Domschitz: Trockener Sommer macht österreichischen Weizen und Roggen zur Mangelware
Wien (die lebensmittel) - Die Börse für landwirtschaftliche Produkte Wien stellt fest: 2017 ist
ein besonders herausforderndes Jahr für Getreideverarbeiter, denn so unterschiedlich wie heuer seien die Erntemengen
und Qualitäten in Europa noch nie ausgefallen. Der Osten Europas fuhr rekordverdächtige Erträge
ein, in der Mitte Europas – in Österreich, Tschechien, der Slowakei, Westungarn, Süddeutschland, aber
auch Italien – fiel die Ernte denkbar gering aus. In Westeuropa hat Frankreich sowohl starke Erträge als auch
Qualitäten eingebracht. Zusätzlich beeinflussten Trockenheit auf der Pyrenäenhalbinsel und extremer
Regen entlang der Nord- und Ostseeküste von Deutschland über Polen ins Baltikum die heurige Getreideernte.
Die globale Versorgungslage bei Getreide dürfte aber gesichert sein.
In Österreich schrumpft die heurige Getreideernte auf ein Rekordtief
Laut Agrarmarkt Austria schrumpfte die österreichische Anbaufläche für Getreide im Wirtschaftsjahr
2016/2017 um rund 23.000 ha (ca. -4 %) auf ein Rekordtief. Ein früher Wintereinbruch, Trockenheit und Hitzewelle
haben sich negativ auf das Wachstum der Winterweizenkulturen ausgewirkt und das Ertragspotenzial beeinträchtigt.
Zudem war die heurige Saison durch eine Verschiebung der angebauten Kulturen geprägt und so reduzierte sich
der für Österreich wichtige Weichweizenanbau um ca. 16.000 ha. Das bedeutet den tiefsten Stand seit 2003.
Weizen bleibt aber - trotz deutlicher Unterversorgung - nach wie vor das meistangebaute Getreide in Österreich.
Heimischer Mahlweizen und Roggen werden zur Mangelware
Bei Weichweizen beläuft sich das Ertragsergebnis um ca. 22 % unter jenem des Vorjahres. Trotz der nicht
optimalen Witterungsbedingungen konnte österreichweit allerdings eine sehr hohe Qualitätsverteilung (proteinstarke
Weizenernte) eingebracht werden. Nach Auswertung der Ernteziffern ist laut Börse für landwirtschaftliche
Produkte Wien davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der geernteten Mengen den für eine Vermarktung
als Premiumweizen vorgesehenen Proteinwert von min. 15 % erreichen wird. Daneben stehen geringe Mengen an Qualitätsweizen
mit einem Proteingehalt von min. 14 % für den Verkauf im Inland und für den Export zur Verfügung.
Mahlweizen mit niedrigeren Proteinwerten ist in diesem Jahr in Österreich absolute Mangelware.
Roggen verlor weiter an Anbaufläche und liegt mittlerweile rund 30 % unter der Fläche des Jahres 2014.
Zusätzlich ist die österreichische Ertragssituation der Roggenernte 2017 witterungsbedingt um rund 25
% geringer als im Vorjahr ausgefallen. Damit wird bei Roggen eine deutliche Unterversorgung österreichischer
Herkunft um mehr als 30.000 Tonnen befürchtet.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Eigenversorgung mit österreichischem Getreide nicht mehr gegeben.
Das führt zu einer negativen Getreideversorgungsbilanz mit weiter steigendem Importbedarf.
Börsennotierungen für Getreide zeigen „all-time high“
Während die globalen Börsennotierungen für Weizen an der weltältesten Terminbörse
Chicago Board of Trade (CBoT) und der Börse Euronext mit einem Plus von 7,3 % bzw. 3,1 % im Vergleich zum
Vorjahr relativ moderat stiegen, zeigt sich am österreichischen Kassamarkt bzw. an der Börse für
landwirtschaftliche Produkte Wien ein gänzlich anderes Bild: die durchschnittlichen Notierungen der Ernte
2017 - im Vergleichszeitraum Mitte Juli bis 27. September - verzeichnen bei hochwertigem Premiumweizen ein Plus
von 11,2 %, bei Qualitätsweizen ein Plus von 14,8 % und bei Mahlweizen sowie Roggen eine Erhöhung um
fast 30 % gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres.
Die relativ moderaten internationalen Notierungen (Euronext und CBoT) sind vor allem dem starken EURO bzw. dem
schwachen US$ geschuldet. Die großen Exportländer wie Russland und Ukraine handeln wie auch die USA
in US$. Die Euro-Notierungen von Weizen müssen folglich mit den amerikanischen Notierungen mithalten, um international
wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die derzeitige Situation bei österreichischer Rohware – primär Mahlweizen und Roggen - stellt die österreichische
Mühlenindustrie vor große Herausforderungen. Alleine durch die deutlich höherwertigere Qualitätsverteilung
nach oben bzw. zu proteinstärkeren Weizenpartien zeigen die Notierungen ein „all-time high“-Niveau gegenüber
dem Vorjahr. Aktuell müssen Abnehmer von österreichischem Getreide - um überhaupt Ware in ausreichender
Menge kaufen zu können - in allen Qualitätssegmenten mit erheblich höheren Kosten als im Vorjahr
rechnen.
Über die österreichische Lebensmittelindustrie und den Verband der Mühlenindustrie
Die Lebensmittelindustrie ist eine der größten Branchen Österreichs. Sie sichert im Interesse
der Konsumenten tagtäglich die Versorgung mit sicheren, qualitativen und leistbaren Lebensmitteln. Die rund
200 Unternehmen mit ihren 26.000 Beschäftigten erwirtschafteten im Jahr 2016 ein Produktionsvolumen von 8,1
Mrd. €. Über 60 % davon werden in 180 Länder rund um den Globus exportiert. Zur heimischen Lebensmittelwirtschaft
zählt auch die Mühlenindustrie. Die Unternehmen verarbeiten Getreide (primär Weichweizen und Roggen)
zu Mehl und Mehlmischungen für Endverbraucher und die Hersteller von Lebensmittel. Der Verband der Mühlenindustrie
unterstützt seine Mitglieder durch Information, Beratung und internationale Vernetzung.
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