Umfrage stellt heimischem Finanzwissen schlechtes Zeugnis aus
Wien (wiener börse) - Fehlende Kompetenz in Finanz- und Wirtschaftsfragen hält Österreicher
von Investments in Wertpapieren ab: Durch das konservative Anlageverhalten lassen die Österreicher die wenigen
verbliebenen Rendite-Chancen liegen. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung von market im Auftrag der Wiener Börse.
Für 83%[1] der Österreicherinnen und Österreicher ist solides Finanzwissen Voraussetzung für
ein Investment in Aktien. Sie sind sich einig: Geld in Aktien zu investieren macht nur Sinn, wenn man sich in Finanzfragen
gut auskennt. Aber nur 8% der Österreicher schätzen ihre eigenen Kenntnisse in Wirtschaft und Finanz
als sehr gut ein. Diese Bildung braucht man jedoch, um Erspartes zu investieren: Mehr als zwei Drittel der Befragten
finden es schwierig, grundsätzlich die für sie passenden Finanzprodukte zu finden.
„Österreicher verpassen Chancen und können sich nicht ausreichend schützen. Wir müssen das
Problem an der Wurzel packen. Wirtschaftsbildung gehört in alle Lehrpläne der unterschiedlichen Schultypen
und sollte auch im Klassenzimmer in ausreichendem Umfang unterrichtet werden“, sagt Börsevorstand Christoph
Boschan. „Auch wegen fehlendem Finanzwissen ist Österreich eine Sparbuchnation. In einem Umfeld wie heute
bekommen Sparer aber keine Zinsen. Aktien sind aktuell eine der wenigen Möglichkeiten, Ersparnisse gewinnbringend
anzulegen. Dafür sprechen klare Zahlen.“ Der österreichische Leitindex ATX hat in der Langzeitbetrachtung
6,87 % pro Jahr zugelegt. „Davon profitieren aber zu wenige Österreicher. Bildung ist der beste Anlegerschutz
und überhaupt der Schlüssel zu Wissen und Kompetenz in diesem Bereich. Sie ist die Grundlage für
einen mündigen Umgang mit dem eigenen Geld und der eigenen Vorsorge“, so Boschan.
Die Umfrage zeigt: Auch die Bevölkerung hat dieses Problem erkannt. 77% der Österreicher finden, dass
in der Schule nicht ausreichend Finanzwissen unterrichtet wird, um selbst persönliche Vorsorgeentscheidungen
treffen zu können. Im Alterssegment zwischen 15-29 Jahren (noch in Ausbildung oder gerade fertig) sind sogar
83% dieser Meinung. Ähnlich viele, nämlich 84% fordern, dass in Zukunft mehr Finanzwissen in österreichischen
Schulen vermittelt wird.
Standort profitiert von mündigen Aktionären
Von einem informierten Umgang mit dem Thema Veranlagung profitieren Anleger ebenso wie der heimische Wirtschaftsstandort.
Eine bewusste Geldveranlagung steigert einerseits die Chance auf höhere Renditen. Andererseits profitieren
börsenotierte Leitbetriebe von österreichischen Investoren, die in der Regel die heimischen Unternehmen
besser kennen. Das stärkt den Wirtschaftsstandort und sichert Arbeitsplätze. In börsenotierten österreichischen
Betrieben arbeiten heute rund 400.000 Menschen. Der gesamtwirtschaftliche Wertschöpfungsbeitrag von Unternehmen
mit Börsenotiz liegt aktuell bei 27,14 Milliarden Euro, rund 10% der österreichischen Wirtschaftsleistung.
Jeder Euro, der in eine börsenotierte Firma investiert wird, bedeutet 2,3 Euro für die heimische Volkswirtschaft.
„Wir als Wiener Börse tragen wie viele andere Branchenvertreter unseren Teil dazu bei, die sogenannte „Financial
Literacy“ in Österreich zu steigern“, sagt Börse-CEO Boschan. „Gemeinsam mit Lehrern haben wir Unterrichtsmaterialien
zu Finanzthemen entwickelt, vermitteln Fachwissen und Didaktik in Seminaren und halten Vorträge an Schulen.
Unsere Wiener Börse Akademie bietet zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten. Aber das kann nur ein Teil
sein. Es ist auch die Politik gefordert“, so Boschan.
Veranlagung für alle
Handlungsbedarf gibt es auch aus einer anderen Perspektive: Nur rund ein Viertel der Befragten erachtet Aktien
auch als Anlagemöglichkeit für Menschen mit weniger Geld. „Auch Bürger mit geringem Einkommen sollen
die Chancen, die Veranlagung in Aktien bieten, für sich nützen können. Hier brauchen sie Unterstützung,
da sie Konsumverzicht für Vermögensaufbau leisten“, so Boschan. Dazu macht die Wiener Börse konkrete
Vorschläge: Eine Befreiung von der Kapitalertragssteuer für Einkommensbezieher bis 60.000 EUR oder die
Wiedereinführung des KESt-Entfalls für langfristige Investments wären geeignete und schnell umzusetzende
Maßnahmen, um die persönliche Vorsorge zu fördern.
Auch die Bildung von Mitarbeiterstiftungen sollte durch den Gesetzgeber unterstützt werden. Durch die Beteiligung
über eine derartige Stiftung profitieren alle Seiten: Der Mitarbeiter selbst durch die Rendite, die er erhält.
Das Unternehmen bindet die eigene Mannschaft enger an sich und stellt einen starken österreichischen Kernaktionär
sicher, der wiederum den Standort stärkt. „Und das muss doch im Sinne der heimischen Politik sein. Für
die neue Regierung wird die Beschäftigung mit dem Thema Finanzbildung und Erleichterung von Investments ein
Auftrag, der nicht nur von der Wirtschaft und der Börse, sondern nun auch klar von den eigenen Bürgerinnen
und Bürgern ausgesprochen wurde“, schließt Boschan.
[1] N=800, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung
ab 16 Jahren; Erhebungszeit 31.7.-7.8.2017
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