Rat für Forschung und Technologieentwicklung zieht kritische Zwischenbilanz der FTI-Strategie
der Bundesregierung
Wien (pk) – Mit der 2011 beschlossenen FTI-Strategie der Bundesregierung soll Österreich bis 2020 in
Forschung, Technologie und Entwicklung zur Gruppe der Länder mit höchster Innovationskraft aufschließen.
Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (FT-Rat) begleitet die FTI-Strategie als unabhängiges
Beratungsorgan, gibt Empfehlungen zu einzelnen Gesetzesvorhaben ab und verfasst Berichte und Studien. Seinen Tätigkeitsbericht
für die Jahre 2015 und 2016 hat der Rat als umfassende Mid-Term-Review der FTI-Strategie angelegt. Diesen
Bericht hat Verkehrsminister Jörg Leichtfried nunmehr dem Nationalrat vorgelegt ( III-425 d.B.).
Die bisher zur Verbesserung des österreichischen Innovationssystems gesetzten Maßnahmen zeigten zwar
ihre Wirkung, stellt der Rat fest. Diese in verschiedenen Ressorts gesetzten Einzelmaßnahmen reichten aber
für sich allein noch nicht aus, um das erklärte Ziel, Österreich bis 2020 an die Gruppe der "Innovation
Leader" heranzuführen, zu erreichen. Ziel müsse daher ein Gesamtkonzept zur Umsetzung der FTI-Strategie
sein. Ausgehend von seiner Analyse der bisherigen Schritte gibt der Rat daher eine Reihe von Empfehlungen ab, wie
die Dynamik der Strategie gesteigert werden kann.
FT-Rat: Innovationsführerschaft erfordert umfassendes Reformpaket
Aus Sicht des Rates ist die Zielorientierung der FTI-Strategie nach wie vor gültig, und einige Trends zeigen
in die richtige Richtung. Das reiche aber noch nicht, um mit der Entwicklungsdynamik der führenden Länder
mithalten zu können, folgert der FT-Rat. Der Abstand Österreichs zu den Innovation Leaders wird sich
bei gleichbleibendem Trend vergrößern. In den verbleibenden Jahren müsse daher viel intensiver
an der Umsetzung der Strategie gearbeitet werden, denn sonst werde Österreich im Jahr 2020 nicht nur kein
Innovation Leader sein, sondern auch gegenüber anderen Ländern zurückfallen.
Falls die Bundesregierung weiterhin am Ziel, Innovationsführerschaft zu erreichen, festhalten wolle, so erfordere
das eine neue Phase der Politikgestaltung, heißt es im Bericht des FT-Rats. Die Politik müsse dabei
den Themen Bildung, Forschung, Technologie und Innovation als zentralen Zukunftsfaktoren für Österreich
einen höheren Stellenwert einräumen als zuletzt. Anstelle der bisherigen bruchstückhaften Einzelmaßnahmen
sei ein Paket an Reformschritten umzusetzen, das auf das gesamte FTI-System abzustimmen ist. Der Reformprozess
müsse von der höchsten politischen Ebene getragen werden. Der FT-Rat spricht dabei von der Notwendigkeit
einer "Reformagenda FTI" unter Leitung des Bundeskanzleramtes und in Kooperation mit allen für FTI
verantwortlichen Ministerien. Diese Reformagenda müsse mit verbindlichen politischen Zielen sowie klaren Aufträgen
an die Task Force FTI versehen werden.
Reformen im Bildungssystem konsequent vorantreiben
Der FT-Rat fokussierte sich in seiner Mid Term Review auf fünf prioritäre Handlungsfelder, in denen laut
ihm die FTI-Strategie konkreter ausgestaltet werden muss. Der erste Bereich ist das Bildungssystem einschließlich
der tertiären Bildung an Hochschulen und Universitäten. Hier stellte sich der Rat hinter umfassende Reformen
zur Modernisierung des Bildungssystems unter den Stichworten Stärkung der Schulautonomie, Bereinigung der
Kompetenzen zwischen Bund und Ländern sowie einem Bekenntnis zur gemeinsamen, ganztägigen Schule im Bereich
der Sekundarstufe I bei gleichzeitiger Leistungsdifferenzierung und Talententfaltung. Intensiviert werden müsse
auch die frühkindlichen Förderung, befindet der Rat. Als wichtige Maßnahmen sieht er auch die Erhöhung
der Anzahl mehrsprachiger PädagogInnen sowie die bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Schulen
mit besonderen Herausforderungen aus.
Zudem empfahl der Rat, das im Regierungsprogramm verankerte Ziel einer Steigerung der Hochschulausgabenquote auf
2% des BIP als Minimalziel zu definieren und die jährlich notwendigen Mehrausgaben von durchschnittlich 400
Mio. € für den tertiären Sektor bereitzustellen. Außerdem sprach er sich dafür aus, bei der
Umsetzung der gesetzlichen Schritte zur Studienplatzfinanzierung vor allem Maßnahmen zur Verbesserung der
Studienbedingungen und insbesondere zur Steigerung der AbsolventInnen in den MINT-Fächern zu forcieren.
Grundlagenforschung stärken
Unabdingbar ist laut FT-Rat auch eine stärkere Fokussierung auf die Grundlagenforschung. Der Rat empfahl hier
dringend eine substanzielle und nachhaltige Anhebung der kompetitiv vergebenen Mittel für die Grundlagenforschung,
um die Spitze der exzellenten Forschung in Österreich zu verbreitern und die Forschungsbedingungen des Wissenschaftsstandorts
zu verbessern. Andernfalls wäre nicht nur die gestiegene Qualität der Forschungsleistung, sondern auch
die Attraktivität des Standorts Österreich ernsthaft gefährdet.
Unternehmensgründungen und innovative Jungunternehmen fördern
Besonderes Augenmerk müsse auch auf die Frage von Unternehmensgründungen und Wachstum sowie auf die Förderung
innovativer Jungunternehmen gelegt werden, meinte der Rat. Notwendig sei auch die Optimierung der rechtlichen und
finanziellen Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen und –wachstum. Der Rat empfahl hier, die Rahmenbedingungen
zur Förderung des Gründungsgeschehens im wissens- und technologieintensiven Bereich durch die Implementierung
innovativer Konzepte und unterstützender Fördermodelle weiter zu optimieren. Außerdem sollte die
Anwendbarkeit internationaler Modelle steuerlicher Begünstigungen junger sowie kleiner wissens- und technologiebasierter
Unternehmen für Österreich erneut geprüft werden.
Der Rat sprach sich auch für die Entwicklung von Finanzierungsmöglichkeiten für innovative JungunternehmerInnen
und KMU aus. So sollte die Palette von Crowdfunding, inklusive Peer-to-Peer-Lending und Crowdinvesting, durch einen
effektiven und effizienten Rechtsrahmen gefördert und in eine wettbewerbsfähige Gesamtstrategie für
Unternehmenswachstum integriert werden. Begrüßt wurden in diesem Zusammenhang die Crowdfunding-Initiativen
der Bundesregierung, insbesondere das Alternativfinanzierungsgesetz. Weiters sollten die Schaffung des Business-Angels-Freibetrags
zur Eigenkapitalstärkung und Erleichterungen bei Lohnnebenkosten für Startups und forschungsaktive Unternehmen
angedacht werden.
FTI-Strategie auf Regierungsebene bewusst vorantreiben
Als viertes Themenfeld nennt der Bericht die notwendige Verbesserung der Governance-Strukturen zur Umsetzung der
FTI-Strategie. Der Rat empfahl hier, einen aktiven und umfassenden FTI-politischen Reformprozess zu initiieren,
um die Umsetzung der Strategie entschiedener voranzutreiben, der auf der höchsten politischen Ebene getragen
wird. Für einen solchen Prozess ist aus Sicht des Rates eine "Reformagenda FTI" unter Leitung des
Bundeskanzleramtes und in Kooperation mit allen für FTI verantwortlichen Ministerien erforderlich. Die Reformagenda
sollte in den Vorhaben der Bundesregierung verankert und mit politisch verbindlichen sowie konkreten und quantifizierbaren
Zielvorgaben versehen werden. Aus diesen Vorgaben wiederum müssten sich klare Aufträge an die bestehende
"Task Force FTI" ableiten, die aus Sicht des FT-Rats ihre Steuerungsfunktion für den Umsetzungsprozess
der FTI-Strategie verstärkt wahrnehmen muss.
Anteil privater F&E-Mittel erhöhen
Schließlich sprach sich der Rat für eine Forcierung der Maßnahmen zur Erhöhung des privaten
Anteils der F&E-Finanzierung aus. Dies könne beispielsweise durch verbesserte Rahmenbedingungen für
philanthropische Zuwendungen und Spenden, für das Stiftungsrecht oder für private Risikofinanzierung
erreicht werden. Wesentlich dabei ist für den FT-Rat, dass der Einsatz öffentlicher Mittel sich darauf
konzentriert, eine Hebelwirkung im Sinne eines stärkeren Anreizes für mehr private F&E-Ausgaben und
einer Hebung des privaten Finanzierungsanteils zu erzielen.
|