Wien (fwf) - Konrad Frey war ein Pionier. Er hat datenbasiert und wissenschaftsgetrieben Solarhäuser geplant
und gebaut. Bekannt sind er und sein Werk nur wenigen. Das soll ein vom Wissenschaftsfonds FWF unterstütztes
Projekt des Architekturtheoretikers Anselm Wagner ändern. „Die Architektur Konrad Freys zeichnet sich dadurch
aus, dass sie ihre Form aus der Funktion heraus entwickelt“, sagt der Grazer Kunsthistoriker und Architekturtheoretiker
Anselm Wagner. Die Arbeit des 1934 in Wien geborenen und später in Graz und London tätigen Architekten
zeichnet sich durch noch mehr aus –, sie ist Sonnenhausarchitektur im besten Sinne des Wortes. Bereits 1972 hat
Konrad Frey zusammen mit Florian Beigel das erste Solarhaus Österreichs entworfen. – Basierend auf seinen
wissenschaftlichen Arbeiten zur Nutzung der Sonnenenergie seit Ende der 1960er-Jahre.
Frey war zweifellos ein Pionier und ist dennoch weitgehend unbekannt. „Graz ist für die Grazer Schule bekannt,
wie sie Friedrich Achleitner genannt hat, und für die Dekonstruktivisten wie Günther Domenig“, erläutert
Wagner, der aktuell das vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Forschungsprojekt „Die Solarhäuser von
Konrad Frey: Umweltforschung und solares Wissen im Entwurf“ an der Technischen Universität (TU) Graz leitet.
Konrad Frey ist kein Dekonstruktivist. Er sei, betont Wagner, auch kein zeichnender Architekt, vielmehr ein Forschender.
Als Architekt übersehen
Ein Forschender, der nur wenig gebaut hat, und das noch dazu meist am Rand, in der Provinz. Abseits der Metropolen,
fern der stark befahrenen Wege. „Hätte er in Wien gearbeitet, wären seine ersten Arbeiten im Umfeld der
Stadt entstanden, seine Architektur wäre längst schon Gegenstand der Forschung“, ist Anselm Wagner überzeugt.
In den vergangenen Jahren nimmt die Debatte um Nachhaltigkeit an Fahrt auf. Doch, kritisiert Wagner, drehe sie
sich in erster Linie um Ökonomie und Ökologie. Nicht aber um die Architektur. „Das hat Folgen für
die Landschaft, in Form uninspirierter Null-Energie-Häuser. Die Ästhetik wird vollkommen außer
Acht gelassen“, kommentiert Wagner. Dabei finden wissenschaftliche Erkenntnis, Stilempfinden und ökologischer
Anspruch durchaus zusammen. Das zeigen die Arbeiten Freys, der in den 1970ern am Grazer Forschungszentrum Joanneum
die Energieberatung aufbaute.
Versuchsstation der Energiegewinnung
Das Haus Zankel nahe Genf und doch schon in Frankreich, in Prévessin, plante Frey ab 1976 für den
damaligen CERN-Physiker Karl Zankel. Es ist in jeder Hinsicht ungewöhnlich, ist eine ausdrucksvolle Raumskulptur,
ein Solarlabor, eine Versuchsstation. Es vereint aktive und passive Gewinnung von Solarenergie und funktionelle
Technikbegeisterung mit postmodernem Witz. „Frey hat, wie gesagt, aus der Funktion heraus seine Formen gefunden.
Er konnte gar keine Schule begründen. Es gibt keine Linie, kein Design, das er geprägt hat“, erklärt
Wagner. Vielmehr handle es sich bei den Bauten des Energieberaters um eine absichtslose Ästhetik. Wesentlich
sei indes der Begriff des ‚Environments‘, erklärt Forschungsleiter Wagner. „In dem Sinne, dass für Frey
ein Haus nicht nur eine Wohnmaschine ist, sondern den physischen und psychischen Bedürfnissen seiner Bewohner
ebenso entsprechen muss, wie es sich in seine Umgebung einfügt.“
Das Projekt sucht nun die Detailarbeit des Architekten festzuhalten, seine Zugänge freizulegen und die Übersetzung
von Erkenntnis in Raumgestaltung nachvollziehbar zu machen. „Frey hat einen stark wissenschaftlichen Ansatz in
seiner Architektur“, betont Wagner. Das unterscheide ihn von seinen Grazer Zeitgenossen und Kollegen.
Anspruchsvoll und günstig
Was ihn wiederum mit ihnen verbindet, ist die Eigenschaft konsequenten Querdenkens. In seinem jüngsten
Bau, seinem Privathaus, setzte Konrad Frey ausschließlich Standardbauelemente aus dem Baumarkt ein. „Er wollte
damit“, erklärt Wagner, „belegen und beweisen, dass es möglich ist, günstig und mit gängigen
Elementen ein Solarhaus zu errichten. Ein anspruchsvolles Solarhaus.“
Basierend auf dem Vorlass Freys, der dem Archiv der TU Graz zur Verfügung steht, wird das laufende Forschungsprojekt
noch bis 2019 durch die Auswertung unveröffentlichter Quellen, neuer Daten, vom Institut für Bauphysik
und Bauökologie der TU Wien durchgeführte Messungen und Neukonzeptionen der Energieeffizienz ein Online-Werkverzeichnis
und eine Monografie erstellen. Das Verzeichnis soll bereits ab Ende 2017 online gehen. Damit wird Frey auch als,
wenngleich höchst eigenständiger Teil der Grazer Schule gewürdigt werden.
Zur Person
Nach Lehraufträgen an der Universität für angewandte Kunst Wien, der Universität Mozarteum
Salzburg, der Universität Wien und der Universität Graz sowie Gastprofessuren unter anderem an der TU
Wien, der TU Graz und der University of Minnesota ist Anselm Wagner seit 2010 Universitätsprofessor und Vorstand
des Instituts für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften an der TU Graz.
Publikation
Schuss, U. Pont, M. Taheri, C. Lindner, A. Mahdavi: „Simulation-assisted
monitoring-based performance evaluation of a historically relevant architectural design“, in: Building Simulation
Applications Proceedings 3 (2017), Hg. v. M. Baratieri, V. Corrado, A. Gasparella, F. Patuzzi, ISSN: 2531-6702,
Paper-Nr. 78
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