Bethesda (Maryland)/Salzburg (universität) - Amerikanische Forscher des Benaroya Research Institute in
Seattle (USA) identifizierten vor kurzem eine spezielle Immunzell-Art im menschlichen Blut. Immunologen der Universität
Salzburg unter der Leitung der Biologin Dr. Iris Gratz entdeckten und untersuchten diese spezielle Helfer-T-Zell-Population
nun auch in der Haut. Die Salzburger Immunologen sind weltweit die ersten, die sich mit dieser Helferzelle und
ihrer Rolle in der Haut beschäftigen. Ein gemeinsames, vom National Institute of Health (NIH, USA) hoch dotiertes
Forschungsprojekt, lässt auf neue Therapiemöglichkeiten für Schmetterlingskinder hoffen. Aber auch
Patienten mit anderen chronischen Wunden sollen von dieser wegweisenden Entdeckung profitieren.
Ihre Haut ist so verletzlich wie der Flügel eines Schmetterlings. Von Epidermolysis bullosa (EB) Betroffene
sind daher auch als „Schmetterlingskinder“ bekannt geworden. EB ist eine seltene, angeborene, folgenschwere und
derzeit noch nicht heilbare Hauterkrankung. Die Haut dieser Menschen bildet leicht Blasen, entstehende Wunden verheilen
zum Teil sehr schlecht. In Österreich leben rund 250.000 Menschen mit schlecht oder gar nicht verheilenden
Wunden. Diese beeinträchtigen die Lebensqualität enorm. Die Ursachen für Wunden sind vielfältig,
erläutert Dr. Iris Gratz, Fachbereich Molekulare Biologie der Universität Salzburg: „Wunden können
durch genetisch bedingte Krankheiten, wie bei den Schmetterlingskindern, entstehen; aber auch die Konsequenz von
Durchblutungsstörungen, Stoffwechselerkrankungen wie z.B. bei Diabetes oder einer fehlgeleiteten Immunreaktion
sein.“
Die Salzburger Immunologen haben nun entdeckt, dass in der Haut eine spezielle T-Helferzelle vermehrt vorkommt.
„Wir gehen davon aus, dass sie auf den Heilungsprozess großen Einfluss hat“, sagt Gratz. Die Wissenschaftler
wollen nun herausfinden wie diese T-Helferzelle genau funktioniert und welche Funktion sie bei der Wundheilung
ausübt. Denn erst wenn Hautzellen SOS-Signale senden, werden Immunzellen aktiviert und die T-Helferzelle tritt
in Aktion. „Diesen Kommunikations- und Signalwegen wollen wir nachgehen“, informiert Gratz. „Denn auch die T-Helferzelle
sendet Signale und Botenstoffe an das Hautgewebe zurück, während sie gleichzeitig erste Schritte zur
Wundheilung einleitet.“ Die Biologin arbeitet mit dem von DEBRA Austria durch Spendengelder finanzierten EB-Haus
Austria an der Universitätsklinik für Dermatologie in Salzburg zusammen und nimmt an klinischen Studien
teil. Der Einsatz der T-Helferzelle könnte dazu führen, Wundheilungsprozesse zu beschleunigen und chronische
Wunden zu schließen.
Langfristig sollen die Forschungsergebnisse therapeutisch eingesetzt werden. Wie etwa bei den Schmetterlingskindern.
Dr. Rainer Riedl, DEBRA Austria Obmann und selbst Vater einer von EB-betroffenen Tochter freut sich: „Die Finanzierung
des gemeinsamen Forschungsprojektes durch Mittel des National Institute of Health, dem größten staatlichen
Fördergebers der USA, ist für das Projekt eine ganz besondere Auszeichnung. Die EB-Forschung ist nun
sozusagen in der Champions League angekommen.“ Von der internationalen Vernetzung erhofft er sich weitere Fortschritte
um das Leid der Betroffenen in absehbarer Zeit lindern zu können. Gratz dazu: „Bei dieser Patientengruppe
laufen sehr viele Wundheilungsprozesse. Hier unterstützend beizutragen, wäre natürlich großartig.
Wir denken aber auch an chronisch kranke Menschen, deren Wunden sich nicht mehr schließen, beispielsweise
bei chronischen Wunden von zuckerkranken Menschen oder Wundliege-Geschwüre“.
Das National Institute of Health (NIH) ist der größte staatliche Fördergeber in den USA. Ca. 40
% der gesamten amerikanischen Forschung wird vom NIH unterstützt. Den Förderantrag für ihr Projekt
stellte Gratz gemeinsam mit dem amerikanischen Partner Dr. Daniel Campbell vom Benaroya Research Institute in Seattle.
Eines der renommiertesten medizinischen Forschungsinstitute in den USA. Das Zusammenführen der Expertisen
beider Forschungsgruppen überzeugte die Fördergeber und der Antrag wurde vollinhaltlich genehmigt. „Wir
kamen unter die besten 8% aller eingereichten Projekte.“ Von den insgesamt 2,5 Mio. Dollar gehen 740.000,- an die
Salzburger Forschergruppe für einen Zeitraum von 5 Jahren. „Für das Geld werden wir zwei WissenschaftlerInnen
anstellen, einen Postdoc und einen studentischen Mitarbeiter“, sagt Gratz. Mit Hilfe von Hautzellkulturen, die
im Labor hergestellt werden und Experimenten mit humaner Haut am Mausmodell, wird überprüft welche Wirkung
die T-Helferzelle auf die Wundheilung hat. Auch die Rolle von Immunzellen im Hautkrebsgeschehen in Zusammenarbeit
mit dem Cancer Cluster Salzburg wird untersucht. „Das Immunsystem gibt viele Rätsel auf“, sagt Gratz. Während
es bei Autoimmunerkrankungen überreagiert, sind bei Hautkrebserkrankungen zu wenig Reaktionen.
Die gebürtige Oberösterreicherin Iris Gratz studierte in Salzburg Biologie. Wie bereits in ihrer Diplomarbeit,
beschäftigte sie sich auch in ihrer Dissertation, die sie ebenfalls an der Universität Salzburg verfasste,
mit dem Immunsystem. Danach war Gratz im EB-Haus Austria an der Universitätsklinik für Dermatologie Salzburg
in der Forschung für „Schmetterlingskinder“ beschäftigt. Schon früh sammelte Gratz Auslandserfahrungen:
Zunächst ging sie nach Irland und war dort in einem Industrieunternehmen beschäftigt. Später erhielt
sie ein Erwin Schrödinger Stipendium und verbrachte insgesamt fünf Jahre an der University of San Francisco,
zwei davon als Assistent Adjunct Professor. Seit dem Jahr 2014 ist sie wieder an der Universität Salzburg
tätig. „Einmal pro Woche arbeite ich im Krankenhaus“, sagt Gratz. Die Verbindung der wissenschaftlichen Forschung
an der Universität und der Praxis im Krankenhaus macht für sie das ideale Arbeitsumfeld aus.
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