Internationaler Kongress an der Universität Wien
Wien (universität) - Der 15. Internationale Kongress für Griechische und Lateinische Epigraphik
versammelt unter dem Titel "Sprachen – Schriftkulturen – Identitäten der Antike" von 28. August
bis 1. September 2017 etwa 400 der weltweit führenden WissenschafterInnen auf dem Gebiet der antiken Epigraphik
in Wien. Die Tagung findet nach 1962 zum zweiten Mal in Wien statt, und zwar im Hauptgebäude der Universität
Wien. Höhepunkte des Kongresses sind die Keynote-Lectures der international renommierten AltertumswissenschafterInnen
Silvia Orlandi von der Universität Rom La Sapienza sowie Christopher P. Jones von der Harvard University.
Die Allgegenwart von Inschriften unterschiedlichster Gattungen auf dauerhaften Schriftträgern wie Stein oder
Bronze war in der griechisch-römischen Antike ein grundlegender Bestandteil des öffentlichen Lebens.
Besonders die Städte boten in vielfältiger Weise Raum für die inschriftengestützte Kommunikation
zwischen Herrschern, Herrschaftsapparat, Eliten und Unterschichten: zunächst auf der Agora bzw. dem Forum,
dem zentralen Platz und Ort offizieller Verlautbarungen und der Ehrungen herausragender Persönlichkeiten;
später in den öffentlichen Gebäuden, Tempeln, Kultstätten und Privathäusern der Oberschicht
sowie in den Nekropolen vor den Toren der Stadt, die zahllose Grabmonumente beherbergten – ganz abgesehen schließlich
von den Graffiti und Dipinti, mit Griffel geritzten oder mit Pinsel gemalten Kurzmitteilungen jeden erdenklichen
Genres, mit denen Bauwerke und Monumente überzogen waren. Diese enorme Menge an Texten, deren Urheber alle
sozialen Schichten repräsentierten und deren Adressatenkreis je nach Inhalt, Kontext und Zugänglichkeit
der jeweiligen Inschrift variierte, bewirkte einen dauernden Dialog zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen.
"Inschriften entwickelten sich in der Antike zum Medium par excellence für politisch-gesellschaftliche
Diskurse. Und das zu so unterschiedlichen Themen wie Herrschaftslegitimation, Definition und Hierarchisierung sozialer
Gruppen, Funktion und Selbstrepräsentation der Eliten, Erinnerungskultur oder Identität", erklärt
der Veranstalter der Tagung, Fritz Mitthof vom Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie
und Epigraphik der Universität Wien.
Die Epigraphik erforscht traditionell inschriftliche Zeugnisse in griechischer und lateinischer Sprache aus dem
gesamten Bereich der antiken griechisch-römischen Welt, die den Mittelmeerraum und seine Nachbarzonen umfasst,
von den Britischen Inseln, der Iberischen Halbinsel und Marokko im Westen über Rhein und Donau, bis zu Euphrat
und Nil im Osten.
Um die Fokussierung auf Griechisch und Latein aufzubrechen, steht der Epigraphik-Kongress, der nur alle fünf
Jahre stattfindet, dieses Mal unter dem Leitthema "Sprachen – Schriftkulturen – Identitäten der Antike".
Beleuchtet werden soll das Verhältnis der griechischen bzw. römischen zu den regionalen inschriftlichen
Kulturen. Von den vielen Dutzend Sprachen, die im Bereich der griechisch-römischen Welt neben Griechisch und
Latein im Altertum existiert haben, waren zwar längst nicht alle verschriftlicht. Wenn man sich aber ein adäquates
Gesamtbild von der Kulturgeschichte der Antike verschaffen will, müssen auch andere Sprachen und Schriftsysteme
berücksichtigt werden, wie etwa Keltisch, Punisch, Etruskisch und andere alt-italische Sprachen sowie im Osten
Ägyptisch, einige kleinasiatische sowie vor allem die semitischen Sprachen.
Internationale Vorträge
Beim Kongress wird ein Vielzahl von Themen behandelt: Das Spektrum reicht von Migration über Religion,
Gesellschaft, Verwaltung und Recht bis zu Versinschriften, Graffiti und Wirtschaft. Zur Eröffnung am Montag,
28. August um 19 Uhr, spricht Silvia Orlandi von der Universität Rom La Sapienza über die Bedeutung von
Inschriften zur Erhaltung unseres kulturellen Erbes.
Stefan Pfeiffer (Universität Halle), Jean-Baptiste Yon (Laboratoire HISOMA Lyon), Werner Eck (Universität
Köln) und Christian Körner (Universität Bern) widmen sich in ihren Beiträgen am Dienstagvormittag
der Interaktion zwischen verschiedenen regionalen Sprachen im östlichen Mittelmeerraum mit den griechisch-lateinischen
Leitsprachen. Am Donnerstagvormittag sprechen Heiner Eichner (Universität Wien), Enrico Benelli (ISMA-CNR
Rom), David Stifter (University of Maynooth) und Javier Velaza (Universität Barcelona) über das Verhältnis
vor allem der regionalen Sprachen des Westens. Konkret steht in jedem Referat jeweils eine Sprache, im Falle von
Heiner Eichner sogar mehrere, im Zentrum. Wie waren die jeweiligen epigraphischen Kulturen beschaffen? Wie wurden
sie von den griechisch-römischen Gepflogenheiten beeinflusst? Welche Schlüsse lassen sich jeweils für
das Identitätsgefühl der Menschen in diesen Sprachräumen ziehen? Abgeschlossen wird die Tagung am
Freitag, 1. September um 16.30 Uhr, von Christopher P. Jones (Harvard University), der in seiner Keynote das Verhältnis
von Philologie und Technologie beleuchtet.
Organisiert wird die Tagung vom Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik
der Universität Wien in Zusammenarbeit mit der Abteilung Documenta Antiqua des Instituts für Kulturgeschichte
der Antike der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
15. Internationale Kongress für Griechische und Lateinische Epigraphik:
"Sprachen – Schriftkulturen – Identitäten der Antike"
Zeit: Montag, 28. August, bis Freitag, 1. September 2017
Ort: Hauptgebäude der Universität Wien, 1010 Wien, Universitätsring 1
Festvortrag Silvia Orlandi, Universität Rom La Sapienza: Light on the history
Zeit: Montag, 28. August 2017, 19 Uhr
Ort: Österreichische Akademie der Wissenschaften, 1010 Wien, Ignaz-Seipel-Platz 2
Festvortrag Christopher P. Jones, Harvard University: Epigraphy between Philology and Technology
Zeit: Freitag, 1. September 2017, 16.30 Uhr
Ort: Audimax der Universität Wien, 1010 Wien, Universitätsring 1
Programm und Anmeldung: https://epicongr2017.univie.ac.at/home/
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