Die Rückkehr der Legion. Das römische Erbe in Oberösterreich – Faszination Archäologie"
– Der römische burgus von Oberranna – Ausgrabungen im Rahmen der OÖ. Landesausstellung 2018"
Linz (lk) - Oberösterreichs Landesausstellungen, die es seit 1965 gibt, bildeten immer wieder eine
wichtige, breiten Schichten der Bevölkerung zugängliche Plattform der Dokumentation der Archäologie.
Umfragen haben ergeben, dass die römische Antike als besonders interessant eingestuft wird. Bereits in den
im Jahr 1833 vorgelegten Gründungsstatuten der Vorgängerinstitution des OÖ. Landesmuseums wurde
die Erforschung der ältesten Vergangenheit des "Landes ob der Enns" als eine der zentralen Aufgaben
formuliert. Nur fünf Jahre nach der Gründung fanden die ersten wissenschaftlich motivierten Ausgrabungen
im Bereich der malerischen Schlögener Schlinge statt. Exakt 180 Jahre später, im Jahr 2018, widmet sich
eine Oö. Landesausstellung dem kulturellen Erbe des Imperium Romanum, das beinahe 500 Jahre die Geschichte
unseres Bundeslandes geprägt hat und bis heute bleibende Spuren - in materieller, viel mehr noch aber in geistiger
Hinsicht - hinterlassen hat.
Im Oberen Donautal sind Oberranna und Schlögen als Ausstellungsorte mit jeweils ganz besonderen Themenschwerpunkten
vorgesehen. Im oberösterreichischen Zentralraum spielen selbstverständlich die römischen Siedlungen
Lentia/Linz und Lauriacum/Enns in den Planungen eine wichtige Rolle, wobei Enns auf Grund seiner historischen und
archäologischen Bedeutung im Zentrum steht. Das verbindende Element zwischen diesen Orten ist damals wie heute
die Donau (Danuvius). Die Donau war in römischer Zeit nicht nur eine wichtige Außengrenze des Imperium
Romanum, sie war auch damals schon eine bedeutende Hauptverkehrsader und verband unter anderem die Provinzen Raetia,
Noricum und Pannonia.
Projekte in Enns
Ausgehend von einer Straßenstation am Schnittpunkt wichtiger Handelswege entwickelte sich Lauriacum durch
die Stationierung der 2. Italischen Legion an der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert n. Chr. zum größten
und wichtigsten militärischen Stützpunkt der Provinz Noricum.
Ein wesentliches Ziel der Landesausstellung ist es, die Dimension und Vielfalt dieses Siedlungsraumes zu veranschaulichen.
Bei der Neuaufstellung der Schausammlung des Museum Lauriacum werden die Geschichte der legio II Italica und die
Bedeutung dieser Einheit für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung von Lauriacum, Wandmalerei, Numismatik
und Frühes Christentum sowie der Begriff Romanisierung die inhaltlichen Schwerpunkte sein. Durch die Verbindung
von eindrucksvollen Funden und moderner Präsentationstechnik soll im Museum Lauriacum eine spannende Zeitreise
in eine wichtige Siedlung des Römischen Weltreiches möglich sein.
Vorgesehen ist auch eine Attraktivierung der am besten erhaltenen römischen Baureste von Lauriacum in der
Unterkirche der Basilika St. Laurenz in Lorch, darunter die Mauern einer frühchristlichen Kirche aus der Zeit
des hl. Severin.
Entlang der alten römischen Straßen in Enns ergänzen Archäologie- Stationen die Ausstellungen
und vermitteln die Dimension des römischen Legionslagers und der Zivilsiedlung sowie die Beziehung zur mittelalterlichen
Stadt. Informationstafeln, Stereoskope und eine App lassen Enns zur Zeit der Römer virtuell wiederauferstehen.
Außerdem dürfen sich die Besucherinnen und Besucher auf ein interaktives Vermittlungs- und ein abwechslungsreiches
Rahmenprogramm sowie auf Schaugrabungen am Areal der Fa. Büsscher & Hoffmann in Enns und beim römischen
burgus in Oberranna freuen.
Römerburgus Oberranna - Die unglaubliche Geschichte eines Denkmals
Vor ca. 1.700 Jahren errichteten die Römer eine kleine massive Befestigungsanlage in Oberranna bei Engelhartszell
unmittelbar über der Donau. Das im Kernbau (18 x 18 m) quadratische Kleinkastell mit vier an den Ecken angesetzten
Rundtürmen (Durchmesser 8-10 m) war vermutlich dreigeschossig und über 10 m hoch. Dieser sog. Quadriburgus
ist in seiner Art in Österreich einmalig. Noch in römischer Zeit wurde das Kleinkastell zerstört.
Bisher konnte noch nicht geklärt werden, wodurch das Schadfeuer ausgelöst wurde.
Ein anderes Rätsel geben die Fundobjekte auf. Die meisten der bisher geborgenen Artefakte sind eindeutig
älter als der burgus. Möglicherweise hat es also hier einen Vorgängerbau gegeben.
Vor ca. 700 Jahren erfolgte eine erneute Besiedelung des Platzes gegenüber der Rannamündung aufgrund
der exponierten und hochwassersicheren Lage, die durch den Schuttkegel des römischen Kleinkastells noch mehr
betont wurde.
Um 1500 wurde der Kegel mit einem kleinen Gebäude überbaut. Der noch vollständige erhaltene untere
Teil des Nordturmes des römischen Bauwerkes bildete quasi das Fundament für das Gebäude und der
Hohlraum konnte wunderbar als Keller genutzt werden. Unmittelbar an die römischen Mauern ist ein zweiter Mauerkranz
angebaut, der das Gewölbe des Kellers trägt. Jeder, der heute diesen Teil der Anlage betritt, steht also
gleichzeitig in einem römischen und einem spätmittelalterlichen Bau!
Bis ins 20. Jahrhundert wurde das Gebäude als Wirtshaus geführt und der Keller als Lagerraum (ideal
für Wein) genutzt. Diverse Umbauten und Erweiterungen wurden durchgeführt. Der darunterliegende römische
Turm wurde nur einmal beim Durchbruch eines zweiten Kellereingangs in Mitleidenschaft gezogen. Ansonsten muss die
spätmittelalterliche Überbauung unter Einbeziehung der römischen Substanz als absoluter Glücksfall
bezeichnet werden. Durch das darüber errichtete Gebäude war die archäologische Substanz bestens
geschützt. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass wir mit dem "Römerburgus Oberranna" ohne
jeglichen Zweifel das mit Abstand am besten erhaltene römische Bauwerk Oberösterreichs vor uns haben.
Der Umgang mit Archäologie im Wandel der Zeit
Die übrigen drei Türme sind von späteren unsachgemäßen Eingriffen leider nicht verschont
geblieben. Die massivsten Zerstörungen wurden im Jahr 1960 durch die Baggerarbeiten für die Errichtung
einer Tankstelle verursacht. Der Südturm und Teile des Westturms wurden dabei um ca. 1 m gekappt. Die Tankstelle
existiert heute nicht mehr.
Im Jahr 1985 wurde das Kleinkastell unter Denkmalschutz gestellt, um es vor weiteren Zerstörungen zu bewahren.
Das Wirtshaus war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betrieb, der Zerfall hatte bereits begonnen.
2007 wurde das ruinöse Gebäude endgültig geschliffen, die Bodenplatte blieb zum Schutz der archäologischen
Substanz unberührt.
Bis zum Jahr 2016 präsentierte sich das Areal wiederum als wild verwachsener Schutthügel und wurde
als Abstellfläche für alte Geräte und Fahrzeuge genutzt. Auf der archäologischen Stätte
wuchsen mehrere Meter hohe Bäume und Sträucher und verursachten langsam aber beständig Schäden
an der römischen Substanz.
Den Verantwortlichen der Gemeinde Engelhartszell und des Landes Oberösterreich war klar, dass dieser Zustand
für die bevorstehende Einreichung zum UNESCO Welterbe Donaulimes nicht tragbar ist.
Durch die OÖ. Landesausstellung 2018 bot sich wieder einmal die Gelegenheit, Verhandlungen mit den privaten
Eigentümern zum Erwerb der betroffenen Liegenschaft zu führen. Mittlerweile ist die Gemeinde Engelhartszell
vertragliche Eigentümerin des Grundstückes, die Mittel werden aus dem Budget der Landesausstellung bereitgestellt.
Praktisch mit Unterzeichnung des Vertrages wurde mit der Rodung des Bewuchses begonnen. Die anschließenden
geophysikalischen Untersuchungen durch ZAMG/Archeo Prospections gaben bereits Anlass zur Hoffnung auf einen beachtlichen
Erhaltungszustand.
Die seit März 2017 laufenden Ausgrabungen haben jedoch alle Erwartungen übertroffen. Das aufgehende
Mauerwerk steht teilweise bis in eine Höhe von über 2 Metern, die Fundamente ragen bis zu 1,5 Meter in
den Boden. In einem Innenraum des 1960 zum Glück nur partiell zerstörten Westturmes haben sich mehrere
Quadratmeter des originalen wasserfesten römischen Wandverputzes erhalten. Ein ganz besonderes Highlight ist
die praktisch vollständig erhaltene römische "Badewanne" (piscina), die zeigt, dass dieser
Turm im Untergeschoß als Bad genutzt worden ist.
Parallel zu den Ausgrabungen ist in Oberranna mit dem Bau des Donauradweges begonnen worden, um rechtzeitig
vor dem Landesausstellungsjahr die Lücke zwischen Engelhartszell und Wesenufer zu schließen. Bei der
ursprünglichen Planung hätte der Radweg über die 1960 eingeebneten Bereiche des burgus geführt.
Durch die perfekte Abstimmung zwischen der Gemeinde, der Direktion Kultur sowie der Direktion Straßenbau
und Verkehr konnte eine Verschwenkung der Straße erreicht werden. Eine derartige Rücksichtnahme eines
Straßenbauprojektes auf ein Bodendenkmal ist als österreichweites Vorzeigebeispiel zu bewerten. Erst
durch diesen Schritt wurde garantiert, dass die Fundstelle in Oberranna zur Gänze mit einem Schutzbau gesichert
und damit langfristig der Öffentlichkeit präsentiert werden kann. Die Dimension der Bausubstanz und insbesondere
auch die originalen römischen Verputze stellen die Restaurator/innen vor große Herausforderungen. Deshalb
ist bereits parallel zur Ausgrabung mit diversen konservatorischen Maßnahmen begonnen worden. Auch hier ist
es das erklärte Ziel, durch den Schutzbau und eventuelle Spezialmaßnahmen möglichst gute Bedingungen
für die nachhaltige Sicherung zu schaffen.
Im Sinne des angestrebten UNESCO Welterbes wird nicht nur eine zeitgemäße Präsentation zur bewegten
Geschichte dieser Stätte angestrebt. Teile der archäologischen Substanz werden unberührt bleiben.
Damit wird ein archäologisches Reservat geschaffen, das künftigen Generationen die Möglichkeit gibt,
mit anderen Methoden ungeklärte oder neue Fragen zu beantworten.
Die großflächigen Maßnahmen werden im Sommer 2017 abgeschlossen sein, kleinere Arbeiten, die
beispielsweise auf ganz spezielle Forschungsfragen ausgerichtet sind, werden erst im Frühsommer 2018 durchgeführt.
Die Besucher/innen der Landesausstellungs dürfen sich auf Mai und Juni 2018 freuen, wenn sie den Archäolog/innen
bei der Arbeit über die Schulter blicken dürfen. Bei den Schaugrabungen besteht die Möglichkeit,
mit den WissenschaftlerInnen in direkten Kontakt zu treten.
Der Schutzbau
Nach Abschluss der Ausgrabungen wird ein Schutzbau errichtet, um die langfristige Erhaltung der archäologischen
Substanz gewährleisten zu können. Aufgrund des außergewöhnlichen Erhaltungszustandes wurde
beschlossen, das gesamte archäologisch relevante Areal mit einem Baukörper einzufassen (Grundfläche:
ca. 1000 m²). Im Inneren des Baus ist eine zum Teil schwebende Steganlage in Stahl-Holzkonstruktion mit Holzbohlenbelag
geplant, welche die Besucher/innen über das römische Bauwerk führt. Am höchsten Punkt eröffnet
ein Balkon den wunderbaren Blick auf die Donau und macht die strategische Lage und die Funktion des Römerburgus
nachvollziehbar.
Die Hülle des Baus bildet eine Lamellenfassade aus Lärchenholz, wie sie sich bei anderen archäologischen
Schutzbauten, etwa in Chur/Schweiz oder in Teurnia/Kärnten, bereits bestens bewährt hat. Als Fundamentierung
sind im Abstand von ca. 2 m Pfähle entlang der gesamten Außenhülle vorgesehen, die einen Stahlbetonkranz
tragen, der gegen einfallendes Erdreich schützt. Im Bereich der tragenden Eckkonstruktionen werden die Pfähle
im statisch erforderlichen Ausmaß verdichtet. In diesen Eckbereichen sind Stahlbetonwandscheiben im Grundriss
windmühlenartig angeordnet. Diese werden mit einem Kranz aus Leimschichtholzträgern verbunden, welche
die Horizontalkräfte des Daches aufnehmen. Das Schalendach besteht aus sog. Paraschalenelementen aus farbig
beschichtetem Stahlblech.
Die Römer in Oberösterreich
Von der Landesausstellung zum kulturtouristischen Projekt Bei der Umsetzung der OÖ. Landesausstellung
2018 und für die nachhaltige touristische Vermarktung arbeitet das Land Oberösterreich eng mit der Werbegemeinschaft
Donau Oberösterreich sowie dem Oberösterreich Tourismus zusammen.
Im Rahmen des Interreg-Projektes "AB 119 Inwertsetzung der römischen Kulturstätten in Ostbayern
und Oberösterreich" wird grenzüberscheitend an einem digitalen Reiseführer sowie an einer zeitgemäßen
kulturtouristischen Inszenierung der Ausgrabungsstätten gearbeitet.
So entsteht rund um das RömerBad in Schlögen ein Römerpark (Rundweg mit Beschilderungen, Ausbau
des Aussichtspunkt Donauschlinge Schlögen, künstlerische Inszenierungen). Beim RömerBurgus Oberranna
sind ebenfalls Inszenierungsmaßnahmen, wie etwa Spielflächen für Kinder, künstlerische Maßnahmen,
Beschilderungen, etc. geplant.
Ziel des interaktiven Reise-Guides ist es, Gäste zum Reisen auf römischen Spuren zwischen Regensburg
und Enns zu animieren und sie dabei mit nützlichen Inhalten zu begleiten und zu unterstützen. Diese App
führt den Gast zu den einzelnen Römerstätten und dient als kurzweiliger multimedialer Wissensvermittler:
Audio-Spots und Bilder lassen das römische Erbe und den Alltag der damaligen Bevölkerung - vom Essen
und Trinken über Kleidung und Arbeit bis hin zur Badekultur - digital lebendig werden. Die aktuellen Ausgrabungen
an der Donau, aber auch unter der Erde Verborgenes - etwa in der römischen Zivilstadt Wels - werden mittels
Augmented-Reality-Elementen besonders plastisch erlebbar. Spielerische Elemente wecken die Neugierde und regen
dazu an, weitere Römerstätten in Oberösterreich zu entdecken.
Durch diese Aufbereitung werden in der gesamten Projektregion spannende Bezüge zur Gegenwart sichtbar: Damals
wie heute war das Innviertel eine Kornkammer und wichtiger Lieferant von Lebensmitteln. Wels florierte in der Römerzeit
als Verkehrsknoten, Handelsstützpunkt und Zentrum der Verwaltung. Und den Attersee schätzten schon die
Römer als Ort des Rückzugs und der Erholung, wie die Reste römischer Villen beweisen. Die Donau
erlangte unter den Römern enorme Bedeutung als militärische Grenze, wurde aber auch bereits als Verkehrsweg
genutzt. Römerradweg und Donauradweg sowie Wanderwege, Bahn oder Schiff verbinden heute die Orte. Mit diesen
Inhalten verstärkt die App die Themen der Landesausstellung 2018 und regt ihre Nutzer dazu an, weitere Schauplätze
römischer Geschichte in Oberösterreich zu erleben.
Rahmenprogramm im Oberen Donautal
Im Jahr der Landesausstellung wird die Werbegemeinschaft Donau Oberösterreich außerdem viele ihrer
Maßnahmen mit dem "Römer- Thema" aufladen. So werden zum Beispiel die jährlichen Veranstaltungen
Rad Total im Donautal, das Donau Tourismus Treffen und Donau in Flammen im Bereich der Ausgrabungsstätten
stattfinden und sich dem römischen Erbe widmen. Gemeinsam mit den Gemeinden Engelhartszell, Waldkirchen, St.
Agatha und Haibach ob der Donau sowie dem erneuerten Römermuseum der Stadt Passau wird auch intensiv an einem
regionalen Rahmenprogramm für die Landesausstellung 2018 gearbeitet. Dieses Rahmenprogramm wird unter anderen
Veranstaltungen und Führungen im Römerkastell Boiotro in der Passauer Innstadt, im RömerBurgus Oberranna
und im RömerBad Schlögen umfassen.
Einzigartig bei dieser Landesausstellung sind auch die Möglichkeiten der Anreise zu den Standorten Oberranna,
Schlögen und Enns. So können diese mit dem Rad auf dem Donauradweg, per Fuß am Wanderweg Donausteig,
mit dem Schiff, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Auto erreicht werden. Damit auch die Radler
am Donauradweg über das römische Erbe und die Landesausstellung informiert werden, werden bis 2018 20
Römer-Rastplätze errichtet. Diese Plätze sollen eine zusätzliche Attraktion sein und zahlreiche
Informationen über das römische Erbe, den Donauradweg und die jeweilige Standortgemeinde umfassen.
Um alle Ausflugsprogramme der Donauregion Oberösterreich, die in Kombination mit einem Besuch der Landesausstellung
genutzt werden können (zB Schifffahrt, Zillenfahrten, Radtouren, Wandern, etc.), aufzuzeigen, werden von der
Werbegemeinschaft eine Broschüre sowie eine Online-Präsentation erstellt. Damit kann individuellen Gästen,
aber auch Gruppen und Vereinen, ein längerer Aufenthalt in der oberösterreichischen Donauregion inkl.
des Besuchs der OÖ. Landesausstellung 2018 schmackhaft gemacht werden.
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