AIT entwickelt zusammen mit der TU Graz ein Testportfolio für Gleichstromnetze, um die
Industrie für die Herausforderungen der Energiezukunft fit zu machen.
Wien (ist) - Schon jetzt wird in Offshore-Windparks produzierter Strom mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung
über große Distanzen verlustarm vom Meer aufs Festland geleitet. Durch die stetige Zunahme von leistungselektronischen
Komponenten und Systemen wird der Einsatz von Gleichstromnetzen aber auch für die Mittel- und Niederspannungsebene
interessant. Zusammen mit der Technischen Universität Graz entwickelt das AIT im Projekt „Austrian DC Labs“
des Klima- und Energiefonds in den kommenden zwei Jahren Methoden, um Komponenten und Systeme für diese Netze
testen und validieren zu können. Damit sollen die heimischen Entwickler und Hersteller von leistungselektronischen
Komponenten im globalen Wettbewerb gestärkt werden.
Mehr Effizienz im Netz
Für das steigende Interesse an Gleichstromnetzen (DC-Netze) gibt es gleich mehrere Gründe. Klima-
und Energiefonds Geschäftsführerin Theresia Vogel sieht dieses im großen Effizienzpotenzial der
Technologie begründet. „Um sich im internationalen Wettbewerb erfolgreich behaupten zu können, muss die
heimische Wirtschaft jede Möglichkeit nutzen, Energie effizient einzusetzen. Gleichstrom bietet hier enormes
Potenzial. Für unser Energieforschungsprogramm ist es ein neues, grundlagennahes Thema, das wir in Zukunft
forcieren werden. Ich bin sehr stolz, dass wir so österreichische Unternehmen dabei unterstützen können,
ihre Technologien bis zur Marktreife zu bringen.“
Projektleiter Johannes Stöckl vom AIT Center for Energy erläutert: „Viele Komponenten im Energiesystem
von morgen, z.B. Photovoltaikanlagen, Stromspeicher oder Akkus für Elektrofahrzeuge, funktionieren mit Gleichstrom.
Es ist also sinnvoll, diese Komponenten gleich in einem DC-Netz zu koppeln – das vermindert Energieverluste, die
durch die Umwandlung zwischen Gleichstrom und Wechselstrom entstehen und erspart die aufwendige Synchronisation
der Frequenzen“. Für die dafür erforderlichen neuen Komponenten und Systeme stehen allerdings bislang
keine geeigneten Testmethoden zur Verfügung.
Zusammen mit der TU Graz will das AIT diese Lücke schließen. Durch zahlreiche nationale und internationale
Projekte hat man sich in den vergangenen Jahren bereits als Vorreiter bei Hardware-in-the-Loop (HIL) Tests im Niederspannungsbereich
etabliert. Dabei werden reale Komponenten in ein simuliertes Wechselstromnetz eingekoppelt, um die Wechselwirkungen
zwischen Komponente und Netz zu untersuchen. Nun will man dieses Know-how auch auf Gleichstromnetze übertragen.
„Im Projekt wollen wir die Grundlagen für die Entwicklung von HIL-Tests für komplexe DC-Niederspannungsnetze
mit einer höheren Anzahl an Schnittstellen und Applikationen schaffen“ so Stöckl.
Top-Infrastruktur zum Nutzen der Industrie
In einem weiteren Schritt sollen die Erkenntnisse aus dem Niederspannungsbereich auch für die Mittel-
und Hochspannungsebene erschlossen werden. Dabei werden die Synergien zwischen den Projektpartnern voll ausgeschöpft
– denn mit dem SmartEST-Labor und dem High Power Laboratory des AIT sowie dem Nikola Tesla Labor der TU Graz steht
eine europaweit führende Laborinfrastruktur für alle Spannungsebenen zur Verfügung.
Die Projektziele gehen aber über rein technische Aspekte hinaus, wie Stöckl anmerkt: "Wichtig ist
es vor allem auch, der Industrie in Zukunft maßgeschneiderte Methoden für die Validierung ihrer neu
entwickelten Produkte anbieten zu können. Daher wollen wir die Hersteller von leistungselektronischen Komponenten
für künftige DC-Netze bereits in die Methodenentwicklung einbeziehen." So sind im Rahmen des Projekts
unter anderem Stakeholderworkshops geplant, um den künftigen Test- und Validierungsbedarf für die neuen
Komponenten und Netze zu erheben und das erarbeitete Know-how in die Industrie zu transferieren.
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