Ausstellung in der Kunsthalle Wien von 28. September bis 12. November 2017
Wien (kunsthalle) - Mit Was ist Loos? präsentiert die Kunsthalle Wien die erste institutionelle Einzelausstellung
der Designerin Ineke Hans in Österreich. Die Designobjekte und Möbelentwürfe der Niederländerin
entstehen als Antworten auf konkrete Bedürfnisse an Raum, Funktion und Interaktion. Faltbare Stühle,
multifunktionale (monochrome) Tische, grafische Muster, ungewöhnliche Materialien sowie spielerische Formen
und Farben - Ineke Hans' Designs zeichnen sich mehr durch einen zeitgemäßen wie humorvollen Umgang mit
den Herausforderungen gegenwärtigen Wohnens und Arbeitens aus als durch einen charakteristischen Stil.
Der Titel der Ausstellung verknüpft die Frage nach zeitgemäßer Gestaltung mit einer Anspielung
auf den stilprägenden österreichischen Architekten und Kritiker Adolf Loos. Das Denken Loos' beeinflusste
die Entwicklung der modernen Architektur und des Möbeldesigns auch deshalb maßgeblich, weil er öffentlich
als Kommentator seiner Zeit auftrat. Nicht ohne Übertreibung übte er Kritik an bestehenden ökonomischen
wie gesellschaftlichen Verhältnissen und stellte dabei Forderungen in Bezug auf Gestaltung auf, die eine radikal
neue Epoche einleiten sollten.
In der Ausstellung Was ist Loos? wirft Ineke Hans einen Blick auf den Status quo des internationalen Designs sowie
auf dessen Verknüpfung mit Fragen des
aktuellen Zeitgeschehens und Alltagslebens. Dabei spricht sie DesignerInnen eine gesellschaftspolitische Verantwortung
zu, gegenwärtige Problemstellungen in der eigenen Arbeit zu berücksichtigen.
Was ist Loos? wird jüngere Arbeiten von Ineke Hans unter drei thematischen Schwerpunkten zeigen, die sich
mit globalen Entwicklungen auseinandersetzen. Dabei werden Produktionsmethoden ebenso angesprochen wie die zunehmende
Digitalisierung und die Verknappung von Ressourcen und Wohnraum.
Exemplarisch für letztere stehen zwei für die Ausstellung entwickelte Designobjekte: ein gemeinsam
mit Gebrüder Thonet Vienna produzierter Stuhl sowie der Entwurf eines Tisches, der über eine Online-Plattform
verfügbar ist.
Das im 19. Jahrhundert für seine Möbel aus gebogenen Holz berühmt gewordene Unternehmen Thonet arbeitete
immer wieder mit bedeutenden österreichischen Künstlern, Architekten oder Kunsthandwerkern wie Otto Wagner,
Josef Hoffmann und Koloman Moser zusammen. Adolf Loos gestaltete gemeinsam mit Thonet den zur Ikone gewordenen
Kaffeehausstuhl für das gegenüber der Kunsthalle Wien Karlsplatz gelegene Café Museum. Ineke Hans'
Interesse für konventionelle wie innovative Produktionsmethoden und die regionalen Eigenheiten innerhalb der
Designgeschichte spiegeln sich in ihrer Gestaltung des neuen Stuhls wider. Sie greift die Bugholz-Technik von Thonet
auf und verbindet diese mit der Praktikabilität von stapelbaren Stühlen, die für Konferenzen und
Veranstaltungen genutzt werden können. Als Kunsthalle Wien Chair bleibt der Stuhl mit dem Ort seiner Entstehung
verbunden.
Mit dem Instant Desk reagiert Ineke Hans auf den Einfluss von digitalen Technologien und globaler Vernetzung
auf die Möbelproduktion. Als digitale Datei kann das Design über die Online-Plattform Opendesk weltweit
bezogen und lokal von kooperierenden Produzenten hergestellt werden. Die Plattform gibt einerseits DesignerInnen
neue Möglichkeiten der globalen Distribution ihrer Entwürfe und fördert andererseits die lokale
Produktion vor Ort.
Neben den neuentwickelten Arbeiten zeigt Ineke Hans eine Auswahl an existierenden Möbelstücken und Objekten,
welche sich wandelnde gesellschaftliche Bedingungen für die Designwirtschaft, -produktion und -entwicklung
aufzeigen bzw. darauf reagieren.
Der Bereich Making and Making Sense thematisiert Produktionsmethoden, von traditionell gefertigten Objekten
über industrielle Verfahren bis zu innovativen Herstellungsweisen. Ineke Hans stellt Fragen danach, was, warum
und vor allem wie produziert wird. Durch die Massenproduktion ist vielmals auch das Wissen über traditionelle
Produktionsmethoden und Materialien verlorengegangen, welches in einem zeitgenössischen Kontext wieder sinnstiftend
eingesetzt werden kann. Ineke Hans geht es dabei um die sinnvolle und sozial engagierte Auseinandersetzung mit
verfügbaren Methoden der Herstellung, die über die grundlegende Frage nach Funktion und Stil hinausgehen.
Dealing with the Digital setzt sich mit der zunehmenden Digitalisierung unserer Lebenswelten auseinander. Dies
betrifft zum einen unseren Alltag, der durch eine omnipräsente Vernetzung mit dem Internet geprägt ist,
zum anderen aber auch Möglichkeiten der technologischen Innovation sowie Online-Distribution und Marketing
von Ideen und Entwürfen. In einer nachindustriellen Gesellschaft ist die Verfügbarkeit theoretischen
Wissens wichtiger geworden, welches sich über das Internet einfacher denn je teilen lässt. Kooperation
und Austausch erlangen neue Bedeutung. Gleichzeitig führt die ständige Erreichbarkeit von Personen auch
zur Verschiebung von Arbeits- und Privatleben. Eine von Mobilität und Flexibilität geprägte Lebensführung
verändert den Anspruch an Gebrauchsgegenstände.
Heute sind oftmals Multifunktionalität und Hybridität von entscheidender Bedeutung.
Das Thema Less beschäftigt sich mit der Verknappung von Ressourcen. Dabei sind sowohl natürlich vorkommende
Ressourcen als Ausgangmaterial für die Produktion gemeint als auch die Ressource Wohnraum. Entwicklungen hinsichtlich
Klima und Umwelt verlangen ökologisch verträgliche Produktionen und nachhaltige Nutzung. Recycling und
die Reduktion von Abfall rücken in den Fokus. Verstädterung trägt zur Verdichtung von urbanen Gebieten
bei und lässt Wohnraum verknappen.
Mit dem Rückgang der Quantität des Raum werden Aspekte wie Qualität und Aneignung von öffentlichem
Raum als Raum der Gemeinschaft wieder wichtiger. Im Gegensatz zum monofunktionalen Bauen der Moderne geht es heute
um kollektiv nutzbare Räume und hybride Objekte. Indem sie unsere Wohn-, Arbeits- und öffentlichen Räume
strukturieren, können funktionale Objekte und Einrichtungsgegenstände soziale Situationen mitgestalten.
Diese drei Themen sind auf das Engste miteinander verknüpft und demonstrieren die Herausforderungen, denen
Design heute gegenübersteht. Mit ihren Entwürfen reagiert Ineke Hans auf gesellschaftliche Bedürfnisse
und entwickelt Objekte, die in ihrer Funktionalität soziale Dimensionen einbeziehen. Was ist Loos? zeigt Objekte,
die als gestalterische Lösungen für aktuelle Anforderungen gelesen werden können.
Ineke Hans wurde 1966 geboren und lebt und arbeitet in London. Sie studierte Produkt- und Möbeldesign in Arnhem
und London. 1998 gründete sie ihr erstes Designbüro im niederländischen Arnhem. Darauf folgte 2015
die Gründung des Studio/Salons in London. Gemeinsam mit anderen DesignerInnen, TheoretikerInnen, ProduzentIinnen,
KuratorInnen, HändlerInnen und anderen AkteurInnen im Designfeld befasst sie sich dort mit der Zukunft des
Designs und der sich wandelnden Rolle von DesignerInnen.
Kuratorin: Juliane Bischoff
Publikation
Begleitend zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit Beiträgen von Bart Lootsma, Professor für
Architektur an der Universität Innsbruck; Deyan Sudjic, Direktor des Londoner Design Museums sowie Oliver
Stratford, Chefredakteur des in London ansässigen Disegno Magazins. Gestaltet wird die Publikation von der
Niederländerin Irma Boom.
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