Farbpigmente aus dem Laserdruck als Schlüssel
Graz (meduni) - Veränderungen der Netzhaut können schwere Sehstörungen nach sich ziehen und
sogar bis zur Erblindung führen. Internationale ForscherInnen haben gemeinsam mit der Med Uni Graz aus Farbpigmenten,
wie sie beim Laserdruck eingesetzt werden, neue Nanostrukturen entwickelt, die mit Hilfe von Licht das künstliche
Sehen ermöglichen sollen. Ihre bahnbrechende Entdeckung veröffentlichten die WissenschafterInnen jüngst
im renommierten Journal Nature Communications.
Makula Degeneration: Schwere Sehbehinderungen bis hin zur Blindheit als Folge
Die Makula Degeneration - eine Gruppe von Erkrankungen der Netzhaut - ist eine der am häufigsten auftretenden
schweren Sehstörungen und tritt oft altersbedingt auf. Der "Punkt des schärfsten Sehens", dessen
unterschiedliche Zellen bei dieser Erkrankung einem allmählichen Funktionsverlust erliegen, ist Bestandteil
der Netzhaut. Dieser Funktionsverlust führt zum Nachlassen der Sehschärfe und in weiterer Folge in vielen
Fällen zu hochgradigen Sehbehinderungen bzw. Blindheit. Weltweit sind rund 30 Millionen Menschen von einer
Makula Degeneration betroffen, in Österreich etwa 125.000 PatientInnen. "Bei einer Makula Degeneration
sind die für das Sehen verantwortlichen Nervenzellen nach wie vor vorhanden, sie verlieren nur ihre Funktion",
erklärt Univ.-Ass. PD DI Dr. Rainer Schindl, Institut für Biophysik der Med Uni Graz und Teil des internationalen
ForscherInnenkollegiums, das nun mit einer Entdeckung aufhorchen lässt. In Farbpigmenten aus dem Laserdruck
sehen die WissenschafterInnen den Schlüssel, um die Sehkraft künstlich wiederherstellen zu können.
Farbpigmente aus dem Laserdrucker sollen künstliches Sehen ermöglichen
Chemisch veränderte Farbstrukturen - wie sie beispielsweise im Laserdruck eingesetzt werden - könnten
zukünftig durch die Makula Degeneration erblindeten Menschen das Augenlicht wieder zurückgeben. "Wir
haben aus den Farbpigmenten dreidimensionale Formen in der Dimension von Körperzellen entwickelt. Diese Nanostrukturen
können mit Laserlicht aufgeladen bzw. mit Hilfe von Laserlicht gesteuert werden", fasst Rainer Schindl
zusammen. Den ForscherInnen ist es erstmals gelungen, Farbpigmente in Zellgröße mit feinen Kontaktstellen
zur Oberfläche der menschlichen Zellen herzustellen. Unter dem Mikroskop können diese Farbpigmente durch
einen intensiven kurzen Lichtstrahl Zellen elektrisch stimulieren. Ein ganz ähnlicher Prozess findet mit einem
Bruchteil der Lichtstärke tagtäglich im menschlichen Auge statt und ermöglicht so das Sehen. Sobald
Licht auf das Auge trifft, wird dieses in der Netzhaut verarbeitet und es entsteht ein Bild, indem das Licht von
Millionen von Sehzellen aufgenommen und in elektrische Impulse umgewandelt wird. "Die Funktionalität
dieser Sehzellen geht bei der fortschreitenden Sehstörung durch die Makula Degeneration unwiederbringlich
verloren", beschreibt Rainer Schindl den Krankheitsverlauf. Die WissenschafterInnen arbeiten nun daran, diese
fehlenden Sehzellen durch die entdeckten Farbstrukturen ersetzen zu können bzw. durch die Farbstrukturen die
Weiterleitung der elektrischen Impulse zu steuern.
Lichtaktive Strukturen sollen Augenlicht wiedergeben
Gemeinsam mit Eric Glowacki von der Linköpings Universitet, Schweden, und Univ.-Prof.in Dr.in Ute Schäfer,
Universitätsklinik für Neurochirurgie an der Med Uni Graz wird daran gearbeitet, die Farbstrukturen zu
optimieren, um gezielt Nervenzellen der Netzhaut aktivieren zu können. Dabei verfolgen die WissenschafterInnen
in Schweden und Graz gemeinsam ein sehr ambitioniertes Ziel. Die Vision der ForscherInnen lautet, ein künstlich
aufgenommenes Bild der Umgebung auf die Netzhaut zu übertragen. "Hier könnte bei PatientInnen eine
spezielle Brille mit einer eingebauten Kamera zum Einsatz kommen. Das von der Kamera aufgenommene Bild wird dann
von einem verstärkten Lichtstrahl umgewandelt und in Form von elektrischen Impulsen an das Auge weitergeleitet",
beschreibt Rainer Schindl die gemeinsame Forschungsvision. An der Netzhaut werden die künstlich eingesetzten
Farbstrukturen stimuliert, welche wiederum die Nervenzellen im Auge aktivieren. "Diese Nervenzellen sind auch
bei der Makula Degeneration noch vorhanden, nur in einem inaktiven Zustand", so Rainer Schindl. Das künstlich
aufgenommene Bild wird schließlich über die Nervenzellen ins Gehirn weitergeleitet und kann von den
PatientInnen gesehen werden.
Ähnliche Technologien erlauben bereits jetzt einigen PatientInnen wieder eingeschränkt sehen zu können.
Das aufgenommene Kamerabild wird hier jedoch nicht über einen intensiven Lichtstrahl ins Auge geschickt, sondern
über eine feine Verkabelung zu den Nervenzellen des Auges geleitet, was einer sehr aufwendigen Operation bedarf.
Zudem ist der Sehbereich auf wenige Bildpunkte beschränkt. Die neuen Farbstrukturen würden es möglich
machen, die Verkabelung zu den Nervenzellen des Auges durch einen gezielten Lichtstrahl zu ersetzen. "Wir
hoffen darauf die Sehleistung bei PatientInnen mit Makula Degeneration künftig durch die lichtaktiven Strukturen
entscheidend verbessern zu können", blicken die ForscherInnen in die Zukunft.
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