Neues EU-Projekt untersucht Darstellung von Beschuldigten in den Medien
Brüssel/Wien (universität) - Wie hält es Europa mit der Unschuldsvermutung? Wie werden Menschen,
die eines Verbrechens beschuldigt werden, in der Öffentlichkeit, im Gerichtssaal und generell in den Medien
dargestellt? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein neues EU-Projekt der Kommunikationswissenschafterin Katherine
Sarikakis vom Media Governance & Industries Research Lab der Universität Wien.
In den kommenden zwei Jahren werden unter der Leitung des Hungarian Helsinki Committee (HHC) verschiedene internationale
Partner mit der Universität Wien zusammenarbeiten, um zur korrekten Implementierung der EU-Richtlinie 2016/343
beizutragen. Dazu soll das Wissen über das Konzept der Unschuldsvermutung gesteigert werden. "Wir werden
Good-Practice Leitfäden für Medienschaffende entwickeln und versuchen, Behörden, Medien und die
Öffentlichkeit im Hinblick auf die Wichtigkeit der Art der Darstellung von Angeklagten zu sensibilisieren",
erklärt Katherine Sarikakis.
"Viele der ungefähr 80 Millionen Personen, die jedes Jahr in der Europäischen Union zu Verdächtigten
werden, können von diesem Projekt profitieren: Denn es fördert und fordert mehr Respekt, insbesondere
auf Seiten der Medien, gegenüber der Unschuldsvermutung – diese stellt einen wichtigen Eckpfeiler eines jeden
demokratischen Justizsystems dar", so Sarikakis weiter.
Laut EU-Gesetzen müssen Mitgliedsstaaten dafür sorgen, dass Verdächtigte und Beschuldigte weder
in Gerichtssälen noch in der Öffentlichkeit als schuldig dargestellt werden, z.B. durch die Benutzung
von physischen Einschränkungen wie Handschellen, gläserne Kästen und Fußfesseln.
Im laufenden Projekt wird eine internationale Komparativanalyse erarbeitet, aber auch eine soziologische Test-Umfrage
analysiert sowie nationale Gerichtsberichte. Eine Datenbank mit "Good Practice-Beispielen" und Toolkits
für Gerichte und Medien sollen helfen, aufklärend zu wirken.
Das Projekt "Die Bedeutung von Darstellung: Wie Verdächtigte und Beschuldigte in Gerichtssälen,
in der Öffentlichkeit und in den Medien präsentiert werden" wird durch das "Gerechtigkeits-Programm"
(2014-2020) der Europäischen Union finanziert. Weitere Partner sind Aditus, Fair Trials Europe, Human Rights
House Zagreb, Mertek und Rights International Spain.
Das Media Governance & Industries Research Lab an der Universität Wien wurde 2011 gegründet und befasst
sich mit der Analyse medialer Prozesse und Herausforderungen im Hinblick auf Demokratie, Menschenrechte und das
"citizenship"-Konzept.
Das HHC ist eine Nichtregierungsorganisation, die 1989 gegründet wurde, um die Einhaltung der Rechte, die
in internationalen Menschenrechtsinstrumenten garantiert werden, zu überwachen. Darüber hinaus ist es
dem HHC ein Anliegen, juristische Verteidigung von Opfern von Misshandlungen zu gewährleisten, und die Öffentlichkeit
über Verstöße zu informieren.
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