Wien (rk) - Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny überreichte am 4. Oktober im Wiener Rathaus das
„Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien“ an Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds
der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, und an den Verleger und Fotografen Lois Lammerhuber,
„zwei Persönlichkeiten, die die Vielfalt und den Reichtum des Geistes- und Kulturlebens unserer Stadt repräsentieren“.
Zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Kunst sowie FreundInnen und Familienangehörige waren gekommen,
um den Geehrten zu gratulieren, darunter Israels Botschafterin Talya Lador-Fresher, Anna Elisabeth Haselbach, Präsidentin
des Bundesrates a.D., BM a. D. Josef Ostermayer, die StadträtInnen Sandra Frauenberger, Maria Vassilakou und
Michael Ludwig sowie Käthe Sasso, Widerstandskämpferin und Zeitzeugin.
„Bei den Ehrengästen gemeinsam ist der Mut, sich auf Neues einzulassen“, betont Wiens Kulturstadtrat Andreas
Mailath-Pokorny im Rahmen der Feierstunde. „Lois Lammerhuber hat sich auf das Abenteuer eingelassen, einen Verlag
mit hohem Qualitätsanspruch zu gründen. Mit seinen präzisen und inspirativen Fotos sowie seinen
Publikationen produziert er eine neue Sicht auf die Welt.“
„Hannah Lessing hat mit dem Nationalfonds eine Aufgabe übernommen, die es in dieser Form noch nicht gegeben
hat. Bis 1995 gab es in Österreich keine nachhaltige und strukturelle Stelle, die sich mit den Opfern des
Nationalsozialismus auseinandersetzt. Hannah Lessing hat diese Aufgabe mit Einsatz und Empathie übernommen.
Heute ist sie das Gesicht und die Botschafterin eines neuen Wien“, so Mailath.
„Das hätte schief gehen können“, zitierte Nationalratspräsidentin Doris Bures Hugo Portisch in ihrer
Laudatio, als dieser von der Einrichtung des Nationalfonds hörte. Es schien eine nicht zu bewältigende
Aufgabe. Wiedergutmachung, wissend, dass nichts gut zu machen sei. Hannah Lessing jedoch war mit ihrem familiären
Hintergrund die Idealbesetzung. „Mit Mut, Professionalität und Beharrlichkeit, aber auch mit Charme und Leichtigkeit
stellte sie sich dieser Herausforderung. Dabei stehen immer die Überlebenden im Mittelpunkt. Für viele
Überlebende im Ausland ist Hannah Lessing Leuchtturm und Symbol für die wiedergewonnene Heimat. Mit beständigem
Einsatz ist es ihr gelungen, in zwei Jahrzehnten in den Köpfen und Herzen etwas zum Besseren zu verändern“,
so Bures.
„Das hätte schief gehen können“, so auch der Laudator Peter-Matthias Gaede, ehemaliger Chefredakteur
des Magazins GEO, zur Initiierung eines Fotopreises für den Frieden durch Lois Lammerhuber. Berichteten doch
die Medien lieber von blood, sweat and tears. Doch alles, was Lammerhuber angreife, gelänge: „Lois Lammerhuber
ist ein Bergversetzer, Erfinder, Phantast, Träumer, Romantiker, Menschenfreund, Genießer, Schlitzohr,
Unternehmer, Österreicher, Nimmermüder und vieles mehr“. Neben seinem Verlag leite er auch den Österreichteil
von GEO, für das er herausragende Fotoreportagen geschaffen habe.
Hannah Lessing gedachte in ihren Dankesworten ihrer Großmutter Margit Lessing, die vor 75 Jahren vom Wiener
Apsangbahnhof deportiert und in Auschwitz ermordet wurde. „Sie ist es, warum ich diese Arbeit jeden Tag von ganzem
Herzen mache.“ Darüber hinaus bedankte sie sich bei der Stadt für die Aufarbeitung des Nationalsozialismus:
„Es ist beeindruckend, wieviel Raum die Stadt diesem Thema gibt. Wien macht sehr viel für die Überlebenden
und war von Anfang an ein wichtiger Partner des Nationalfonds.“ Durch ihre Arbeit werde ihr jeden Tag bewusst,
wie zerbrechlich Demokratie sei.
Lammerhuber betonte in seiner Dankesrede die große Klammer, die Wien ausmacht: „Es ist unglaublich, was unter
diesem Dach Platz hat“. Mit dem Preis für Friedensfotografie sei Wien der richtige Absender in die Welt.
Biographie Hannah Lessing
Hannah Miriam Lessing wurde 1963 in Wien geboren. Ihr Vater ist der Fotograph Erich Lessing, der nicht zuletzt
mit seinem legendären Staatsvertragsfoto – Leopold Figl zeigt im Kreis der alliierten Außenminister
vom Balkon des Belvederes aus den Österreicherinnen und Österreichern den Staatsvertrag – berühmt
wurde.
Im September 1995 wurde sie zur Generalsekretärin des neu geschaffenen Nationalfonds der Republik Österreich
für Opfer des Nationalsozialismus ernannt. Der Fonds drückt die besondere Verantwortung der Republik
Österreich gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus aus und erbringt Leistungen an NS-Opfer, insbesondere
an Personen, die keine oder eine unzureichende Leistung erhielten, die in besonderer Weise der Hilfe bedürfen
oder bei denen eine Unterstützung auf Grund ihrer Lebenssituation gerechtfertigt erscheint.
Seit Mai 2001 leitet sie auch den Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus.
Dieser Fonds entstand zur umfassenden Lösung offener Fragen der Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus
für Verluste und Schäden, die als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen während der Zeit
des Nationalsozialismus entstanden sind. Dazu kam im Dezember 2010 noch die Leitung des zu diesem Zeitpunkt geschaffenen
Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich. Über einen Zeitraum von 20
Jahren sollen mit Unterstützung dieser Einrichtung insgesamt mehr als 60 jüdische Friedhöfe in ganz
Österreich vor dem Verfall bewahrt werden.
Biographie Lois Lammerhuber
Lois Lammerhuber wurde 1952 in St. Peter in der Au (Bezirk Amstetten) geboren. Nach seiner Ausbildung erfüllte
er sich einen großen Traum: Er bereiste zwei Jahre lang die Panamericana, ein tausende Kilometer langes Schnellstraßensystem,
das Alaska mit Feuerland verbindet. Diese Reise war auch der Beginn seiner autodidaktischen Beschäftigung
mit der Fotographie. 1984 begann seine enge Zusammenarbeit mit der Zeitschrift GEO, die bis heute andauert. Seit
1994 ist er für den Österreich-Teil des Magazins GEO verantwortlich.
1996 gründete Lammerhuber den in Baden bei Wien ansässigen Verlag Edition Lammerhuber, die sich besonders
um die Publikation fotographisch anspruchsvoller Werke bemüht.
Zahlreiche von Lammerhuber herausgegebenen und/oder illustrierten Bücher haben Wien-Bezug, wie zum Beispiel
„125 Jahre Die Graphische“ (2013), „Wiener Hofburg. Metamorphosen einer Kaiserresidenz“ (2010), „Wiener Parks,
Wiener Gärten“ (2010), „Wiener Staatsoper. Eine Hommage an das Haus am Ring“ (2009), „Wiener Wein“ (2007),
„Wiener Wälder“ (2005).
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