Peter Weibel schenkt sein Archiv der Angewandten
Wien (dieangewandte) - Am 4. Oktober wurde der Grundstein für die Errichtung des neuen Peter-Weibel-Forschungsinstituts
für digitale Medienkulturen an der Universität für angewandte Kunst Wien gelegt: Künstler und
Universitätsprofessor Peter Weibel unterzeichnete die Dokumente, welche die Schenkung seines Archivs an die
Angewandte beinhaltet. Auf Grundlage dessen wird nun das neue Forschungsinstitut eingerichtet.
"Mit der Digitalität tritt eine neue Kulturtechnik auf, welche uns eine unvorhersehbare Zukunft eröffnet,
denn mit dem digitalen Code können Worte, Bilder und Töne und sogar Dinge in Daten verwandelt werden.
Während Worte und Bilder nicht direkt in Dinge rückverwandelt werden konnten, ist der Prozess zwischen
Dingen, Texten, Tönen, Bildern und Daten zum ersten Mal in der Kulturgeschichte der Menschheit reversibel.
Daten können in Töne, Texte und Bilder rückverwandelt werden und mit dem 3D-Druck können Daten
sogar in Dinge überführt werden. Bisher waren alle Notationssysteme der Kultur, von der Schrift bis zur
Musik, mehrheitlich zweidimensional. Mit Computersimulationen und 3D-Verfahren eröffnen wir den Horizont für
3D-Notationssysteme", erläuterte Weibel und legt seine Motive für die Schenkung an die Angewandte
offen: "Der Erforschung dieser neuen Kulturtechniken wird sich das neu gegründete Institut widmen. Es
kann dabei auf die großartigen historischen Leistungen der Universität für Angewandte Kunst Wien
seit ihrer Gründung vor 150 Jahren zurückgreifen und sich ebenso auf die neue transmediale und transkulturelle
Forschungsausrichtung stützen. Die Bereitschaft des Ministeriums, dieses Forschungsinstitut gemeinsam mit
der Universität zu gründen, ist ein Zeichen dafür, dass die Wichtigkeit des digitalen Wandels für
Wirtschaft und Kultur erkannt wird."
"Peter Weibel ist einer der großen Pioniere und Vordenker der europäischen Medienkunst. Es freut
mich daher ganz besonders, dass mit der großzügigen Schenkung seines Archivs den Lehrenden und Studierenden
neue geistige Nahrung zur künstlerischen Entfaltung gegeben wird. Seine Werke legen aber auch gleichzeitig
den Grundstein für das neue Peter-Weibel-Forschungsinstitut für digitale Medienkulturen. Damit können
wir künftig die Etablierung und Forschung zu Medienkunst und Digitalisierung verstärkt vorantreiben und
weltweite Kooperationen mit Universitäten, Forschungsinstitutionen und Museen forcieren. Gerade der digitale
Wandel erfordert es, dass wir verstärkt disziplinenübergreifend arbeiten", so Wissenschaftsminister
Harald Mahrer. In das neue Forschungsinstitut investiert das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung
und Wirtschaft für die Jahre 2017 und 2018 einen Gesamtbetrag von 480.000 Euro. Anschließend erfolgt
eine entsprechende Berücksichtigung in der kommenden Leistungsvereinbarung.
Dass das neue Institut die Ausweitung des künstlerischen Medienbegriffes durch die Implementierung neuester
Technologien (Artificial Intelligence, Genetic Engineering, Synthetic Biology etc.) in den künstlerischen
Prozess und die Analyse der gesellschaftlichen Wirkungspotenziale dieser neuen Kunstformen unterstützen soll,
legt Uni-Rektor Bast dar. "Die Angewandte wird das Peter-Weibel-Forschungsinstitut für digitale Medienkulturen
betreiben, eine künstlerische Leitung und unterstützendes Personal einsetzen und angestellte Doktorand_innen
werden sich der wissenschaftlichen und der künstlerischen Forschung widmen." Es wird in der Hinteren
Zollamtsstrasse 17, 1030 Wien angesiedelt, wo auch das Institut für Digitale Medienkunst unter der Leitung
von Ruth Schnell ab Frühling 2018 und die neue Abteilung für Cross-Disciplinary Strategies unter der
Leitung von Ingeborg Reichle ab sofort beheimatet sind.
Das Weibel-Archiv besteht aus rund 1170 Exponaten und einer umfangreichen Bibliothek. Unter den Exponaten befinden
sich Fotografien, Textcollagen, Videos, DVDs, CDs, Installationen, Video-und Computerinstallationen, Bildschirme,
Aufkleber, Gedichte, Digitale Prints, Fahnen, Ausdrucke, Proofs, Plakate, Einzelteile, Zeitungsausschnitte, Postkarten,
Druckgrafiken, Projektionen, iPads, Filmdosen, Leinwände, Papier-Karton-Arbeiten, Zeichnungen, Textsteine,
Skulpturen, Offset-Prints, Polaroids, Texte, Tonbändern, Siebdrucke, Objekte und 3D-Drucke. Sämtliche
Schenkungsgegenstände werden in das Forschungsinstitut eingebracht, ausgenommen jener geschenkter Kunstwerke,
welche in die Kunstsammlung der Angewandten aufgenommen werden. Die Schenkung umfasst auch die Verwertungs- und
Werknutzungsrechte der geschenkten Objekte.
Peter Weibel ist einer der weltweit bekanntesten und profiliertesten Medienkünstler und Medientheoretiker,
Gründer des ersten europäischen Medienkunst-Studiums an der Universität für angewandte Kunst
Wien, emeritierter Universitätsprofessor der Angewandten und Direktor des Zentrum für Kunst und Medientechnologie
im deutschen Karlsruhe (ZKM). Seit den 1960er Jahren pflegt der 1944 geborene Weibel ein umfangreiches Archiv,
bestehend aus eigenen künstlerischen Arbeiten, Skizzen und schriftlichen Konzepten für künstlerische
Arbeiten, theoretischen Texten und Büchern zum Thema Medienkunst und Medientheorie. Weibel war von 1981 bis
1986 als Gastprofessor, ab 1986 als ordentlicher Professor für Digitale Kunst und für Medientheorie an
der Angewandten tätig; er emeritierte 2012.
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