25 Jahre Salzburger Festspieldokumente
Salzburg (sf) - Die Salzburger Festspieldokumente waren neben dem Schüttkasten eines der beiden Dinge,
die Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler gerne von ihrem Vorgänger Heinrich Wiesmüller übernommen
hatte, erzählt sie bei der Pressekonferenz anlässlich des 25-jährigen Jubiläums eben jenes
„klingenden Gedächtnisses der Salzburger Festspiele“. Viele hätten es damals unnötig gefunden, die
Archive zu öffnen und es sei viel mit der Finanzabteilung diskutiert worden, sagt die Festspielpräsidentin,
denn die nicht so hohen Kosten würden auch nicht so hohe Einnahmen mit sich bringen. Auch Prof. Gottfried
Kraus, der die Festspieldokumente langjährig betreute, erinnert sich noch gut an die Anfänge zurück:
„Im ersten Jahr hatten wir noch große Probleme mit den Labels und auch der ORF war am Anfang nicht zu begeistern.“
Er erinnere sich gut, wie er mit den damaligen Vorständen der Wiener Philharmoniker diskutiert hätte
und dass man sich geeinigt habe nur auf tote Dirigenten zurückzugreifen, da es sonst nur Ärger geben
könne. Mit dem Label Orfeo sei es dann auf einmal gegangen und die ersten Festspieldokumente konnten erscheinen.
Im darauffolgenden Jahr stiegen dann auch alle anderen Partner ein. In den ersten Jahren habe man eine sehr subjektive
Auswahl getroffen, sagt Prof. Gottfried Kraus. Er sei besonders stolz auf die Bewahrung der Furtwängler-Dokumente,
auf die Aufnahmen mit Karl Böhm und mit Dietrich Fischer-Dieskau. Auch darauf, dass im Laufe der Jahre fast
alle Uraufführungen ab 1948 als Festspieldokumente erhältlich sind.
Wie denn die Auswahl erfolge, welche Festspielproduktionen aufgenommen werden, fragt Festspielpräsidentin
Helga Rabl-Stadler. „Die Auswahl erfolgt in gemeinsamen Gesprächen. Die Zusammenarbeit ist eine große
Freude, weil der ORF Hörfunk unsere dramaturgischen Ideen und Linien aufgreift und ähnliche programmatische
Prioritäten setzt“, sagt Florian Wiegand, der Leiter des Konzertes und der Medienabteilung der Salzburger
Festspiele. „Wir wollen gerne Dinge aufzeichnen, die nicht an jeder Ecke zu finden sind – so freuen wir uns, dass
in diesem Jahr die Reihen Zeit mit Grisey und Zeit mit Schostakowitsch aufgenommen wurden, aber auch junge Künstler
im Vordergrund stehen und etwa das Preisträgerkonzert des Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors
Award und das Abschlusskonzert der Young Singers ebenfalls aufgezeichnet werden.“ In diesem Jahr seien 25 Produktionen,
davon vier Opern aufgezeichnet worden.
Man merke, dass der ORF die Zusammenarbeit nicht nur als Arbeit ansehe, sondern dass es eben auch eine große
Freude sei, sagt Helga Rabl-Stadler. Auch Elke Tschaikner, die Leiterin der Ö1 Musikredaktion beim ORF Hörfunk,
sieht es als „symbiotisches Verhältnis“. Die Salzburger Festspiele seien in der Redaktion der Höhepunkt
des Jahres. Es sei in ihrer Schlichtheit eine geniale Idee gewesen von Prof. Kraus, die Archive zu öffnen
und diese Schätze zugänglich zu machen, sagt Elke Tschaikner. Sie selbst habe im Jahr 1995 noch eine
Vorlesung mit Prof. Kraus erlebt und sie habe sich sofort in seine Stimme verliebt, sagt sie. Erst später
habe sie begriffen, „dass sich bei ihm Wissen und Leidenschaft paaren und er ein großes Vorbild für
jeden Medienmenschen ist“, sagt sie.
Dass in diesem Jahr Mozarts La clemenza di Tito aus dem Jahr 1977 unter dem Dirigat von James Levine in der Felsenreitschule
erschienen ist, sei natürlich kein Zufall, sagt Florian Wiegand. So könne der Festspielgast einen direkten
Vergleich zur Interpretation von Teodor Currentzis mit seinen musicAeterna ziehen. In dem Jubiläumskatalog
2017 sind alle über 450 bisher erschienenen Salzburger Festspieldokumente zusammengefasst worden. „Leider
sind manche vergriffen – worüber wir natürlich traurig sind, allerdings haben wir die Hoffnung, dass
die großen Labels sie irgendwann wieder auflegen“, sagt Florian Wiegand. Eine Ausnahme sei dabei das Label
Orfeo, denn alle bei Orfeo erschienenen Dokumente seien bis heute gut erhältlich.
„Wenn die Unitel nicht wäre, könnte man nie auf so viel Videomaterial zurückgreifen“, sagt die Festspielpräsidentin.
„Wir sind sehr dankbar, einen Partner zu haben, der eine so wunderbare Leistung erbringt, auch wenn sie manchmal
nicht gewinnbringend ist.“ Ernst Buchrucker, Managing Director bei Unitel, bedankt sich ebenfalls bei den Festspielen:
„Ich habe manchmal das Gefühl, wir sind der Sand im Getriebe der Festspiele, d.h. wir machen den Produktionen
aber auch für die Festspielmitarbeiter im größten Festspielstress noch zusätzliche Arbeit
und Mühen. Wir erfahren aber aus jeder betroffenen Abteilung große Unterstützung – so gelingt es
dem Leiter des Kartenbüros, Christoph Engel, immer wieder auch kurzfristig Plätze für unsere Kameras
im Zuschauerraum aufzutreiben, auch wenn es eigentlich gar keine Karten und Plätze mehr gibt“, sagt er. Und
damit konnten durch die Übertragungen weitere 100-tausende Menschen überall auf der Welt an den Aufführungen
der Festspiele teilhaben.
Ehrung von Prof. Gottfried Kraus mit der Goldenen Festspielnadel
Am Ende der Presskonferenz verlieh die Festspielpräsidentin Prof. Gottfried Kraus die Goldene Festspielnadel.
Es sei ein absoluter Glücksfall für die Salzburger Festspiele, dass sich Prof. Gottfried Kraus so eingesetzt
hat, diesen Schatz zu heben, sagt Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Er habe mit seinem unglaublichen
Gedächtnis, mit seinem Wissen und vor allem mit Passion an dem Projekt gearbeitet. Auch in seiner Zeit als
Musikkritiker beim ORF habe er es geschafft, die Art der Musikvermittlung zu verändern. „Inspirierend, aber
nicht belehrend“, sagt die Festspielpräsidentin. Sie hoffe, dass er auch weiterhin seine schützende Hand
über die Archive hält. – Und auch Gottfried Kraus ergänzt, dass die Arbeit ihn nicht nur gefreut
hat, sondern sie ihn auch lebendig gehalten habe.
Salzburger Festspiele, Anne Zeuner
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