Fehler bei Beschlussausfertigung machte neuerliche Abstimmung erforderlich
Wien (pk) - Das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 hat am 4. Oktober auch im zweiten Anlauf eine Mehrheit
im Nationalrat erhalten. Das Gros der Abgeordneten stimmte nach kurzer Debatte für den von SPÖ und ÖVP
eingebrachten Gesetzentwurf. Damit könnte das parlamentarische Verfahren noch diese Woche abgeschlossen werden.
Inhaltlich entspricht der Antrag dem bereits im Juni vom Nationalrat gefassten Beschluss, aufgrund eines formalen
Fehlers im Zuge der Beschlussausfertigung war allerdings eine neuerliche Abstimmung notwendig.
Zentrales Ziel des Gesetzespakets ist die raschere Außerlandesbringung bzw. freiwillige Ausreise von Flüchtlingen
mit negativem Asylbescheid und anderen Fremden ohne Aufenthaltsrecht in Österreich. Das soll etwa durch höhere
Strafen, Wohnsitzauflagen, Gebietsbeschränkungen, eine Ausweitung der Schubhaft und die Verhängung von
Beugehaft erreicht werden. Daneben bringt die Novelle etliche Neuerungen für Schlüsselarbeitskräfte,
ausländische Studierende und Saisonniers.
An den Positionen der Parteien zum Gesetzespaket hat sich nichts geändert. Dieses sei ein reines Placebogesetz,
das an den wahren Problemen vorbeigehe, hielt etwa Dagmar Belakowitsch (F) mit Hinweis auf verschiedene Kriminalfälle
wie Vergewaltigungen und Morde fest. Jeder, der einmal in Österreich sei, könne bleiben, egal ob er sich
illegal hier aufhalte oder ob er kriminell sei, kritisierte sie.
Sowohl Belakowitsch als auch ihr Fraktionskollege David Lasar forderten in diesem Sinn eine gänzliche Überarbeitung
und Neukodifikation des Fremdenrechts. Das Gesetz sei ein Flickwerk, nicht einmal ExpertInnen würden sich
mehr auskennen, sagte Lasar. Ein von Belakowitsch dazu eingebrachter Entschließungsantrag blieb allerdings
ebenso in der Minderheit wie ein weiterer Entschließungsantrag der FPÖ, der darauf abzielte, straffällig
gewordene AsylwerberInnen konsequent abzuschieben und Rücknahmeübereinkommen zu forcieren.
Seitens der Koalitionsparteien warf Otto Pendl (S) Belakowitsch vor, die rein formal notwendige neuerliche Beschlussfassung
des Fremdenrechtspakets für Polemik zu missbrauchen und ein völlig falsches Bild von der Situation in
Österreich zu zeichnen. Zudem machte er geltend, dass vor dem Beschluss des Gesetzespakets im Sommer ausführlich
über dessen Inhalte im Parlament diskutiert wurde. Generell solle man nicht vergessen, "dass wir über
Menschen reden", so Pendl.
Auch ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon konnte mit dem Vorwurf, das Gesetz sei ein reines Placebo, nichts
anfangen. Vielmehr handle es sich um eine richtige Reaktion auf die Migrationsbewegungen der letzten Jahre. Mit
der Flüchtlingswelle seien viele Flüchtlinge nach Österreich gekommen, die keine Flüchtlinge
im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sind, gab Amon zu bedenken. Nun setze man Maßnahmen, dass
diese Personen, die zu Unrecht hier seien, das Land wieder verlassen. Amon zufolge gab es heuer bereits 8.829 Rückführungen
– bei 10.614 negativen Asylbescheiden. Nach den Wahlen will Amon für eine bundesweit einheitliche Kürzung
der Mindestsicherung für anerkannte Flüchtlinge sorgen.
Von einem weiteren Asylverschärfungspaket sprach Alev Korun (G). Die Regierung tue seit Jahren alles, um Österreich
als Asylland unattraktiv zu machen, damit keine Schutzsuchenden mehr kommen, kritisierte sie. Anstatt geflüchtete
Menschen zu bekämpfen, sollte man sich jedoch darauf konzentrieren, Fluchtursachen zu bekämpfen, mahnte
sie. Konkret kritisierte Korun in diesem Zusammenhang Waffenlieferungen, etwa nach Saudi Arabien, und forderte
einen gerechteren Handel und verstärkte Investitionen in den Klima- und Umweltschutz.
Die NEOS stimmten, wie schon beim ursprünglichen Beschluss, Teilen des Gesetzespakets in Zweiter Lesung zu.
Einige Inhalte des Pakets seien vernünftig, sagte Nikolaus Scherak. Allerdings vermisst er eine Residenzpflicht
für anerkannte Flüchtlinge, damit Integration dort stattfindet, wo dies möglich ist. Generell forderte
Scherak ein neues Asylrecht, um Verfahren zu beschleunigen.
Barbara Rosenkranz (o.F.) wandte sich gegen Pläne, die Einwanderungspolitik in der EU zu vergemeinschaften
und eine EU-Asylbehörde einzurichten, die dann verbindlich festlegt, wer Asyl in Europa erhält, und die
AsylwerberInnen auf die EU-Länder aufteilt. Österreich dürfe nicht auf sein Recht verzichten, selbst
darüber zu entscheiden, wer kommt und wer bleibt, bekräftigte sie. Um ihre Forderung zu unterstreichen,
brachte Rosenkranz einen Entschließungsantrag ein, der jedoch keine Mehrheit fand. Leopold Steinbichler (o.F.)
kritisierte, dass niemand wisse, wie viele illegale Flüchtlinge in Österreich aufhältig sind.
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