Schon bisher hat Tenio Popmintchev mit dem Institut für Photonik der TU Wien kooperiert
– nun kommt er, ausgestattet mit einem hochdotierten ERC-Grant, nach Wien.
Brüssel/Wien (tu) - Ein „neues Zeitalter für Röntgenlaser“ möchte Prof. Tenio Popmitchev
einläuten. Immer wieder machte der Forscher an der Universität San Diego (Kalifornien) und vorher auch
an der University of Colorado at Boulder mit spektakulären Erfolgen auf sich Aufmerksam - beispielsweise mit
einem Experiment, bei dem sein Team gemeinsam mit der TU Wien über 5000 Lichtteilchen niedriger Energie zu
einem energiereichen Röntgenlichtteilchen vereinte. Nun wurde Tenio Popmintchev mit einem der hochdotierten
ERC Starting-Grants des European Research Councils ausgezeichnet. Das ERC-Projekt wird an der TU Wien verankert
sein, seine Zeit wird Popmintchev nun abwechselnd auf zwei Kontinenten verbringen – in Wien und in San Diego.
Laserlicht aus Röntgenstrahlen
Der erste Laser, der jemals gebaut wurde, leuchtete rubinrot. Mittlerweile gibt es viele unterschiedliche Arten
von Festkörperlasern, die aus unterschiedlichen Materialien bestehen und unterschiedliche Lichtfarben aussenden.
Um Laserstrahlen in extrem kurzwelligen Frequenzbereichen zu erzeugen – etwa Röntgen-Laserstrahlung – muss
man allerdings auf ganz besondere physikalische Phänomene zurückgreifen.
Eine Möglichkeit ist die Erzeugung von sogenannten „höheren Harmonischen“, diese Methode wird sowohl
von Tenio Popmintchev als auch am Institut für Photonik (Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik,
TU Wien), angewandt. Wenn man einen intensiven Laserpuls auf ein passendes Target schießt, kann man erreichen,
dass dieses Target seinerseits Laserstrahlung aussendet – und zwar mit einer deutlich kürzeren Wellenlänge
als der ursprüngliche Laserpuls.
Erklären lässt sich das nur auf atomarer Skala: Der Laserpuls entreißt den Atomen im Target ein
Elektron, das Elektron wird dann im elektrischen Feld des Laserpulses beschleunigt und kehrt dann mit erhöhter
Energie zu seinem Atom zurück. Wenn das Elektron sich dann wieder mit dem Atom vereint, können dabei
Photonen ausgesandt werden, deren Energie ein Vielfaches der Photonen im ursprünglichen Laserpuls beträgt.
Das Elektron nimmt auf seiner Reise eine große Zahl von Photonen auf und wandelt es schließlich in
ein Photon mit hoher Energie und kurzer Wellenlänge um.
Mit dieser Technik sind in den letzten Jahrzehnten immer wieder aufsehenerregende Rekorde aufgestellt worden. Tenio
Popmintchev ist es gelungen, diese Methode weiterzuentwickeln und so Röntgen-Laserpulse zu erzeugen. Normalerweise
benötigt man für die Erzeugung intensiver Röntgen-Laserstrahlen riesige Anlagen, nun ist das auch
mit einem Versuchsaufbau möglich, der auf einen großen Tisch passt.
Auf den Takt kommt es an
Entscheidend dabei ist, die einzelnen Lichtteilchen dazu zu bringen, genau im selben Takt zu schwingen, damit
sie sich nicht gegenseitig stören sondern sich zu einem hellen, intensiven Lichtstrahl vereinen – man spricht
von „Phase Matching“. Man kann das in manchen Fällen durch die Sorgfältige Auswahl von Material und Druck
des Targets erreichen.
„Diese stabile Phasenbeziehung zwischen den Photonen des treibenden Lasers und den Photonen der emittierten Röntgenstrahlung
ist ganz wesentlich, um die Laser-Eigenschaften der ursprünglichen Strahlung auf das Licht der letztlich emittierten
Strahlung zu übertragen“, sagt Tenio Popmintchev. „Anstatt einer simplen Röntgen-Glühbirne, die
ihre Strahlung in alle Richtungen abgibt wie eine gewöhnliche Röntgenröhre, haben wir also Röntgenstrahlen,
die mit geringer Divergenz in eine ganz bestimmte Richtung geschickt werden.“
„Außerdem erlaubt diese Technik, Röntgenstrahlen zu designen, die spezielle spektrale, örtliche
oder zeitliche Eigenschaften haben. Man kann maßgeschneiderte Quanten-Eigenschaften erzeugen, die keine klassische
Entsprechung haben – ein Niveau an Kontrolle, das in einer Röntgenröhre undenkbar wäre. Und es wird
augenblicklich erzielt, direkt in dem Moment, in dem die Röntgenstrahlen entstehen, einfach indem man die
Elektronen kontrolliert, ohne irgendwelche Nachbearbeitung“, sagt Popmintchev.
Wo die physikalischen Grenzen dieser Techniken liegen, ist heute noch nicht klar. Am Institut für Photonik
der TU Wien wird Tenio Popmintchev verschiedene Weiterentwicklungsideen kombinieren und die Grenzen des Machbaren
ausloten. Einige der ganz besonderen Laser, die an der TU Wien entwickelt werden, sollen für die Produktion
von bisher unerreichten Laserpuls-Intensitäten und Wellenlängen genutzt werden.
Tenio Popmintchev wurde 1977 in Bulgarien geboren. Er studierte Theoretische Physik an der Universität Sofia,
sein Doktorat über experimentelle Atom-, Molekül-, und optische Physik schloss er dann an der University
of Colorado at Boulder ab. Heute arbeitet er als Assistenzprofessor an der UC San Diego. Ab Sommer 2017 wird er
die Hälfte seiner Zeit in San Diego, die andere Hälfte an der TU Wien verbringen. Das ERC-Projekt wird
an der TU Wien durchgeführt, mit Unterstützung aus San Diego. Eng zusammenarbeiten wird Popmintchev hier
auch mit Prof. Andrius Baltuska, der bereits im Jahr 2011 mit einem ERC-Grant für Laserforschung ausgezeichnet
wurde.
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