ÖVP konnte nur FPÖ und NEOS überzeugen
Wien (pk) - Bund, Länder und Gemeinden sind zwar bereits nach der geltenden Rechtslage verpflichtet,
im Zuge ihrer Haushaltsführung ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht und nachhaltig geordnete Haushalte
anzustreben, die ÖVP vermisst aber konkrete verfassungsrechtliche Vorgaben. Um eine Schuldenbremse in der
Verfassung zu verankern, bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat, die am 12. Oktober nicht zustande
kam. Einig ist sich die ÖVP zu diesem Thema mit FPÖ und NEOS. SPÖ und Grüne sahen darin keinen
Mehrwert. Finanzminister Hans Jörg Schelling appellierte für eine Schuldenbremse zum Schutz für
die Zukunft.
Alte Forderung - neues Abstimmungsverhalten
Neu ist das Anliegen der ÖVP nicht, bereits nach dem Verlust des Triple-A-Ratings Ende 2011, gab es einen
solchen Gesetzesvorschlag, erinnerte Jakob Auer (V) in seiner Abschiedsrede. ÖVP und SPÖ waren für
eine verfassungsrechtliche Verankerung, nicht jedoch die Opposition, weshalb damals die erforderliche Verfassungsmehrheit
nicht zustande gekommen war. Schließlich wurde mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit einfachgesetzlich festgelegt,
dass der Bund ab 2017 maximal ein strukturelles Defizit von 0,35% erreichen darf (siehe Parlamentskorrespondenz
Nr. 1178/ 2011). Interessant fand Auer die heutige Änderung im Abstimmungsverhalten – sowohl SPÖ als
auch FPÖ votierten entgegen ihrem damaligen Stimmverhalten.
Die vorgeschlagene Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes lehnt sich an den Bestimmungen des Bundeshaushaltsgesetzes
an, geht aber in einigen Punkten darüber hinaus und enthält auch Regelungen für Länder und
Gemeinden. Für diese soll eine gemeinsame Defizitgrenze von 0,1% des BIP gelten, für den Bund 0,35%.
Finanzielle Sanktionen, die die EU verhängt, wären, der Initiative zufolge, im Verhältnis der Verursachung
zu tragen.
Derzeit betrage der österreichische Schuldenberg 290 Mrd. €, wies Nikolaus Scherak von den NEOS hin. Seit
55 Jahren würden kontinuierlich Schulden gemacht, übte er Kritik an ÖVP und SPÖ. Aufgrund der
verantwortungslosen Politik der letzten Jahre sei nun eine Schuldenbremse notwendig.
Schelling fordert Folgenabschätzungen auch für Initiativanträge von Abgeordneten
Am heutigen Tag würden Beschlüsse in Höhe von 580 Mio. € gefasst, zeigte Finanzminister Schelling
auf. Dabei fehle es an realistischen Kostenschätzungen für Initiativen, kritisierte er die fehlende Verpflichtung
zur Durchführung von Wirkungsfolgenabschätzungen, wenn Abgeordnete das Gesetz in Form eines Initiativantrag
im Parlament einbringen. Falsche Zahlen seien vorgelegt worden, sagte er in Bezug auf die Reform der Notstandshilfe.
Anstelle der geplanten 85 Mio. € werde diese 160 Mio. € kosten. Der Parlamentarische Budgetdienst leiste hervorragende
Arbeit und könnte die Kostenschätzungen für Initiativanträge erstellen. In diesem Sinne gab
es für Schelling keine plausiblen Argumente, die Schuldenbremse nicht in Verfassungsrang zu heben.
Roman Haider, Budgetsprecher der FPÖ, war für die verfassungsrechtliche Verankerung, da sodann Verstöße
gegen die Schuldenbremse vor dem Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden könnten. Der Schuldenberg Österreichs
liege in Rekordhöhe und künftige Budgets seien stark belastet, bemerkte er nicht zuletzt aufgrund der
Flüchtlingszuwanderung.
Grüne sehen keinen Vorteil
Die Grünen stimmten gegen das Gesetz. Grund dafür sind grundsätzliche Bedenken an der Sinnhaftigkeit
des Inhalts. Es sei zwischen produktiven und nicht produktiven Staatsausgaben zu unterscheiden, so Werner Kogler.
Die ÖVP schieße mit dem Antrag über ihr Ziel hinaus, meinte er und zeigte auf, dass zwischen Staat
und privatem Unternehmen unterschieden werden müsse. Ähnlich sah dies auch Bruno Rossmann (o.F.), ehemaliger
Budgetsprecher der Grünen. Er sehe darin keinen Vorteil, denn es liege eine gesetzliche Regelung vor. Die
Hebung auf Verfassungsebene würde keinen weiteren Beitrag leisten. Die Regelung würden den Spielraum
der Budgetpolitik einengen. Außerdem wolle er die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines
Budgets nicht in die Hände von Richtern legen, sagte er in Richtung FPÖ.
Kritik äußerte Kai Jan Krainer (S), da das Gesetz keinem Begutachtungsverfahren unterzogen wurde. An
die ÖVP wandte er sich mit dem Vorwurf, dass diese die Bestverdiener und Firmenkonstruktionen schütze.
Außerdem tat Krainer seinen Unmut über Spenden von Großunternehmen an die ÖVP kund bei denen
Krainer zufolge steuerliche Grundsätze verletzt wurden.
Grüne und SPÖ wollen Blacklist für öffentliche Vergabeverfahren
Durcheinander löste eine Forderung der Grünen aus. Das Thema Schulden ließ Werner Kogler (G) das
Vergaberecht ansprechen. In einem Entschließungsantrag forderte er die Einführung einer Vergabe-Blacklist,
um korrupte Unternehmen von der Vergabe auszuschließen und so kein Steuergeld zu verschwenden. Kogler setzte
sich darin für obligatorische und fakultative Sperrgründe ein und wollte die Verurteilungen aufzeichnen.
Wichtig war ihm dabei aber eine datenschutzrechtlich unbedenkliche Abfragemöglichkeit für AuftraggeberInnen.
Ohne Stellung zu beziehen stimmte die SPÖ für die Umsetzung des Anliegens. Der Antrag erhielt aber aufgrund
der großen Zahl an freien Abgeordneten keine Mehrheit.
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