CETA: Regierungsparteien wollen
 mit Ratifikation noch zuwarten

 

erstellt am
13. 10. 17
13:00 MEZ

Keine Mehrheit im Nationalrat für Oppositionsanträge auf Volksbefragung über Handelsabkommen
Wien (pk) - Der Nationalrat zog am 12. Oktober einen Schlussstrich unter das Volksbegehren "Gegen TTIP/CETA", die lebhafte Debatte ließ allerdings erkennen, dass das Freihandelsabkommen mit Kanada noch weiter auf der Agenda der österreichischen Innenpolitik bleiben wird. Die Fraktionen steckten einmal mehr ihre Standpunkte ab, wobei FPÖ und Grüne die kritische Linie des Volksbegehrens unterstützten und vor allem schwere Bedenken gegen die Investitionsschutzgerichtsbarkeit und die Klagerechte von Konzernen vorbrachten. Nicht durchsetzen konnten sich die beiden Oppositionsparteien dabei mit ihrer Forderung nach einer Volksbefragung über CETA.

Die SPÖ sieht wiederum eine Reihe von Verbesserungen als Folge der auf österreichisches Betreiben beigefügten Klarstellungen, will aber ebenfalls wie die ÖVP und Wirtschaftsminister Harald Mahrer vor einer Weiterleitung des Abkommens an das Parlament noch entsprechende Klarstellungen auf EU-Ebene, so etwa die nähere Ausgestaltung der Investitionsgerichtsbarkeit, abwarten. Klar machten die Sozialdemokraten allerdings, dass für sie ein Inkrafttreten von CETA nicht in Frage kommt, solange das Abkommen Sonderklagerechte für Konzerne enthält. Ein entsprechender Entschließungsantrag verfehlte bei der Abstimmung knapp die Mehrheit. Ein klares Bekenntnis zu CETA legten die Volkspartei und die NEOS ab, die insbesondere auf die Bedeutung des Freihandels für Österreich als exportorientierte Volkswirtschaft hinwiesen und den KritikerInnen "Angstmacherei" und Populismus vorwarfen.

SPÖ: Inkrafttreten von CETA nur ohne Sonderklagerechte von Konzernen
Peter Wittmann sprach als Vorsitzender des Verfassungsausschusses von einer umfassenden Behandlung des Volksbegehrens und dankte den InitiatorInnen für deren Engagement. Auf Initiative Österreichs sei es gelungen, noch vor dem vorläufigen Inkrafttreten eine Reihe von interpretativen Erklärungen in den Vertrag einzufügen. Klar sei damit nun, dass CETA als gemischtes Abkommen der Ratifikation durch die nationalen Parlamente bedarf. Auch stehe fest, dass das Vorsorgeprinzip nicht angetastet werden dürfe. Die Erklärung sieht, wie Wittmann betonte, überdies eine Präzisierung hinsichtlich der vorläufigen Anwendung vor. Diese gelte nur für jene Teile, die unmittelbar in die Zuständigkeit der EU fallen, nicht aber für die umstrittene Investitionsgerichtsbarkeit. CETA könne derzeit noch nicht dem Parlament vorgelegt werden, da zunächst noch Entscheidungen auf EU-Ebene, insbesondere aber die von der Kommission angekündigten Verbesserungen bei der Investitionsgerichtsbarkeit, abzuwarten seien, unterstrich Wittmann. Sein Fraktionskollege Christoph Matznetter bestätigte dies und rief in einem Entschließungsantrag der SPÖ die Bundesregierung auf, ein endgültiges Inkrafttreten von CETA zu verhindern, solange das Abkommen Bestimmungen über Sonderklagerechte für Konzerne enthält. Außerdem solle die Regierung, geht es nach der SPÖ, sicherstellen, dass Handelsabkommen effektive Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping sowie zur Verteidigung der hohen österreichischen Standards enthalten. Der Bereich der öffentlichen Dienstleistungen sei, so die Forderung Matznetters, jedenfalls umfassend von zukünftigen Handelsabkommen auszunehmen. Dieser Entschließungsantrag blieb bei der Abstimmung allerdings in der Minderheit.

ÖVP: CETA eröffnet große Chancen für Österreichs exportorientierte Wirtschaft
Österreich als Exportland braucht Handelsabkommen wie CETA, steht für Peter Haubner fest. Man sollte diese strategische Chance nützen und der heimischen Wirtschaft keine Steine in den Weg legen, mahnte der Wirtschaftssprecher der Volkspartei und plädierte für eine Ratifikation des Vertrags mit Kanada durch das österreichische Parlament. Freihandel sei unerlässlich für eine exportorientierte Wirtschaft, pflichtete ihm Michaela Steinacker bei. Zahlen, Daten und Fakten sprechen für CETA und machten deutlich, dass das Abkommen für alle Vertragspartner eine Win-Win-Situation darstelle. Steinacker appellierte in diesem Sinn an die Politik, der Wirtschaft ihre Chancen zu öffnen. Auch Johann Schmuckenschlager sah viele Vorteile für Österreich durch das Freihandelsabkommen mit Kanada, wobei er vor allem die Interessen der Landwirtschaft ins Blickfeld rückte. CETA sichere Nachhaltigkeit und biete zudem auch die Möglichkeit einer entsprechenden Kennzeichnung der österreichischen landwirtschaftlichen Produkte. Dieser positiven Einschätzung schloss sich Hermann Schultes an, der in seiner letzten Rede vor dem Hohen Haus die Abgeordneten zu mehr Mut und Zuversicht aufrief. Mit CETA zeige Europa gerade in schwierigen Zeiten von Brexit und Mercosur Handlungsfähigkeit, der Vertrag sei vorbildlich für andere Abkommen.

FPÖ: CETA schränkt demokratisches Selbstbestimmungsrecht ein
Harald Stefan rechnet bloß mit minimalen wirtschaftlichen Effekten als Folge von CETA, warnte hingegen, im Zuge der Investitionsschutzverfahren würden die Staaten gegenüber großen Konzernen unter Druck geraten. Dies könnte zu einer Art von vorauseilendem Gehorsam etwa bei der Gesetzgebung im Umweltschutz führen. Axel Kassegger dankte den InitiatorInnen des Volksbegehrens und meinte, ohne den Druck aus der Zivilgesellschaft wären viele Dinge im Vertrag nicht geändert worden. Nach wie vor problematisch sind für den FPÖ-Wirtschaftssprecher aber die Konzernklagerechte, wobei Kassegger von einer Disparität zulasten der Staaten sprach. Insgesamt schränke CETA das demokratische Selbstbestimmungsrecht ein, lautete sein Hauptkritikpunkt. Er befürchtet zudem, dass einmal getätigte Privatisierungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Ein von Stefan und Kassegger eingebrachter Antrag auf Abhaltung einer Volksbefragung über CETA blieb bei der Abstimmung in der Minderheit.

Grüne: CETA ist ein Trojanisches Pferd
Es gelte, dem Abkommen die Giftzähne zu ziehen, forderte Werner Kogler und brachte ebenfalls schwere Bedenken gegen die Klagerechte

von Konzernen vor. Fest steht für den grünen Mandatar auch, dass das Vorsorgeprinzip durch CETA durchbrochen wird. Der Regierung warf Kogler vor, durch ihre Weigerung, das Abkommen den Abgeordneten vorzulegen, das Parlament an der Nase herumzuführen. CETA sei ein trojanisches Pferd, in dessen Bauch Lobbyisten sitzen, stellte Grünen-Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber fest. Durch die Deregulierungspolitik würden demokratische Rechte ausgehöhlt, beklagte er und appellierte angesichts seines bevorstehenden Ausscheidens aus dem Parlament an die Abgeordneten, sich die Politik nicht kleinreden zu lassen. Gemeinsam mit Kogler brachte er einen Antrag auf Volksbefragung zu CETA ein, der ebenfalls wie die Initiative der FPÖ abgelehnt wurde.

NEOS gegen Angstmache
CETA sei ein gutes Abkommen und bringe viele Vorteile für Österreich, befand Claudia Gamon, die die Grünen des Populismus und der Angstmache bezichtigte. Angesichts der vielfach geäußerten Einwände gegen das Abkommen stellte sie fest, Österreich sei in Europa ein "gallisches Dorf der Unvernunft". Auch ihr Fraktionskollege Josef Schellhorn wandte sich gegen Angstszenarien und Warnungen vor den "bösen Konzernen" und rief zu mehr Mut und Zuversicht auf. CETA sollte als das gesehen werden, was es ist: eine große Chance für Österreichs exportorientierte Wirtschaft.

Mahrer: Klarstellungen bei Investitionsgerichtsbarkeit noch offen
Auch Wirtschaftsminister Harald Mahrer bedankte sich bei den InitiatorInnen des Volksbegehrens und betonte, ohne eine breit getragene Bürgerbewegung wäre es nicht gelungen, zahlreiche qualitative Fortschritte zu bewirken. So gebe es jetzt unabhängige Investitionsgerichte, wobei an eine Weiterentwicklung in Richtung eines multilateralen Investitionsgerichts gedacht wird. Mahrer zeigte sich zuversichtlich, dass sich das österreichische Parlament auch in Zukunft in Fragen des Gemeinwohls nicht beeinflussen lassen wird, und sah keinen Grund für entsprechende Befürchtungen von FPÖ und Grünen. Vor der endgültigen Ratifikation sollten seiner Meinung nach noch die angekündigten Präzisierungen bei der Investitionsgerichtsbarkeit abgewartet werden. Ausständig sei darüber hinaus auch noch eine Klärung der Auswirkungen des Pariser Klimavertrags auf CETA.

Fraktionslose Abgeordnete gegen CETA
Eine klare Ablehnung von CETA kam von den fraktionslosen Abgeordneten. Daniela Holzinger-Vogtenhuber sprach ebenso wie Peter Pilz von einer schrittweisen Aushöhlung der Demokratie, konnte sich aber mit ihrem Antrag auf ehestmögliche Vorlage des Abkommens zur parlamentarischen Entscheidung nicht durchsetzen. CETA öffne Tür und Tor für Großkonzerne und Lobbyisten, steht für Ruper Doppler fest, während Leopold Steinbichler massive Vorbehalte hinsichtlich von Einbußen bei der Qualität und Kennzeichnung der Lebensmittel im Gefolge von Freihandelsabkommen wie CETA anmeldete. Barbara Rosenkranz, Marcus Franz und Christoph Hagen schlugen in dieselbe kritische Kerbe und forderten eine Volksabstimmung über CETA. Ein entsprechender Antrag blieb allerdings in der Minderheit.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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