Helsinki/Wien (universtität) - Der finnische Physiker Toma Susi erhält den renommierten ERC Starting
Grant des Europäischen Forschungsrats, der bahnbrechende Grundlagenforschung fördert. Die mit 1,5 Millionen
Euro dotierten Fördermittel ermöglichen es Susi, eine Forschungsgruppe an der Fakultät für
Physik der Universität Wien zu etablieren, um in den kommenden fünf Jahren ein neues Verfahren zur Manipulation
von Materialien auf atomarer Ebene zu entwickeln.
"ERC-Grants sind ein wichtiger Indikator für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Universität
und ermöglichen Spitzenforschung. Ich freue mich, dass wir nun insgesamt 40 ERC Grants an der Universität
Wien haben", so Rektor Heinz W. Engl.
Toma Susi
Materialien werden über ihre chemische Struktur definiert, d.h. welche Atome wo angeordnet sind. Um die
Materialeigenschaften zu kontrollieren, kann man die Atome entweder neu anordnen oder austauschen. Das einzige
Gerät, mit dem man direkt einzelne Atome manipulieren kann, ist bisher das Rastersondenmikroskop – damit lassen
sich seit den späten 1980ern schwach gebundene Atome über Oberflächen weit unterhalb der Raumtemperatur
bewegen. Erst seit einigen Jahren ist es möglich, mit einem in seiner Funktion grundlegend anderen Instrument,
dem Rasterdurchstrahlungselektronenmikroskop (STEM), einen Elektronenstrahl mit subatomarer Präzision zu erzeugen.
Damit können ForscherInnen jedes Atom in zwei-dimensionalen (2D) Materialien wie Graphen direkt sehen und
den Elektronenstrahl auch auf einzelne Atome fokussieren.
Im Jahr 2014 entdeckte Susi gemeinsam mit KollegInnen aus Großbritannien, dass Silizium-Fremdatome, die man
gelegentlich in Graphen vorfinden kann, während der Bildaufnahme einen Sprung vollführen. Computersimulationen
erklärten den zugrundeliegenden Mechanismus – ein Elektron "stößt" ein dem Silizium-Atom
benachbartes Kohlenstoff-Atom – und zeigten dabei, dass der Elektronenstrahl verwendet werden kann, um stark gebundene
Materialien mit atomarer Genauigkeit zu manipulieren. Mit der finanziellen Unterstützung des Österreichischen
Wissenschaftsfonds FWF und in Zusammenarbeit mit Jani Kotakoski und Jannik Meyer von der Fakultät für
Physik der Universität Wien gelang Susi im vergangen Jahr die erste kontrollierte Bewegung eines Silizium-Atoms.
Damit legte er die Grundlage für das ERC-Projekt, das sie im ersten Review-Artikel zu diesem Thema beschreiben.
In den nächsten fünf Jahren wird Susi mit dem multidisziplinären ERC Starting Grant-Projekt "Atomic
precision materials engineering (ATMEN)" Experiment und Computersimulation kombinieren, um ein praktisches
Verfahren der Elektronenstrahl-Manipulation zu entwickeln. Die Projektziele umfassen das verbesserte Verständnis
des ursächlichen Mechanismus, den Fortschritt bei der Atom-Implantation jenseits von Silizium, die Beschleunigung
von genauer Modellierung und die Automatisierung von Manipulationen. Das kontrollierte Modifizieren von stark gebundenen
Materialien auf atomarer Ebene wird neue Perspektiven für die Nanotechnologie eröffnen und ein Höchstmaß
an Kontrolle erlauben, um viele Fragen der Materialwissenschaften zu untersuchen.
Zur Person
Toma Susi, geboren und ausgebildet in Helsinki (Finnland), schloss 2011 sein prämiertes Doktorat in Nanomaterialien
an der Aalto-Universität ab. Das zweijährige Forschungsstipendium des Lise-Meitner-Programms des Österreichischen
Wissenschaftsfonds FWF führte ihn 2013 an die Universität Wien, gefolgt von der Leitung eines FWF-Einzelprojekts.
Susi arbeitet zu Materialsynthese, Spektroskopie, Elektronenmikroskopie und -modellierung. Als Autor von über
30 Forschungs- und Review-Artikeln größtenteils zum Thema Heteroatom-dotierte Kohlenstoffnanoröhren
und Graphen ist er aktiver Teilnehmer und Organisator internationaler Konferenzen und ein Befürworter von
Open Access Publishing.
Insgesamt bereits 40 ERC Grants für die Universität Wien
Seit 2007 wurden bisher 20 ForscherInnen mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnet. Dank vierzehn Advanced
Grants, einem ERC Proof of Concept und fünf ERC Consolidator Grants liegt die Universität Wien bei nunmehr
40 ERC-Förderungen.
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