Wien (tu) - Ein neues bildgebendes Verfahren, die elektrische Impedanz-Tomographie (EIT), soll bald wichtige
Körperfunktionen überwachen. In einer Kooperatition der TU Wien, der Med Uni Wien und der Vetmeduni Vienna
wurde diese Technik nun einen wichtigen Schritt weitergebracht.
Einfacher, bequemer und billiger geht es kaum: Bei der elektrischen Impedanz-Tomographie wird ein Gurt mit Elektroden
direkt auf der Haut angebracht. Winzige Ströme werden durch den Körper geschickt, und aus der Messung
der dadurch resultierenden elektrischen Spannung werden Bilder verschiedener Körperfunktionen berechnet. So
kann zum Beispiel die Lungenfunktion künstlich beatmeter Personen kontinuierlich erfasst werden.
Allerdings gibt es derzeit noch keine einheitliche Methode für die Umrechnung der Messdaten in verlässliche
Bilder. In einem Projekt der TU Wien, der Medizinischen Universität Wien und der Veterinärmedizinischen
Universität Wien konnte man nun zeigen, dass sich die Qualität der Ergebnisse drastisch steigern lässt,
indem man das Auswertungsverfahren für jede einzelne Person individuell maßschneidert. So könnte
die EIT auf Intensivstationen bald wertvolle Dienste leisten. Die Forschungsergebnisse wurden nun im Journal PLOS
One veröffentlicht.
Kontinuierliche Überwachung
„Schon seit Jahren setzt man große Hoffnungen auf die elektrische Impedanz-Tomographie“, sagt Dr. Stefan
Böhme von der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie
der Medizinischen Universität Wien. Durch Elektroden schickt man hochfrequente Ströme durch den Körper.
Diese Ströme sind so schwach, dass man sie gar nicht spürt. Trotzdem kann man damit den elektrischen
Widerstand des Körpers rückrechnen und auf Vorgänge im Körperinneren schließen.
Ein wichtiges Hoffnungsgebiet ist die Überwachung der Lungenfunktion von IntensivpatientInnen. Künstliche
Beatmung kann die Lunge stark belasten und zu Schäden führen, wenn sie nicht genau auf die PatientInnenbedürfnisse
abgestimmt wird. Mit bildgebenden Verfahren wie der Computertomographie kann man die Lungenaktivität zwar
untersuchen, doch dabei erhält man nur Einzelbilder. Außerdem muss man den PatientInnen einen mühsamen
Transport und eine erhebliche Röntgen-Strahlenbelastung zumuten. Wünschenswert wäre daher eine kontinuierliche,
andauernde Überwachung der Lungenfunktion direkt am Intensivbett, ganz ohne Nebenwirkungen. Genau das könnte
die EIT leisten.
„Das Problem dabei ist, dass es nach wie vor keine standardisierte Methode gibt, um aus den Messergebnissen verlässliche
medizinische Daten zu ermitteln“, erklärt Florian Thürk, Dissertant von Prof. Eugenijus Kaniusas am Institut
für Electrodynamics, Microwave and Circuit Engineering an der TU Wien. „Das ist in diesem Fall deutlich komplizierter
als etwa bei der Computertomographie. Mathematisch betrachtet können verschiedene Impedanz-Verteilungen im
Inneren des Körpers zu identischen Messergebnissen führen. Welche dieser Verteilungen der Wirklichkeit
entspricht, ist schwer zu sagen.“
Individualisierte Auswertung
Das Rätsel lässt sich allerdings lösen, wenn man noch ein bisschen mehr Information in das Berechnungsmodell
hineinsteckt: „Mit hochauflösenden CT-Bildern kann man individuelle Parameter sehr gut vermessen – etwa die
genaue Lage der Lungen-Konturen“, erklärt Florian Thürk. „Wenn wir diese Daten aus dem Computertomographen
in unser Auswertungsprogramm füttern, dann kann man eine individualisierte Auswertungs-Methode erstellen,
die viel genauere Ergebnisse liefert als sie bisher möglich waren.“
„Das Ziel ist nicht, möglichst gute Einzelbilder zu erstellen, es geht uns vielmehr darum, physiologisch relevante
Parameter aus den Daten abzuleiten, um die Lungenfunktion direkt zu überwachen. Im Alltag hat das ärztliche
Personal oft nicht die Zeit, einzelne Bilder anzusehen, man möchte sofort die Daten angezeigt bekommen, die
überwacht werden sollen“, erklärt Eugenijus Kaniusas.
Im Tierversuch (mit Schweinen) hat man diese neue Technologie nun bereits erfolgreich getestet – die Übereinstimmung
zwischen CT-Bildern und EIT-Ergebnissen erwies sich als sehr gut. Auch mit Menschen testet man bereits, mit weiteren
Verbesserungen und klinischen Tests soll EIT in Zukunft zu einer neuen Standardmethode in der Intensivmedizin werden.
Originalpublikation
Florian Thürk, Stefan Boehme, Daniel Mudrak, Stefan Kampusch, Alice
Wielandner, Helmut Prosch, Christina Braun, Frédéric P. R. Toemboel, Johannes Hofmanninger, Eugenijus
Kaniusas (2017): Effects of individualized electrical impedance tomography and image reconstruction settings upon
the assessment of regional ventilation distribution: Comparison to 4-dimensional computed tomography in a porcine
model. PLoS ONE 12(8): e0182215. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0182215
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