Trotz steigender Antragszahlen immer kürzere Verfahrensdauer
Wien (bmj) - Die Zahl der Obsorge- und Kontaktrechtsfälle in Österreich steigt seit Jahren kontinuierlich
an. Allein 2016 verzeichnete das Bundesministerium für Justiz bundesweit 12.309 Kontaktrechtsfälle und
19.609 Obsorgeanträge an den heimischen Gerichten. Das sind um etwa 15% bzw. 10% mehr als im Vergleichszeitraum
2015.
Beachtlich dabei sind die trotz steigender Anfallszahlen kurzen Bearbeitungszeiten bei Gericht. Ein Kontaktrechtsverfahren
dauert im Schnitt etwa fünf Monate; Obsorgeverfahren erledigen die Gerichte sogar in nur vier Monaten. Noch
niedriger ist der mittlere Wert (Median) bei diesen Verfahren: dieser beträgt bei Kontaktrechtsverfahren nur
drei und bei Obsorgeverfahren gar nur zwei Monate.
Zuletzt wurde das Familienrecht mit dem seit Februar 2013 gültigen Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz
(kurz KindNamRÄG 2013) novelliert. Die Reform brachte unter anderem die Einführung der Familiengerichtshilfe,
die Richterinnen und Richter in Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren bei der Sammlung der Entscheidungsgrundlagen
unterstützt und sich auch für die Förderung einvernehmlicher Lösungen bei diesen Rechtsstreitigkeiten
einsetzt. Auch die Verankerung der gemeinsamen Obsorge als Standardregelung im Kindschaftsrecht wurde mit der Novelle
beschlossen.
Eine vom Bundesministerium für Justiz beauftragte Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung
an der Universität Wien (ÖIF) von April 2016 bestätigt die nachhaltigen Verbesserungen der KindNamRÄG-Novelle
für die tägliche Arbeit der Familiengerichte: Durch die Einrichtung der Familiengerichtshilfe konnte
die Qualität der Streitschlichtung sowie der gerichtlichen Verfahren in den vergangenen drei Jahren wesentlich
verbessert werden: Die bei Gericht gefundenen Lösungen sind nachhaltiger, die Menschen geraten nicht mehr
so schnell erneut in einen Konflikt bei Gericht. Durch die Einführung der Familiengerichtshilfe sind auch
die österreichischen Kinder- und Jugendhilfeträger spürbar entlastet. Die neuen Maßnahmen,
dazu zählt auch die Gleichstellung unehelicher Kinder mit ehelichen Kindern, führten generell zu einer
besseren Akzeptanz der richterlichen Entscheidungen.
„Die Institution der Familiengerichtshilfe ist der bisher erfolgreichste Weg, um schwierige Obsorge-Konflikte zu
lösen“, sagt auch Vizekanzler und Justizminister Wolfgang Brandstetter. "Die Familiengerichtshilfe hat
sich erfreulicherweise bewährt", ist er überzeugt, und stellt weiter fest:" In einem höchst
sensiblen zwischenmenschlichen Bereich stellt sie eine gute Möglichkeit dar, mit Soft Skills statt nur mit
harten Gerichtsurteilen Lösungen zu finden." Das Kindeswohl müsse dabei immer im Mittelpunkt stehen,
so der Ressortchef.
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