequenz der Bewährungshilfe-Betreuung und zur Wiedergutmachung enthalten. Auf Basis des Betreuungskonzepts
kann das Gericht dann eine Aufhebung der Untersuchungshaft anordnen.Im Jahr 2016 endeten 73 von 117 Untersuchungshaftkonferenzen
mit einer Entlassung. Das sind circa 73 Prozent.
Auch Justizminister Brandstetter zeigt sich erfreut über die bisherigen Erfolge: „Die Sozialnetzkonferenzen
leisten oft den entscheidenden Beitrag für die Resozialisierung Jugendlicher, weil sie das Problem an der
Wurzel anpacken und das soziale Umfeld des Täters einsetzen. Das ist ein Erfolgsmodell, das wir in Zukunft
auch auf andere dafür geeignete Bereiche des Strafvollzugs ausdehnen wollen.“
Pilotprojekt im Maßnahmenvollzug
Seit 1. April 2015 wurde das Modell der Sozialnetzkonferenz auch im Maßnahmenvollzug in fünf Bundesländern
(Wien, Niederösterreich, Steiermark, Oberösterreich und Salzburg) erprobt. Durch die Teilnahme der/des
Untergebrachten sowie ihres/seines sozialen Netzes an der Konferenz soll ein verbindlicher Zukunftsplan erstellen
werden. Dieser dient in weiterer Folge dem Gericht als Entscheidungshilfe für eine bedingte Entlassung oder
für eine bedingte Nachsicht der Maßnahme.
Statistik
Im Jahr 2016 wurden folgende Zugänge zur Sozialnetzkonferenz von NEUSTART bearbeitet:
Die Einbeziehung des sozialen Umfelds von Jugendlichen in den Resozialisierungsprozess findet derzeit in nur
sehr wenigen Ländern Europas statt. Die aktive Teilnahme des sozialen Netzes des jungen Straftäters ist
Kernstück des Programms. Neben der Erarbeitung von Lösungen stehen vor allem die Verantwortungsübernahme
und der Wiedergutmachungsgedanke im Vordergrund.
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