Erlangen-Nürnberg (idw) - Wiesn-Besucher wussten es schon immer, nun ist es wissenschaftlich belegt: Bier
kann glücklich machen. Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
haben 13.000 Lebensmittelinhaltsstoffe daraufhin untersucht, ob sie das Belohnungszentrum im Gehirn aktivieren
und somit für ein zufriedenes Gefühl beim Konsumenten sorgen. Der Gewinner? Hordenin, ein Inhaltsstoff
von Gerstenmalz und Bier.
Es gibt Lebensmittel, die machen glücklich. Nun, vielleicht nicht glücklich, aber zufrieden. Und deswegen
hört man gar nicht mehr auf sie zu essen auch wenn man eigentlich schon satt ist. Dieses Phänomen wird
in der Fachsprache hedonische Nahrungsaufnahme genannt. Das gute Gefühl wird durch den Neurotransmitter Dopamin
ausgelöst: Verlockende Lebensmittel aktivieren Gehirnareale des Belohnungszentrums, in denen der Dopamin-D2-Rezeptor
zu finden ist. Wissenschaftler vom Henriette Schmidt-Burkhardt Lehrstuhl für Lebensmittelchemie der FAU haben
sich nun gefragt: Gibt es spezielle Inhaltsstoffe in Lebensmitteln, die ähnlich wie das körpereigene
Dopamin den Dopamin-D2-Rezeptor aktivieren?
Um das herauszufinden, bedienten sich die Forscher zusammen mit Kollegen des Computer-Chemie-Centrums der FAU der
Methode des virtuellen Screenings, ein aus der Pharmaforschung bekannter Ansatz. Dabei werden die Lebensmittelinhaltsstoffe
zunächst nicht im Labor, sondern am Computer untersucht. Der Vorteil: Im Gegensatz zu klassischen Screening-Verfahren,
bei denen nur eine kleine Auswahl an Lebensmittelextrakten im Labor getestet werden kann, können die Forscher
alle möglichen existierenden Inhaltsstoffe untersuchen.
13.000 Moleküle, 17 Treffer
Die Wissenschaftler legten dafür zunächst eine virtuelle Datenbank aus 13.000 in Lebensmitteln vorkommenden
Molekülen an. Aus dieser Datenbank galt es, diejenigen Moleküle zu finden, die auf den Dopamin-D2-Rezeptor
passen quasi die passenden Schlüssel für das Schlüsselloch. Der Computer berechnete, welche Moleküle
wahrscheinlich mit dem Dopamin-D2-Rezeptor interagieren können: entweder über synthetische Substanzen,
von denen bereits bekannt ist, dass sie mit dem Rezeptor interagieren wie Arzneimittel zur Behandlung von Parkinson
oder Schizophrenie oder über die dreidimensionale Struktur des Rezeptors. Am Ende blieben von den 13.000
Optionen noch 17 übrig, die dann im Labor in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie
der FAU getestet wurden.
Überraschungsfund Bier
Die vielversprechendsten Testergebnisse zeigte dabei die Substanz Hordenin, ein Inhaltsstoff von Gerstenmalz und
Bier. Es ist schon überraschend, dass ohne dass wir speziell in der Gruppe der Genussmittel gesucht haben
ein Inhaltsstoff von Bier zur Aktivierung des Dopamin-D2-Rezeptors führt, sagt Prof. Dr. Monika Pischetsrieder.
Genau wie Dopamin aktiviert Hordenin den Dopamin-D2-Rezeptor mit einem wichtigen Unterschied: Er funktioniert
über einen anderen Signalweg. Hordenin aktiviert den Rezeptor im Gegensatz zu Dopamin ausschließlich
über sogenannte G-Proteine, was zu einem nachhaltigeren Effekt auf das Belohnungszentrum führen könnte.
Ob die im Bier enthaltenen Mengen für eine spürbare Beeinflussung des Belohnungszentrums ausreichend
sind, untersuchen die Forscher zurzeit. Insgesamt deuten die Ergebnisse aber darauf hin, dass Hordenin zum stimmungssteigernden
Effekt von Bier beitragen könnte.
Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler bei Scientific Reports publiziert: Sommer, Thomas; Hübner, Harald;
El Kerdawy, Ahmed; Gmeiner, Peter; Pischetsrieder, Monika; Clark, Tim. Identification of the Beer Component Hordenine
as Food-Derived Dopamine D2 Receptor Agonist by Virtual Screening a 3D Compound Database. Scientific Reports (2017),
7: 44201, DOI: 10.1038/srep44201
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