Wolfgang Brandstetter legt Evaluierungsbericht vor
Wien (pk) - Derzeit sind keine Argumente für eine Abschaffung des Mandatsverfahrens ersichtlich. Zu
diesem Schluss kommt Justizminister Wolfgang Brandstetter in einem Bericht (III-414 d.B.) an das Parlament über
erste Erfahrungen mit dem 2015 wieder eingeführten vereinfachten Strafverfahren. Das Papier spricht im Einzelnen
von einem deutlichen Anstieg der antragsgemäß erlassenen Strafverfügungen durch die Gerichte bei
einer gleichzeitig äußerst niedrigen Einspruchsquote der Staatsanwaltschaften, Angeklagten und Opfer,
gibt aber zu bedenken, der Evaluierungszeitpunkt erscheine zu früh für eine umfassende Beurteilung.
In einem Mandatsverfahren legt das Gericht bei minderschweren Straftaten das Strafmaß ohne Gerichtsverhandlung
in einer Strafverfügung fest. Dieses vereinfachte Strafverfahren, das der Verfahrensbeschleunigung sowie der
Entlastung der Gerichte dient, kann ausschließlich auf Antrag der Staatsanwaltschaft und mit Zustimmung des
Gerichts sowie des Beschuldigten und des Opfers angewendet werden.
Seit 2015 169 erlassene Strafverfügungen nach dem Mandatsverfahren
Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 748 Anträge auf Erlassung einer Strafverfügung gestellt, wobei
die Anzahl im Jahresvergleich stark rückläufig ist (2015: 526, 2016: 182, bis 31.5. 2017: 40). Die Gerichte
wiederum erließen 169 Strafverfügungen. Hier verzeichnet die Statistik einen Anstieg von 63 im Jahr
2015 auf 70 im Jahr 2016. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2017 ergingen 36 Strafverfügungen.
Kaum Einsprüche gegen Strafverfügungen
Gemessen an den Gesamtzahlen der staatsanwaltlichen und gerichtlichen Erledigungen im Strafverfahren ist damit
die Zahl der beantragten bzw. erlassenen Strafverfügungen sehr gering. 2015 richteten sich 0,88% der Strafanträge
auf die Erlassung einer Strafverfügung. Im Jahr 2016 wurden Anträge auf Erlassung einer Strafverfügung
in 0,07% aller staatsanwaltschaftlichen Enderledigungen bzw. 0,3% aller Enderledigungen bei einem Gericht erfasst.
Im gesamten Berichtszeitraum erfasste die Statistik einen einzigen Einspruch eines Opfers gegen die Strafverfügung
sowie zwei Einsprüche seitens der Staatsanwaltschaft. Damit wurden beinahe alle erlassenen Strafverfügungen
rechtskräftig.
Hauptanlassfall Diebstahlsdelikte
Eine Auswertung nach Deliktsgruppen zeigt ein deutliches Überwiegen der Vermögensdelikte. So wurden allein
60 der 169 Strafverfügungen wegen Diebstahls erlassen. 15 Fälle betrafen fahrlässige Körperverletzung.
Die Delikte des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung sowie der Sachbeschädigung
folgen mit 14 bzw. 11 Strafverfügungen.
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