Der Quantenphysiker und ÖAW-Präsident wird gemeinsam mit Ronald Hanson und Sae Woo
Nam mit dem international renommierten John-Stewart-Bell-Preis ausgezeichnet.
Totonto/Wien (öaw) - Die von Albert Einstein einst als „spukhafte Fernwirkung“ bezeichnete Verschränkung
von Teilchen gibt Forscher/innen seit Generationen Rätsel auf: Zwar sind gemäß der Quantentheorie
die Eigenschaften der Teilchen bis zu ihrer Messung unbestimmt, sobald diese allerdings an einem der Teilchen erfolgt,
wirkt sie sich unmittelbar auf das – selbst in großer Distanz – verschränkte andere Teilchen aus. Für
eine experimentelle Überprüfung dieses in der Theorie bereits vielfach bestätigten Befundes formulierte
der Physiker John Stewart Bell bereits 1964 einen Vorschlag. Bei allen darauffolgenden Experimenten weltweit blieben
jedoch Schlupflöcher, sogenannte „loopholes“, bestehen. Sie standen einer endgültigen Bestätigung
des Phänomens der Quantenverschränkung bis vor kurzem im Wege.
Zeitgleich mit Ronald Hanson von der Technischen Universität Delft und Sae Woo Nam vom US-amerikanischen National
Institute of Standards and Technology gelang es Anton Zeilinger und seinem Forschungsteam an der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Wien, diese letzten wichtigen Schlupflöcher
experimentell zu schließen. Aus Sicht des aus internationalen Expert/innen bestehenden Preisvergabekomitees
der Universität Toronto beseitigten die Forscher damit „jeglichen ernsthaften Zweifel an der nicht-räumlichen
Natur der Quantenverschränkung und öffnen Tore für aufregende neue Informationstechnologien“. Dafür
wurden Zeilinger, Hanson und Nam am 28. August nun mit dem alle zwei Jahre vergebenen John-Stewart-Bell-Preis ausgezeichnet,
der in der internationalen Fachwelt große Anerkennung genießt.
„Die Quantenverschränkung ist nicht spukhaft, sondern real. Das konnten wir mit unserem Experiment nachweisen.
Die internationale Anerkennung durch die Verleihung des Bell-Preises sehe ich als Auszeichnung für mein gesamtes
Team und auch für die vielen früheren Mitarbeiter meiner Gruppe“, so Anton Zeilinger.
Der Quantenphysiker arbeitet seit nunmehr 40 Jahren mit Kolleg/innen an diesen Themen: „Die große Überraschung
ist, dass diese Forschung, die ursprünglich aus wissenschaftlicher Neugier begonnen wurde, nun zu Anwendungen
führt, wie etwa einem künftigen Quanten-Internet.“
Der nach dem nordirischen Physiker John Stewart Bell benannte Preis wird seit 2009 vom Centre for Quantum Information
and Quantum Control an der Universität Toronto alle zwei Jahre für große Fortschritte in der Quantenphysik
vergeben. 2015 ging der Preis schon einmal nach Österreich. Ausgezeichnet wurde Rainer Blatt, der am Institut
für Quantenoptik und Quanteninformation Innsbruck der ÖAW und der Universität Innsbruck forscht.
Publikation: “Significant-Loophole-Free
Test of Bell’s Theorem with Entangled Photons”, Marissa Giustina, Marijn A. M. Versteegh, Sören Wengerowsky,
Johannes Handsteiner, Armin Hochrainer, Kevin Phelan, Fabian Steinlechner, Johannes Kofler, Jan-Åke Larsson,
Carlos Abellán, Waldimar Amaya, Valerio Pruneri, Morgan W. Mitchell, Jörn Beyer, Thomas Gerrits, Adriana
E. Lita, Lynden K. Shalm, Sae Woo Nam, Thomas Scheidl, Rupert Ursin, Bernhard Wittmann, and Anton Zeilinger. Physical
Review Letters, 2015.
DOI: 10.1103/PhysRevLett.115.250401
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