Klares Bekenntnis zur Kombination von umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Pensionen mit
starker staatlicher Grundsicherung; Digitalisierung als große Herausforderung.
Wien (skills) - Am 19. September fand in Wien die vierte jährliche Enquete zum heimischen Pensionssystem
statt. Die ARGE Zusatzpensionen – der Fachverband der Pensionskassen, der Verband der Versicherungsunternehmen
Österreichs VVO, die Plattform der betrieblichen Vorsorgekassen und die Vereinigung Österreichischer
Investmentgesellschaften (VÖIG) – hatte Spitzenpolitiker und international bekannte Wissenschafter geladen.
Vor zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft wurden Szenarien und Ansätze für
das österreichische Pensionssystem der Zukunft diskutiert. Einig waren sich die Vertreter aller politischen
Sichtweisen, vom ÖGB-Präsidenten bis zum deutschen Rentenexperten Bert Rürup: Österreich hat
und braucht ein stabiles Pensionssystem mit einer starken, staatlichen ersten Säule. Deren Zusammenwirken
mit betrieblichen und privaten Pensionsangeboten (2./3. Säule) als wichtige Ergänzungen soll durch die
Sozialpartner gestärkt werden. Herausforderungen der Zukunft liegen nicht nur in demographischen Änderungen,
sondern auch in der Digitalisierung vieler Fertigungsprozesse, Produkte und Geschäftsmodelle begründet.
„Das österreichische Pensionssystem ist großzügig, aber nicht nachhaltig, sprich mit langfristigen
Finanzierungsrisiken behaftet“, stellte der deutsche Wirtschaftswissenschafter Bert Rürup zu Beginn der Enquete
fest. Hinzu komme, dass „Seit Mitte der 1980er Jahre in den meisten Industrieländern ein trendmäßiger
Rückgang der Lohnquote und im Gegenzug ein Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Anteils der Vermögenseinkommen
zu beobachten ist – auch in Österreich. Vor diesem Hintergrund sollte es unstrittig sein, dass ein „gutes“
Altersvorsorgesystem nicht nur aus den Arbeitseinkommen, sondern aus allen Quellen des Volkseinkommens – und damit
auch aus den nationalen wie internationalen Kapitaleinkommen – finanziert werden sollte. Unter risikodiversifizierenden
Gesichtspunkten ist Alterssicherungssystemen, die aus einer Mischung von umlagefinanzierten und kapitalgedeckten
Pensionen bestehen, der Vorzug vor monistisch finanzierten Systemen zu geben“, so Bert Rürup.
„Sozialpartnerschaftlicher“ Konsens zur stabilen staatlichen Säule des Pensionssystems und zur Ergänzung
durch betriebliche und private Pensionsangebote
Dieser These konnte auch ÖGB-Präsident Erich Foglar etwas abgewinnen: „In einem demokratischen Sozialstaat
hat der Staat die Verantwortung der Alterssicherung als Kernaufgabe wahrzunehmen. Daher treten wir stets für
eine starke erste Säule des Pensionssystems ein, die Existenzsicherung und sozialen Ausgleich garantiert“,
erklärt Erich Foglar in seiner Visions-Rede bei der Enquete. „Wir bekennen uns aber auch zu einer ergänzenden
betrieblichen Altersvorsorge auf Basis sozialpartnerschaftlicher Vereinbarungen und zu einer zusätzlichen
privaten Pensionsvorsorge. Alle drei Säulen unseres Pensionssystems stehen vor allem im Zuge der zunehmenden
Digitalisierung vor großen Herausforderungen.“
Schweiz setzt seit langem auf Kombination von umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Pensionen
„Die Schweiz hat ihr Pensionssystem ähnlich wie in Deutschland und Österreich mit einer starken ersten
Säule aufgebaut, setzt aber seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts auch auf ein starkes (in der Schweiz
verpflichtendes) ergänzendes betriebliches Pensionssystem und fördert zudem private Vorsorge“, erklärt
Prof. Dr. Martin Eling, Direktor des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen.
„Die Kombination von umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Pensionen funktioniert bei uns sehr gut. Aber auch
die Schweiz steht immer wieder vor Herausforderungen, ihr Pensionssystem anzupassen und wird in wenigen Tagen wieder
über zentrale Aspekte dazu abstimmen.“
„Ein Dach über dem Kopf, eine noch bessere Innenausstattung und einen Balkon“
„Die erste Säule unseres Pensionssystems dürfen wir auch in Zukunft nicht schwächen. Sie muss
jedem ein Dach über dem Kopf sichern. Wenn es dazu für unser imaginäres Haus noch eine bessere Innenausstattung
und einen Balkon gibt – symbolisch die zweite und dritte Säule des Pensionssystems – dann ist das umso besser“,
erklärt SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. „Ich finde es gut, dass wir sozialpartnerschaftlich über
eine solide zweite und dritte Säule diskutieren können, ohne die erste Säule damit zu schwächen.“
Betriebliche und private Vorsorge als gute Ergänzung der staatlichen Pension
„Wir haben ein gutes Pensionssystem, das auf drei Säulen steht. Das Zusammenspiel dieser drei Säulen
unseres Pensionssystems ist ein klassisches Sozialpartner-Thema. Ich sehe betriebliche und private Vorsorge als
gute Ergänzung der staatlichen Pension. Diese ermöglicht es, dass die Menschen in Summe auch im Alter
gut leben können. Das im Rahmen von Kollektivvertragsverhandlungen zu unterstützen, kann ich nur befürworten“,
erklärt ÖVP-Abgeordneter Mag. Andreas Hanger.
Politischer Wille gefragt, ein Konzept für ein integriertes Drei-Säulen-Zukunftsmodell fernab von
ideologischen Debatten zu erarbeiten
„Ich freue mich, dass es uns als ARGE Zusatzpensionen gelungen ist, in guter österreichischer sozialpartnerschaftlicher
Gewohnheit einen Konsens zu finden, wie ein starkes österreichisches Pensionssystem in Zukunft aussehen kann:
Eine stabile staatliche Grundsicherung und gut ausgebaute ergänzende betriebliche und private Angebote. Seitens
unserer nächsten Bundesregierung, aber auch bei allen anderen Politikern und Sozialpartnern ist nun der politische
Wille gefragt, ein Konzept für ein integriertes Drei-Säulen-Zukunftsmodell fernab von ideologischen Debatten
zu erarbeiten“, erklärt Andreas Zakostelsky, Obmann des Fachverbandes der Pensionskassen, als einer der Veranstalter.
In sachlich offenem Dialog den besten Weg zu einem zukunftssicheren Pensionssystem definieren
„Trotz der derzeit recht emotional geführten Wahlkampf Auseinandersetzungen ist es uns bei der diesjährigen
Enquete gelungen, über alle Parteigrenzen hinweg in einem sachlich, offenen Dialog über den besten Weg
zu einem zukunftssicheren Pensionssystem zu debattieren. Wenn dieser Dialog und die zahlreichen internationalen
Erkenntnisse des heutigen Tages Anregungen für künftige Pensionsreformen bieten, können alle Österreicherinnen
und Österreicher auch in Zukunft Vertrauen in ihr Pensionssystem haben“, so Manfred Rapf, Sektion Lebensversicherung
VVO.
Politik und Wirtschaft in der Verantwortung, am Pensionssystem der Zukunft mitzugestalten
„Die Österreicherinnen und Österreicher sehen Politik und Wirtschaft in der Verantwortung, am Pensionssystem
der Zukunft mitzugestalten. Neben einer stabilen staatlichen Pension erwartet sich die Mehrheit der Bevölkerung,
dass auch Arbeitgeber einen Beitrag zur Zusatz-Pensionsvorsorge leisten – das wissen wir aus aktuellen Umfragen“,
so Andreas Csurda, Vorstandsvorsitzender der Plattform der Betrieblichen Vorsorgekassen. „Die Betrieblichen Vorsorgekassen
werden sich hier auch in Zukunft stark einbringen und eine wichtige Rolle übernehmen.“
Ziel aller Beteiligten, Herrn und Frau Österreicher den Vorsorge-Gedanken näher zu bringen
„Das klare Bekenntnis zu betrieblicher und privater Pensionsvorsorge als Ergänzung der staatlichen Pension
ist ein großer Schritt in der heimischen Debatte zur Weiterentwicklung des Pensionssystems“, erklärt
Heinz Bednar, Präsident der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften. „Es muss das Ziel
aller Beteiligten sein, Herrn und Frau Österreicher den Vorsorge-Gedanken näher zu bringen und somit
das persönliche Engagement für zusätzliche Pensionsvorsorge zu stärken“.
Die Arbeitsgemeinschaft Zusatzpensionen umfasst alle Anbieter der privaten und der betrieblichen Pensionsvorsorge
in Österreich. Das sind der Fachverband der Pensionskassen, der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs
(VVO), die Plattform der betrieblichen Vorsorgekassen und die Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften
(VÖIG).
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Zusatzpensionen vertreten gemeinsam ein veranlagtes Volumen von deutlich
mehr als 200 Milliarden Euro. Ziel der Arbeitsgemeinschaft ist es, konkrete Optionen sowie notwendige Neuerungen
aufzuzeigen, sowie gesetzliche Rahmenbedingungen zu verbessern, um das heimische Pensionssystem gesamtheitlich
und nachhaltig auf hohem Niveau zu sichern. Im Mittelpunkt steht dabei stets eine substanzielle Ergänzung
der staatlichen Pension, keinesfalls aber eine Konkurrenz oder gar ein Ersatz des staatlichen Systems.
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