Forschern des acib ist es gelungen, Aconitsäure als neuen Rohstoff herzustellen – ein
wichtiger Baustein für die Produktion ungiftiger Biokunststoffe.
Wien (boku/acib) - Die erstaunlichsten Innovationen stammen immer noch aus der Natur: Schimmelpilze etwa
sind chemische Spezialisten, die durch Fermentation aus erneuerbaren Rohstoffen wie Zucker eine Reihe wichtiger
Produkte herstellen können, angefangen bei Antibiotika über Waschmittelzusätze bis hin zu Säuerungsmittel
für die Lebensmittelindustrie. Das weiß auch die Industrie zu schätzen, die seit über 50 Jahren
Zitronensäure – mengenmäßig eines der wichtigsten Produkte – großtechnisch mithilfe von Schimmelpilzen
wie Aspergillus niger herstellt. Innovativ und ohne Amtsschimmel dachte sich das Austrian Centre of Industrial
Biotechnology (acib) kurzerhand, ob die schwarzen Pilze nicht sogar noch mehr können, als man ihnen bisher
zudachte.
Alter Pilz, neuer Rohstoff
In einem Projekt in Kollaboration mit der niederländischen Universität Leiden ist es dem acib gelungen,
den Bodenpilz als Produktionsvehikel von Aconitsäure zu verwenden. "Wir haben ein besonderes Eiweiß
aus einem anderen Pilz entdeckt, das gezielt Aconitat aus den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle, heraustransportieren
kann", erklärt acib-Projektleiter Matthias Steiger. In den Schimmelpilz eingebracht, stellt dieser die
wichtige Biochemikalie erstmals gezielt in einem Bioprozess her. Das Ergebnis dieser Forschung wurde 2016 in der
renommierten Fachzeitschrift „Metabolic Engineering“ publiziert.
Wichtiger Schritt für biobasierte Produkte
Bisher wurde Aconitsäure, die ihren Namen von der Pflanze Eisenhut (Aconitum napellus) trägt, als
Nebenprodukt der Zuckerrübe isoliert. Sie kommt in sehr geringen Mengen ebenso als Teil des Stoffwechsels
in den Zellen eines jeden Lebewesens vor, wo sie die Umsetzung von Zuckern und Fetten in Energie ermöglicht.
Dank der neuen Produktionsmethode soll sie nun vor allem für die chemische Industrie interessant werden. "Ester
der Aconitsäure können z.B. als Bausteine für die Herstellung von Biopolymeren dienen und damit
erdölbasierte Kunststoffe ersetzen. Außerdem eignet sie sich als ungiftige Alternative für Weichmacher,
für die Verwendung als Befeuchtungsmittel oder als Ausgangsstoff für andere Chemikalien", weiß
BOKU-Professor und acib-Key-Researcher Diethard Mattanovich, der im neuen Rohstoff sogar die Herstellung von Produkten
möglich sieht, "die es bisher noch nicht gab." Noch dauert es ein paar Jahre, bis der Prozess industriell
implementiert werden kann. Dennoch wird der Säure schon jetzt Großes zugeschrieben. Mattanovich: "Insbesondere
im Rahmen der Bioökonomie setzt die neue Entwicklung einen weiteren wichtigen Schritt, in Zukunft alle chemischen
Produkte aus erneuerbaren Rohstoffen herzustellen und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu beenden."
Zum Projekt
Das 2015 gestartete, strategische Projekt hat eine Laufzeit von fünf Jahren und wird vom Bundesministerium
für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
(bmvit), ecoplus Wirtschaftsagentur NÖ, der Steirischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (SFG), der
Standortagentur Tirol und der Technologieagentur der Stadt Wien (ZIT GmbH) im Rahmen des COMET-Programms der Österreichischen
Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert.
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