Wiener Auszeichnung für Sabine Derflinger
 und Berndt Anwander

 

erstellt am
22. 09. 17
12:00 MEZ

Regisseurin der Vorstadtweiber und Betreiber des VOLXkinos mit Goldenem Verdienstzeichen des Landes Wien ausgezeichnet
Wien (rk) - Mit Sabine Derflinger und Berndt Anwander ehrte die Stadt Wien am 21. September zwei Persönlichkeiten, die an unterschiedlichen Enden der Kunstform Film tätig sind. Als Regisseurin und Produzentin auf der einen und als Vermittler auf der anderen Seite“, sagte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny im Rahmen der Ehrenzeichenverleihung.

„Sabine Derflinger stellt starke Frauenfiguren in den Fokus ihres Schaffens, um das Leben möglichst lebensnah darstellen zu können. Mit Blick für das Wesentliche, mit großem Ernst, aber auch Humor und Schmäh“. Sie beziehe gesellschaftspolitisch Stellung und das in einem Metier, das nicht gerade von Frauen dominiert wird. Wien versuche über den Filmfonds Wien hier einzugreifen und den Frauenanteil zu heben.

„Berndt Anwander zeigt mit seinem Freiluft-Wanderkino Volxkino seit fast drei Jahrzehnten Filme mit Anspruch an verschiedenen Orten der Stadt – gratis und niederschwellig. Als Publizist, Raumplaner und Kulturmanager arbeitet er an der Schnittstelle zwischen Kunst und Stadtplanung und hat in dieser Stadt viel bewirkt“, so der Stadtrat.

„Berndt Anwander hat an verschiedenen Orten in der Stadt Lichtpunkte gesetzt, an denen er mit einer stadtplanerischen Herangehensweise anspruchsvolle Filme zeigt und die Stadt erforscht. Es sind meist Orte außerhalb des Gürtels, an den nichts los war. Die Filme und die Orte gehen eine Verbindung ein, die die Menschen freut“, so Bernd Kräftner, Lehrender an der Angewandten, in seiner Laudatio.

Berndt Anwander bedankte sich bei der Stadt Wien, dem Bund und seinen Sponsoren, ohne die ein Projekt wie das Volxkino nicht möglich wäre, sowie bei St(efanie) Balbach, der Schutzheiligen der Freiluftvorstellungen.

„Lustig, Scharf und mit einer politischen Dimension“, so zeichne sich das filmische Werk Sabine Derflingers aus, betonte Doris Priesching, Medienjournalistin des Standard und Obfrau der Medienjournalisten Österreichs, in ihrer Laudatio. Sabine Derflinger sei eine feministische Regisseurin und Drehbuchautorin und seit einiger Zeit auch Produzentin. In diesem Zusammenhang wies sie auch auf den in Film und Fernsehen klaffenden Gender Gap hin. Sie vermisse eine dementsprechende Diskussion in Österreich.

Sabine Derflinger freute sich über diese „sehr schöne Auszeichnung“, weil sie diese Stadt so mag. Sie bedankte sich bei ihrer Familie, ihren FreundInnen und Mitarbeiterinnen, die alle ins Rathaus zur Ehrung gekommen waren: „Mein ganzes Leben ist da“.

Biographie Berndt Anwander
Berndt Anwander wurde am 6. Jänner 1960 in Bregenz geboren. 1981 zog er nach Wien um und studierte Raumplanung an der Technischen Universität Wien.

Seit 1990 leitet er das VOLXkino, das einzige Open-Air-Wander-Kino Wiens und das erfolgreichste Wanderkino in Österreich. Ein Anliegen von „VOLXKino“ ist es, hochwertige Filme gratis zu den Menschen zu bringen. Zu diesem Zweck werden Plätze genutzt, an denen es nur wenig kulturelle Infrastruktur gibt, etwa große Gemeindebau-Anlagen, aber auch ungewöhnliche Orte wie etwa das Dach der Parkgarage des Westbahnhofs, der Naschmarkt, U-Bahn-Baustellen, Parks oder Bäder.

Darüber hinaus veröffentlichte Anwander im Falter-Verlag unter anderem Führer zu verschiedensten Wiener Themen, darunter „Beisln und Altwiener Gaststätten“ (1993), „Unterirdisches Wien“ (gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Reinagl, 1993), „Sex in Wien“ (gemeinsam mit Sigrid Neudecker, 1997), den „Wiener Museumsführer“ (1995), „Z'Wian si ... Das Servicehandbuch für alle Alemannen in Wien“ (gemeinsam mit Julia Ortner, 2001) oder „Wo der Wein wohnt“ (2002). In Kooperation mit Thomas Askan Vierich schrieb der Publizist 2015 die Krimi-Groteske „Praterglück“.

Biographie Sabine Derflinger
Sabine Derflinger wurde 1963 in Wels geboren. Ihr Einstieg in das Filmgeschäft erfolgte 1983, wo sie zunächst als Regieassistentin, später in verschiedenen anderen Positionen am Set, hauptsächlich aber als Produktionsassistentin, tätig war. 1991 begann Sabine Derflinger ein Studium an der Filmakademie Wien (Fachrichtungen Buch und Dramaturgie), das sie 1996 mit der Diplomarbeit „Filmerzählungen zwischen Epik & Dramatik“ abschloss.

Zu ihren Werken zählen das Drama „Es war einmal“, in dem sie sich mit den Auswirkungen der Katastrophe von Tschernobyl auseinandersetzte, die Dokumentarfilme „Geraubte Kindheit - und damit leben lernen“ über Kinder in einer betreuten Wohngemeinschaft, und „Achtung Staatsgrenze“ über Schubhäftlinge sowie „Die Rounder Girls“ (1999, ausgezeichnet mit dem Grünpreis Kultur).

Auch ihr erster abendfüllender Spielfilm „Vollgas" (2001), in dem sie die Geschichte einer Saisonkellnerin an einem Winterschiort erzählt, wurde mehrfach ausgezeichnet, 2004 drehte sie „Schnelles Geld", eine Dokumentation über junge wohnungslose Menschen in Wien, sowie den Spielfilm „Kleine Schwester", 2007 den Spielfilm “42plus“.

Seit der Jahrtausendwende wirkte Derflinger verstärkt auch für das Fernsehen. So führte sie neben mehreren „Tatort“-Folgen und bei „Vier Frauen und ein Todesfall“ Regie. Im Frühsommer 2014 übernahm Sabine Derflinger in der ORF-Serie „Vorstadtweiber", einem Portrait von fünf Ehefrauen aus der besseren Gesellschaft, die in ihren Vorstadtvillen langsam von der Realität eingeholt werden.

Sabine Derflinger erhielt 2012 den Wiener Frauenpreis in der Kategorie Film für ihre Auseinandersetzung mit Frauenschicksalen.

 

 

 

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