Modellprojekt „Perspektive:Arbeit“ begleitet gewaltbetroffene Frauen auf ihrem Weg in den ersten
Arbeitsmarkt
Wien (bmask) - Der erste Social Impact Bond in Österreich wurde vor zwei Jahren in Linz gestartet.
Durch die Zusammenarbeit von öffentlicher Hand, privaten Investoren und Zivilgesellschaft werden im Modellprojekt
„Perspektive:Arbeit“ gewaltbetroffene Frauen betreut und in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt. „Arbeit ist in
unserer Gesellschaft der ausschlaggebende Faktor für ein selbstbestimmtes Leben. Für gewaltbetroffene
Frauen gilt das besonders, da sie oftmals wirtschaftlich und damit auch sozial von ihrem Misshandler abhängig
sind. Da wollen wir sie herausholen und ihnen eine nachhaltige Perspektive geben“, erklärt Sozialminister
Alois Stöger die Zielsetzung des Projekts. Gemeinsam mit Eva Schuh, der stellvertretenden Geschäftsführerin
des Gewaltschutzzentrums Oberösterreich, und Kathrin Wolkerstorfer, der Projektkoordinatorin von „Perspektive:
Arbeit“, zog der Sozialminister am 13. September bei einem Pressegespräch im Gewaltschutzzentrum in Linz eine
positive Zwischenbilanz.
Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, innerhalb von drei Jahren 75 Frauen in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln.
Bei 47 Frauen ist das bereits gelungen. Weitere 30 Frauen konnten trotz ihrer schwierigen Situation in ihrer Beschäftigung
gehalten werden. „Die Zahlen zeigen, das Projekt ist auf dem richtigen Weg. Noch wichtiger ist aber, was das für
die betroffenen Frauen bedeutet. Sie haben jetzt die Chance sich ein neues Leben aufzubauen, in dem weder sie,
noch ihre Kinder sich vor häuslicher Gewalt fürchten müssen“, so Stöger, der allen Unternehmen
dankt, die zum Erfolg des Projektes beitragen. Mit Reinhard Honeder, dem Geschäftsführer der Honeder
Naturbackstube, war auch beim Pressegespräch ein Unternehmer anwesend, der bereits eine der gewaltbetroffenen
Frauen eingestellt hat.
Bisher haben 249 Frauen teilgenommen bzw. werden hier nach wie vor betreut. Zusätzlich zu den 47 erfolgreichen
Fällen befinden sich aktuell noch 32 weitere in der Vermittlungsphase. Dazu kommen Vermittlungen in den zweiten
Arbeitsmarkt, vorbereitende Ausbildungen aber auch Austritte. „Das ist ein Pilotprojekt, bei dem alle Seiten laufend
dazulernen. Besonders wichtig ist, dass wir das gesamte Umfeld der betroffenen Frauen auf dem Weg in den Arbeitsmarkt
berücksichtigen – und dazu gehört auch die Frage, ob es ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen gibt.
Genau da hat Oberösterreich nach wie vor Aufholbedarf“, so Stöger.
Gewaltbetroffene Frauen müssen Abhängigkeiten durchbrechen
Laut Statistik ist jede fünfte Frau in Österreich von Gewalt im sozialen Nahbereich betroffen. Jährlich
werden österreichweit rund 15.000 Frauen und Mädchen von der Interventionsstelle gegen Gewalt in der
Familie betreut. An die 1.700 Frauen und 1.600 mit-betroffene Kinder flüchten pro Jahr in ein Frauenhaus.
Dabei zeigt sich, dass die Betroffenen zumeist in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. „Rund zwei Drittel
der gewaltbetroffenen Frauen, die ins Frauenhaus kommen, haben keinen Job. Weitere zehn Prozent verlieren ihren
Arbeitsplatz durch die Flucht bzw. den Aufenthalt in diesen Einrichtungen. Das führt dazu, dass ein Viertel
von ihnen wieder zurückkehrt“, erläutert Eva Schuh die Ausgangslage gewaltbetroffener Frauen. „Für
gewaltbetroffene Frauen ist es besonders wichtig, alle Abhängigkeiten zu durchbrechen. Nur wenn das gelingt,
können sie sich dauerhaft aus ihrem gewalttätigen Umfeld lösen. Das Projekt Perspektive:Arbeit ist
hier eine großartige Unterstützung“, freut sich Schuh über die Initiative des Sozialministeriums.
Für Kathrin Wolkerstorfer ist die enge Kooperation zwischen allen Projektpartnern der Schlüssel für
den bisherigen Erfolg des Projekts: „Perspektive:Arbeit ist ein Modellprojekt, das es in der Form in Österreich
noch nicht gegeben hat. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Stellen, den privaten Stiftungen
und den umsetzenden Organisationen haben wir auf allen Seiten neue Kompetenzen aufgebaut, die den gewaltbetroffenen
Frauen jetzt direkt zugutekommen.“ Dabei geht es oftmals darum, die Benachteiligungen am Arbeitsmarkt zu überwinden.
„40 Prozent der Frauen, die in Frauenhäusern betreut werden, verfügen maximal über einen Pflichtschulabschluss.
Gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern wie dem AMS, dem Verein für Sozial- und Gemeinwesenprojekte oder
dem Institut für Ausbildung und Beschäftigung arbeiten wir daran, auch dieses Handicap zu überwinden“,
so Wolkerstorfer weiter.
Das Projekt „Perspektive:Arbeit“ läuft noch bis Ende August 2018. Das Projektvolumen von rund 800.000 Euro
wurde durch private Stiftungen vorfinanziert, die auch das Ausfallrisiko tragen. Sie erhalten nur bei Erreichen
der definierten Erfolgskennzahlen die vereinbarte Zielprämie. Das Sozialministerium hat vor Projektbeginn
die inhaltlichen und finanziellen Rahmenbedingungen mit den Projektpartnern vereinbart und nimmt nicht zuletzt
über das eingerichtete Projektforum eine wesentliche steuernde, koordinierende und kontrollierende Funktion
wahr.
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