Wiener ForscherInnen entdecken
 die „Sprache der Stammzellen“

 

erstellt am
19. 09. 17
13:00 MEZ

Wien (med-uni) - Stammzellen kontrollieren die Zellen in ihrer Umgebung und veranlassen sie, bestimmte Funktionen zu übernehmen. Dieses weltweit nun erstmals entdeckte Phänomen der „Sprache der Stammzellen“ beschreiben die WissenschafterInnen des Teams von Markus Hengstschläger vom Institut für Medizinische Genetik an der MedUni Wien in ihrer soeben in dem Top-Journal Nature Communications erschienenen Veröffentlichung.

Die AutorInnen konnten zeigen, dass humane pluripotente Stammzellen mit anderen Zellen kommunizieren, indem sie Signalproteine aussenden. Diese Signale aktivieren Zellen aus dem naheliegenden Gewebe, ihren Ort zu verlassen, durch den Körper zu wandern (Invasion), um schließlich an anderen Stellen bestimmte Funktionen auszuüben. „Es ist sehr faszinierend zu beobachten, wie groß die durch die Stammzellen ausgelösten Veränderungen auf die Zellen des Organismus sind“, meint Margit Rosner, die Erstautorin der Publikation.

In dutzenden internationalen klinischen Studien wird gerade versucht, über den Einsatz solcher Stammzellen neue Therapien für etwa Herzinfarkt, Krebs, neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer, Diabetes oder auch für eine Vielzahl verschiedener seltener genetischer Erkrankungen zu entwickeln. Das Grundprinzip dabei ist, aus diesen Stammzellen im Labor ganz gezielt bestimmte Zellen des Menschen herzustellen (Herzmuskelzellen, Nervenzellen, Inselzellen etc.) um diese dann dem Patienten/der Patientin zu transplantieren mit der Hoffnung geschädigte Gewebe bzw. Organe dadurch zu regenerieren und ihre Funktion wieder herzustellen. Ein altbekanntes und bisher ungelöstes Problem dabei ist allerdings, dass pluripotente Stammzellen auch Tumore bei den PatientInnen bilden können.

Die ForscherInnen der MedUni Wien konnten jetzt erstmals zeigen, dass Stammzellen über ihre eigene „Sprache“ normale Zellen aus dem umliegenden Gewebe des Körpers anlocken müssen, um überhaupt solche Tumore bilden zu können. Die als Nebeneffekte der Stammzelltherapie so gefürchteten Tumore sind also immer eine Symbiose zwischen den Stammzellen selbst und rekrutierten Zellen aus dem umliegenden normalen Gewebe. Den AutorInnen ist es in dieser Studie außerdem gelungen, den zugrundeliegenden molekularen Mechanismus zu entschlüsseln. „Wir konnten zeigen, dass das Blockieren dieses Mechanismus die Entstehung von Stammzelltumoren effizient hemmen kann“, so Markus Hengstschläger, Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik. Die Entdeckung dieser bisher unbekannten Eigenschaft von Stammzellen und ihrer Bedeutung stellt einen wichtigen Schritt in Richtung der sicheren therapeutischen Anwendung von pluripotenten Stammzellen am Menschen dar.

Nature Communications
Rosner M., Pham H.T., Moriggl R., Hengstschläger M. (2017): Human pluripotent stem cells alter the invasive properties of somatic cells via paracrine activation of mTOR complex 1. Nature Communications DOI: 10.1038/s41467-017-00661-x.

 

 

 

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