Der Regenschirm, die Schaufeln und der koreanische Tanz – von 11. August - 23. September 2017
im FOTHOF Salzburg
Salzburg (fotohof) - Die Reenactements von G.R.A.M. meinen nicht das Ereignis, an das man sich zu erinnern
glaubt. Sie spielen zwar oft auf tatsächliche bzw. historische Personen an, sind aber an diesen wenig interessiert.
Vielmehr geht es den Künstlern um eine vielschichtige, vor rund 20 Jahren entwickelte, bildkritische Strategie.
Das Hauptinteresse der Künstlergruppe G.R.A.M. ist die Visualität im Allgemeinen und deren Organisation,
deren mannigfaltige Strategien und Interpretationsweisen. Unterschiedliche Medien und Materialien spielen dabei
eine entscheidende Rolle.
In ihrer Ausstellung im Salzburger FOTOHOF stellt G.R.A.M. ausgewählte Bilder aus den Tagesmedien, aus politischen
Aktualitäten der jüngsten Vergangenheit nach. Der Eindruck des Paradoxen, des mitunter Absurd-Surrealen
lässt sich dabei kaum vermeiden - er wird sogar provoziert. Mit geringfügigen strategischen Schwenks
- Austausch von DarstellerInnen, Wechsel der Orte, zitathafte Kostümierung - entstehen völlig neue Inhalte.
Sieht man auf einem Original noch etwa junge koreanische Soldaten bei Ballettübungen, so inszeniert G.R.A.M.
diese Szene unter eigener Mitwirkung und der zahlreicher Alterskollegen. Plötzlich bewegt man sich in gänzlich
anderen Inhalten. Eine Selbsthilfegruppe, die im gruppendynamischen Spiel einen Ausweg aus der Misere sucht?
Die Bilder sind es, die den Inhalt erzeugen. Erstmals baut G.R.A.M. in der Salzburger Ausstellung auch Making-Of-Fotos
von den Reenactment-Inszenierungen ein und erweitert so die Bedeutungs- und Funktionsebenen. Was zudem durch einen
mehrfachen Wechsel der Materialität verstärkt wird. Ein Foto in der Zeitung will Ereignisse, Menschen,
Dinge näher bringen und funktioniert wesentlich im Zusammenspiel von Wort und Bild. Was aber, wenn das gleiche
Bild im Kleinformat der klassischen Schwarzweißfotografie - mit Passepartout und gerahmt ohne den Text -
an der Wand hängt oder als Tapete einen ganzen Raum bestimmt? Das Bild ist nomadisierend - es wandert von
einem Medium zum anderen. Erst der mediale Kontext gibt Aufschluss über die Bezüglichkeiten innerhalb
der Bilder und untereinander.
Securitybeamte mit Schirm im Park (oder ist es ein Magritte-Motiv?), eine hochrangig besetzte Spatenstichfeier,
ein politisches Gruppenfoto: G.R.A.M. erzeugt mittels bestehender Bilder eine neue Visualität. Sie ist mindestens
so real, so glaubhaft und wahr wie die Medienbilder beziehungsweise die Bilder im Allgemeinen. In der Bilderflut
gefangen, bedarf es einer Navigation, die G.R.A.M. in der Ausstellung "Der Regenschirm, die Schaufeln und
der koreanische Tanz" anbietet und vorstellt.
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