Leidersbach/Melk/Salzburg (universität) - Am 3. Oktober 2017 vergibt das Zentrum Theologie Interkulturell
und Studium der Religionen der Universität Salzburg zum vierten Mal den Erwin Kräutler-Preis. Er geht
heuer an die Theologen Sebastian Pittl (IWM St. Georgen) und Stefan Silber (Universität Osnabrück). Der
nach dem aus Österreich stammenden römisch-katholischen Ordensgeistlichen, langjährigen Bischof
von Xingu/Brasilien und alternativen Nobelpreisträger benannte Preis honoriert wissenschaftliche Arbeiten
in den Themenbereichen, die mit dem Engagement von Bischof Kräutler verbunden sind.
Erwin Kräutler wird bei der Preisverleihung am Dienstag, 3. Oktober um 18 Uhr im Hörsaal 101 der Katholisch-Theologischen
Fakultät, Universitätsplatz 1, Salzburg, die Grußworte sprechen. Das Zentrum Theologie Interkulturell
und Studium der Religionen vergibt den „Erwin Kräutler-Preis für kontextuelle Theologie und interreligiösen
Dialog“ seit 2011 alle zwei Jahre. Er ist mit 3000 Euro dotiert.
Mit Salzburg ist Erwin Kräutler (geb. 1939 in Koblach, Vorarlberg) vielfach verbunden. Hier studierte er Theologie
und Philosophie, im Salzburger Dom wurde er 1965 zum Priester geweiht. Im Jahr 2009 erhielt er für sein beispielhaftes
pastorales und soziales Wirken die Ehrendoktorwürde der Universität Salzburg, ein Jahr bevor er für
seinen Einsatz für die Menschenrechte der Indios und die Erhaltung des tropischen Regenwaldes im Amazonas-Gebiet
mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
Kräutler gehört zu jenen Bischöfen Südamerikas, die die „Option für die Armen“ vertreten.
Weder eine Festnahme durch die Militärpolizei, bei der er zusammengeschlagen wurde, noch ein Mordanschlag,
bei dem Kräutler durch einen Autounfall schwer verletzt wurde (1987), noch mehrfache Morddrohungen aufgrund
seines Widerstands gegen das Staudammprojekt Belo Monte und seiner Anklagen einflussreicher Personen im Zusammenhang
von sexuellem Missbrauch bzw. Prostitution von Kindern und Jugendlichen konnten ihn von seiner gelebten Option
für die Armen abhalten. Die Option für die Armen steht im Mittelpunkt der Befreiungstheologie.
Die Preisträger
Dr. Sebastian Pittl wurde 1984 in Melk/Niederösterreich geboren. Er studierte Psychologie, Philosophie und
Theologie in Wien und Madrid. 2016 promovierte er an der Universität Wien mit einer Arbeit über die Geschichtstheologie
des salvadorianischen Theologen und Philosophen Ignacio Ellacuria. Seit 2015 ist Sebastian Pittl für den Forschungsbereich
Interkulturelle Theologie am Institut für Weltkirche und Mission an der Philosophisch-Theologischen Hochschule
St. Georgen (Frankfurt) verantwortlich.
„Sebastian Pittl hat durch seine systematisch-theologische Dissertation das Denken eines der markantesten und intellektuell
profiliertesten Denkers der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, des 1989 von rechtsgerichteten Todesschwadronen
ermordeten Philosophen Ignacio Ellacuría SJ, profund analysiert und auf seine gegenwärtige Relevanz
hin durchleuchtet“, sagt Professor Franz Gmainer-Pranzl, Leiter des Zentrums Theologie Interkulturell und Studium
der Religion an der Universität Salzburg. Gmainer-Pranzl ist einer der Initiatoren des Erwin-Kräutler-Preises
und Mitglied der Jury, die den Preis vergibt.
PD Dr. Stefan Silber wurde 1966 in Leidersbach bei Aschaffenburg geboren. Er studierte in Würzburg und Cochabamba
(Bolivien) katholische Theologie und ist als Privatdozent an der Universität Osnabrück tätig. Einer
seiner theologischen Schwerpunkte sind aktuelle Entwicklungen der lateinamerikanischen Befreiungstheologie.
„Stefan Silber hat durch seine Habilitationsarbeit „Pluralität, Fragmente, Zeichen der Zeit. Aktuelle fundamentaltheologische
Herausforderungen aus der Perspektive der lateinamerikanischen Theologie der Befreiung“ (Universität Osnabrück,
2015) einen breiten Überblick über die (Weiter-)Entwicklung der Befreiungstheologie gegeben und dabei
auch wichtige Themen der Gegenwart wie zum Beispiel die Urbanisierung behandelt. Außerdem gibt Stefan Silber
seit mehreren Jahren den „Befreiungstheologischen Rundbrief“ heraus, mit dem er alle an Befreiungstheologie Interessierten
vernetzt und informiert.“ So Franz Gmainer-Pranzl zur Vergabe des Erwin-Kräutler-Preises an Stefan Silber.
Der Erwin Kräutler Preis für kontextuelle Theologie und interreligiösen Dialog möchte junge
WissenschaftlerInnen fördern, die sich mit jenen Themen auseinandersetzen, für die sich Erwin Kräutler
engagiert wie zum Beispiel Befreiungstheologie, Friede, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung.
Die Vergabe dieses Preises, die erstmals im Jahr 2011 erfolgte, ist eine Folge der Vergabe des Ehrendoktorats der
Universität Salzburg an Bischof Erwin Kräutler am 7.10.2009. Seine Verbindung von christlicher Glaubenshaltung
und gesellschaftlichem Engagement, von Mystik und Politik ist ein Kennzeichen der Befreiungstheologie, die - so
Gmainer-Pranzl - am Zentrum Theologie Interkulturell und Studium der Religionen eine wichtige Rolle spielt. Ende
September 2017 erscheint der Band „Theologie der Befreiung heute“ (hrsg. von Franz Gmainer-Pranzl, Sandra Lassak
und Birgit Weiler, der ersten Preisträgerin).
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