Wien (universität) - Frauen bewerten Bilder von männlichen Gesichtern als attraktiver und würden
diese Männer eher daten, wenn sie zuvor Musik gehört haben. Je größer die musikalische Erregung,
desto größer ist der Effekt von Musik auf die sexuelle Anziehung. Was uns dieser Befund über den
Ursprung von Musik verrät, legen PsychologInnen um Manuela Marin und Helmut Leder in ihrer neuesten Publikation
in der Fachzeitschrift PLOS ONE dar.
Musik ist Teil jeder Kultur, aber der Ursprung von Musik gibt nach wie vor große Rätsel auf. Warum investieren
Menschen so viel Energie, Zeit und Geld in Musik? Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Entstehungstheorien,
und einige davon betonen die biologischen und sozialen Aspekte von Musik. Charles Darwin meinte z.B. im Rahmen
seiner Evolutionstheorie, dass sich Musik durch sexuelle Selektion entwickelt hat. Die motorischen und kognitiven
Fähigkeiten, die beim Musizieren notwendig sind, dienen dabei als Indikator für gute Gene und erhöhen
somit den Fortpflanzungserfolg. Dies ist vergleichbar mit dem Gesang von Vögel in der Paarungszeit. "Derzeit
gibt es nur wenige empirische Befunde, die Darwins Theorie zum Ursprung von Musik stützen. Wir wollten ein
neues experimentelles Paradigma anwenden, um die Rolle von Musik bei der Partnerwahl zu untersuchen", meint
Manuela Marin, Leiterin der Studie und ehemalige Mitarbeiterin des Instituts für Psychologische Grundlagenforschung
und Forschungsmethodik der Universität Wien.
In der aktuellen Studie untersuchten Marin und ihre KollegInnen den Einfluss von Musikerleben auf die subjektiven
Bewertungen von gegengeschlechtlichen Gesichtern. "Die Attraktivität des Gesichts ist eines der wichtigsten
körperlichen Merkmale, welche die Partnerwahl beeinflussen kann. Wir wollten herausfinden, wie Musik die Wahrnehmung
dieses Merkmales verändern kann", so Helmut Leder von der Fakultät für Psychologie der Universität
Wien. Da Musik vor allem vor der Technologisierung immer im Hier und Jetzt und meist im sozialen Kontext erlebt
wurde, ist es plausibel anzunehmen, dass Musik die visuelle Wahrnehmung von Gesichtern positiv beeinflussen könnte.
In ihrem Experiment präsentierten die WissenschafterInnen den heterosexuellen TeilnehmerInnen instrumentale
Musikausschnitte, die in Bezug auf ihren emotionalen Gehalt variierten, gefolgt von Bildern von einem gegengeschlechtlichen
Gesicht mit neutralem Gesichtsausdruck. Das Gesicht wurde in Bezug auf seine Attraktivität auf einer Skala
bewertet. Zudem wurde auch die Bereitschaft, diese Person zu daten, erhoben. In der Kontrollgruppe wurden nur Gesichter
ohne Musik präsentiert. Es gab drei Gruppen von TeilnehmerInnen: Frauen in der fruchtbaren Phase ihres Zyklus,
Frauen in der unfruchtbaren Phase ihres Zyklus und Männer. Diese Gruppen waren sich in ihren musikalischen
Vorlieben und ihrer musikalischen Ausbildung, sowie in ihrer Stimmung vor dem Experiment und in ihrem Beziehungsstatus
ähnlich. Die Resultate zeigten, dass Musik zu erhöhter Attraktivität von männlichen Gesichtern
und Bereitschaft zu einem Date bei Frauen führte. Die Zyklusphase hatte keinen großen Einfluss auf die
Bewertungen. Vor allem hocherregende und somit komplexe Musik führte zum größten Effekt im Vergleich
zur Kontrollbedingung. Bei Männern konnte dieser Effekt nicht nachgewiesen werden.
Diese Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten, die Rolle von Musik bei der Partnerwahl in Verbindung mit
Aspekten der körperlichen Attraktivität zu untersuchen. So gilt es z.B. zu klären, ob musikalische
Fähigkeiten und Kreativität Schwächen in Bezug auf körperliche Erscheinung und Fitness zum
Teil kompensieren können. Die Implikationen der Ergebnisse könnten weitreichend sein: "Die empirischen
Befunde, dass Musik die Kraft besitzt, menschliches Verhalten in Bezug auf die Partnerwahl zu beeinflussen, nehmen
zu. Aber wie kann man Darwins Theorie mit anderen biologischen und sozialen Theorien zur Entstehung von Musik in
Einklang bringen? Musik kann den sozialen Zusammenhalt fördern, und sie spielt auch eine Rolle in der Mutter-Kind
Beziehung. Bis wir diese Zusammenhänge verstehen, ist es noch ein weiter Weg", so Manuela Marin, mittlerweile
Mitarbeiterin am Institut für Psychologie der Universität Innsbruck.
Publikation in PLOS ONE
Marin, M. M., Schober, R., Gingras, B., & Leder, H. (2017). Misattribution
of musical arousal increases sexual attraction towards opposite-sex faces in females. PLoS ONE 12(9): e0183531.
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0183531
http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0183531
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