Wien (städtebund) - Das nicht rechtskräftige Urteil gegen Bürgermeister Heinz Schaden und zwei
Mitarbeiter der Stadt Salzburg erzeugte Fassungslosigkeit unter seinen BürgermeisterkollegInnen und in der
Verwaltung. Auch wenn im gegenständlichen Verfahren die Finanzgeschäfte an sich keine Rolle gespielt
haben, schwingt der Vorwurf mit, dass die Gemeinden oder generell die öffentliche Hand leichtfertig Gelder
verspielt habe. Die „Wahrnehmung der Chancen des Kapitalmarktes" war in der Zeit vor der Finanzkrise das allgemein
anerkannte Gebot der Stunde. Große wie kleine Gemeinden, öffentliche wie private Unternehmen, aber auch
private Haushalte haben – oft auf dringendes Anraten ihrer Hausbanken – Fremdwährungskredite, Swaps, etc.
abgeschlossen. Die Städte und Gemeinden taten dies in der Hoffnung die Finanzierungskosten für die Infrastruktur,
die Daseinsvorsorge, zu senken; und nicht etwa aus Gier auf Gewinne. Mittlerweile sind alle Beteiligten klüger
und auch per Gesetz wurden diese Finanzierungsinstrumente für die Zukunft ausgeschlossen.
Der Tatbestand der Untreue ist nicht unumstritten, da er vielfach als zu unbestimmt angesehen wird und sich generell
die Frage stellt, ob zivilrechtliche Fragen des Vermögensnachteils durch Handlungen eines Vertretungsbefugten
mit strafrechtlichen Mitteln beantwortet werden können und sollen. Dem Gesetzgeber sind diese Probleme durchaus
bekannt, weshalb es in jüngster Zeit auch Veränderungen gab, die aber nicht einhellig als Weisheit letzter
Schluss begrüßt wurden.
Diese Unklarheit führt zu jahrelangen Verfahren mit völlig unklarem Ausgang. In der Zwischenzeit ist
der oder die jeweils Betroffene aber bereits massiv beschädigt. Im Anlassfall sind die politischen Auswirkungen
noch gar nicht abzuschätzen, obwohl durchaus nicht auszuschließen ist, dass möglicherweise eine
weitaus geringere Strafe oder gar ein Freispruch am Ende des Rechtsweges stehen.
Gänzlich unverständlich erscheint der Vorwurf der sogenannten Übertragung im Fall der Stadt Salzburg.
Stadtpolitik und -verwaltung werden nämlich nicht wegen der Geschäfte selbst, sondern wegen der Übertragung
der Geschäfte an das Bundesland verurteilt. Nun sind gegenseitige Kostenübernahmen und Finanzzuweisungen
ohne direkten Leistungsaustausch aber ein alltägliches Phänomen innerhalb der vielfältigen Finanzbeziehungen
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Wenn Länder defizitäre Spitäler übernehmen, Kofinanzierungen
für Musiktheater vereinbart werden, Finanzzuweisungen Abgangsgemeinden auffangen und Kommunen das Sozialsystem
des Bundeslandes mit Umlagen mitfinanzieren oder gar der Bund Landeshaftungen übernimmt, geschieht dies oft
zum Nachteil des eigenen Budgets, aber im Wissen oder zumindest in der begründeten Annahme, dass dies für
den Gesamtstaat oder das Bundesland von Vorteil ist.
Generell ist zu beobachten, dass Klagen und auch Verurteilungen gegen PolitikerInnen und Verwaltung auf Gemeindeebene
zunehmen. Die Haftung von BürgermeisterInnen ist in Folge neuer Gesetze stark angewachsen. Für BürgermeisterInnen
wird es immer schwieriger, alle sich oft sehr rasch ändernden gesetzlichen Grundlagen bis ins Detail zu überblicken.
Das Urteil gegen Bürgermeister Heinz Schaden und seine Mitarbeiter hat auch weitreichende Auswirkungen auf
die österreichische Kommunalpolitik. "Es stellt sich zunehmend die Frage, ob künftig überhaupt
noch Menschen bereit sind, sich auf den Job und die damit verbundenen Risiken als BürgermeisterIn einzulassen",
warnt Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.
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