Schwedische Delegation diskutiert mit Abgeordneten des Bautenausschusses über Wohnungsmarkt
und sozialen Wohnbau
Stockoholm/Wien (PK) – Das Frage, wie in Zeiten starker demographischer und sozialer Veränderungen
leistbarer Wohnraum für alle geschaffen werden kann, bewegt ParlamentarierInnen in Schweden ebenso wie in
Österreich. Das wurde am 05.09. in einer Aussprache von Mitgliedern des Bautenausschusses des Nationalrats
mit VertreterInnen des Parlamentsausschusses für zivile Fragen des Schwedischen Parlaments deutlich. Zu der
Diskussion mit den österreichischen ParlamentarierInnen waren VertreterInnen von sechs Parteien, die im schwedischen
Reichstag vertreten sind, angereist. Als Delegationsleiterin fungierte Caroline Szyber von den Christdemokraten.
Der schwedische Ausschuss für zivile Fragen ist unter anderem für Fragen des Wohnbaus, des Mietrechts
und der Bauordnung zuständig, erfuhren die österreichischen Abgeordneten. Die Mitglieder der schwedischen
Delegation interessierten sich vor allem für Modelle des sozialen und gemeinnützigen Wohnbaus und Entwicklungen
des Wohnungsmarkts. Diese Fragen werden in Schweden derzeit lebhaft diskutiert, erläuterte Caroline Szyber.
Schweden habe einen großen Anteil an Wohnungseigentum, der bei rund 70% liege. Die Mietpreise werden in Schweden
in Verhandlungen zwischen Mieter- und Vermietervereinigungen festgelegt. Diese Standardmiete kann von beiden Seiten
gerichtlich eingeklagt werden. Schweden kenne keinen genossenschaftlichen Wohnbau wie Österreich, sondern
es gebe Wohnvereine, über die Wohnungseigentum zu bestimmten Konditionen erworben werden kann.
Bis in die 1990er Jahre wurde in Schweden sehr viel billiger Wohnraum über Wohnbaugesellschaften der Kommunen
bereitgestellt, erläuterten die schwedischen Gäste. Seit einer erfolgreichen Klage der Vermietervereinigung
beim Europäischen Gerichtshof müssen diese kommunalen Gesellschaften ihre Wohnungen marktkonform anbieten,
was zu einer starken Veränderung im System geführt hat. In den letzten Jahren finden trotz eines starken
Baubooms nicht mehr alle Wohnungssuchenden einen angemessenen Zugang zu Wohnraum über den Wohnungsmarkt. Das
werde teilweise dadurch gelöst, dass die Kommunen Wohnraum bereitstellen. Junge Menschen wohnen länger
bei ihren Eltern, zudem sei auch ein Sekundärmarkt mit Untermietwohnungen entstanden. Von den Mitgliedern
der schwedischen Delegation wurde dazu festgehalten, dass politisch sehr unterschiedliche Zugänge zur Frage
bestehen, wie die Wohnungskrise zu lösen sei. Grundsätzlich sei man sich aber einig, dass die Frage nicht
mit einer Rückkehr zum früheren Status oder über das Mietrecht zu lösen sei, sondern das Gesamtsystem
geändert werden müsse. Darüber finde derzeit eine lebhafte politische Debatte statt.
Die österreichischen Abgeordneten wiesen auf die aus ihrer Sicht bestehenden zahlreichen Vorteile des österreichischen
Systems hin, das leistbaren Wohnraum für den Großteil der ÖsterreicherInnen sicherstellen könne.
Sie machten aber auch darauf aufmerksam, dass es offene Fragen im Bereich des Mietrechts und des gemeinnützigen
Wohnbaus gebe und auch in Österreich Wohnraum zunehmend teurer werde. Einigkeit bestehe über die Fraktionen
hinweg, dass das österreichische Mietrecht sehr unübersichtlich geworden sei und einer Reform bedürfte,
meinten Katharina Kucharowits (S), Friedrich Ofenauer (V) und Philipp Schrangl (F). In der Frage, wo dabei anzusetzen
sei, um Willkür des Mietrechts zu beseitigen, gebe es aber unterschiedliche Standpunkte. Wolfgang Klinger
(F) erklärte, aus seiner Sicht müsse der Erwerb von Wohnungseigentum gefördert werden, auch von
Genossenschaftswohnungen. Für Gabriela Moser (G) ist eine drängende Problematik die Intransparenz der
Vergabekriterien von gemeinnützigen Wohnungen.
Der schwedische Zugang zu den Fragen des Wohnungsmarktes sei, dass man Probleme anderer europäischer Länder
vermeiden wollen, in denen der soziale Wohnbau zu sozialen Ghettos mit Substandardwohnungen führe. Die österreichischen
Abgeordneten erläuterten, dass auch Österreich dies vermeiden wolle, daher gebe es für den gemeinnützigen
Wohnbau klare Vorgaben, was den Standard der angebotenen Wohnungen betreffe, und viele Maßnahmen, mit denen
die soziale Durchmischung gefördert werde.
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