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Von Amsterdam bis Zürich
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erstellt am
11. 10. 17
13:00 MEZ
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Oberösterreich im Vergleich mit den stärksten Regionen Europas
Linz (lk) - Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte LH-Stv. Dr. Michael Strugl, Wirtschafts- und Forschungsreferent,
gemeinsam mit Dr.in Andrea Wagner, Bereichsleitung Regionen International, BAK Basel Economics AG, Em. o. Univ.-Prof.
Dr. Friedrich Schneider, Johannes Kepler Universität Linz, und DI (FH) Werner Pamminger, Geschäftsführer
Business Upper Austria, am 10. Oktober im OÖ Presseclub einen Vergleich mit elf wirtschaftlich starken und
innovativen Regionen Europas vor.
Öffentliche Finanzen, Wirtschaftskraft und Innovationsfähigkeit auf dem Prüfstand
Wie fit eine Region für Herausforderungen der Zukunft ist, hängt wesentlich vom Gestaltungsspielraum
zum Setzen wirtschafts- und forschungspolitischer Schwerpunkte und von ihrer Innovationsfähigkeit ab. Das
Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Basel Economics AG hat Oberösterreich daher im Auftrag der oö.
Wirtschaftsagentur Business Upper Austria einem Vergleich mit elf wirtschaftlich starken und innovativen Regionen1) unterzogen. (Zum Download unter www.biz-up.at/news ). Im Zentrum der Erhebung
stehen die öffentlichen Finanzen sowie Wirtschaftskraft und Innovationspotenzial.
"Auf der Habenseite steht für Oberösterreich eine relativ wettbewerbsfähige Ist-Situation in
den meisten Bereichen. Richtet sich der Blick allerdings in die Zukunft, laufen wir Gefahr, Chancen etwa bei der
Innovationsfähigkeit oder bei den öffentlichen Finanzen zu verpassen und im Standortwettbewerb zurückzufallen",
fasst LH-Stv. Dr. Michael Strugl das Ergebnis der Analyse zusammen.
Hohes Wohlstandsniveau
Die Untersuchung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zeigt, dass sich Oberösterreich im internationalen
Vergleich mit wirtschaftlich erfolgreichen, innovativen Regionen durchaus behaupten kann. Oberösterreich weist
mit 50.000 US-Dollar ein deutlich über dem westeuropäischen Durchschnitt liegendes Wohlstandsniveau auf.
Insgesamt konnte Oberösterreich seine Wirtschaftsleistung pro Kopf überdurchschnittlich erhöhen
(Rang 4). Überdurchschnittlich gut entwickelte sich auch die Stundenproduktivität. Verhalten hingegen
war die Entwicklung am Arbeitsmarkt.
Die Untersuchung des Innovationspotentials Oberösterreichs macht deutlich, dass der Unternehmenssektor einen
beträchtlichen Anteil in Forschung- und Entwicklung investiert (Rang 3 unter den 12 Vergleichsregionen). Dies
ist angesichts der starken industriellen Basis Oberösterreichs nicht ungewöhnlich. Allerdings ist die
Patentintensität bezogen auf die Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe in Oberösterreich stark
unterdurchschnittlich (Rang 12). Problematisch ist in diesem Zusammenhang der geringe Anteil an Arbeitskräften
mit tertiärem Bildungsabschluss, wenngleich Oberösterreich, dank dem dualen Ausbildungssystem, mit einem
im Allgemeinen gut ausgebildeten Arbeitskräftepotential aufwarten kann (Rang 9).
Attraktive Steuersätze für Hochqualifizierte
Die internationale vergleichende Analyse des Bereichs öffentliche Finanzen lässt erkennen, dass Österreich
zwar attraktive Steuersätze bietet, aber überschuldet ist und auch immer noch defizitär wirtschaftet.
Bezüglich der Unternehmensbesteuerung und der Besteuerung der Hochqualifizierten belegt Österreich den
zweiten bzw. den fünften von sechs Rängen. Auf dem sechsten und damit letzten Rang liegt Österreich
jedoch bei der Verschuldungsquote nach Maastricht.
Die Situation der öffentlichen Finanzen in Oberösterreich ähnelt den anderen Regionen in Ländern
mit einem ähnlichen Grad an Föderalismus.
1) Vorarlberg mit der Kernstadt Bregenz (AT), Waadt mit der Kernstadt Lausanne
(CH), Zürich (CH), Aargau (CH), Bayern mit der Kernstadt München (DE), Baden-Württemberg mit der
Kernstadt Stuttgart (DE), Berlin (DE), Skåne mit der Kernstadt Malmö (SE), Västra Götaland
mit der Kernstadt Göteborg (SE), Nordholland mit der Kernstadt Amsterdam (NL) und Hoved-staden mit der Kernstadt
Kopenhagen (DK).
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Wirtschaftlich stark, aber mit strukturellen Defiziten
Auch im Vergleich mit wirtschaftlich starken Regionen kann sich Oberösterreich stellenweise gut behaupten:
Regionale Wertschöpfung und Produktivität sind im Vergleichszeitraum gewachsen. Der Vergleich der Branchenstrukturen
zeigt, dass Oberösterreich über eine starke industrielle Basis verfügt, während der Dienstleistungssektor
nur unterproportional zur Wertschöpfung beiträgt. Insbesondere die Investitionsgüterindustrie ist
in Oberösterreich stark vertreten und ein entscheidender Wachstumstreiber. Sie entwickelte sich zwischen 2006
und 2015 dynamischer als in den Konkurrenzstandorten wie Bayern, Baden-Württemberg oder Västra Götaland.
Dies zeigt sich auch in der überdurchschnittlichen Dynamik der Branchen mit mittelhohem Technologiegrad. Die
Wachstumsperformance der Branchen mit hohem Technologieniveau sowie die der wissensintensiven Herstellung mit hohem
Technologieniveau verliefen hingegen verhaltener als im Sample. Auffallend ist die vergleichsweise geringe Bedeutung
des wachstumsstarken IKT- Sektors in Österreich.
"Dieser doch sehr eindeutige Befund zeigt, dass wir mit der Leitinitiative Digitalisierung, die vor rund einem
Jahr als 20-Punkte-Programm für die digitale Transformation gestartet wurde, die richtigen ersten Schritte
gesetzt haben. Das heißt aber auch, dass noch viele weitere folgen müssen", betont LH-Stv. Strugl.
Querschnittsmaterie Informations- und Kommunikationstechnologie ist Wachstumstreiber Warum die IKT-Branche auch
indirekt eine entscheidende Rolle spielt, erklärt Studienautorin Andrea Wagner: "IKT hat eine große
Bedeutung als Querschnittsbranche und Wachstumstreiber in anderen Branchen. Insofern könnte eine Schwäche
hier zu einem Wachstumshemmnis werden und sogar die Forschungseffizienz verringern. Die Digitalisierung als Querschnittstechnologie
nimmt eine Schlüsselstellung zwischen verschiedenen Technologien und Anwendungssystemen ein. Zum Beispiel
wird durch die digitale Vernetzung von Produkten und Produktionsprozessen die Wertschöpfungskette optimiert
oder neu gestaltet und neue innovative Geschäftsmodelle entwickelt. Zusätzlich verknüpft die Digitalisierung
bestehende Technologien und schafft damit Schnittstellen, an denen Neues entstehen kann. Dazu braucht es allerdings
entsprechende IT- Kompetenzen."
Neue Geschäftsmodelle entwickeln
"Die Schwerpunkte von Business Upper Austria liegen in den nächsten Monaten auf Informationssicherheit,
Connected Mobility, generativer Fertigung und Fachkräften/Qualifizierung. Mit unseren Clustern haben wir eine
optimale Struktur, um die Unternehmen am Standort bei einem komplexen Thema wie Digitalisierung zu unterstützen",
sagt Geschäftsführer Werner Pamminger. "Wir leisten eine branchenindividuelle Unterstützung
bei der digitalen Transformation. Dafür vernetzen branchenübergreifende Initiativen wie Connected Mobility,
Digital MedTech und Industrie 4.0/Produktion die IT-Welt mit anderen Branchen. Ziel ist es, neue Geschäfts-
und Beschäftigungsmodelle als auch Möglichkeiten, sich im internationalen Wettbewerb zu positionieren,
anzustoßen", so Pamminger.
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Aufholbedarf im Innovationswettbewerb
In Summe kann der Standort Oberösterreich beim wichtigen Zukunftsthema Innovationsfähigkeit nicht
mit den besten Regionen mithalten. Von den fünf betrachteten Indikatoren sind nur die F&E-Ausgaben der
Unternehmen überdurchschnittlich hoch. Beim Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte, bei Zukunftstechnologien,
Patentintensität und Forschungsqualität der Hochschulen schneidet Oberösterreich nur unterdurchschnittlich
ab.
"Vor allem für den Bereich Zukunftstechnologien bin ich aber optimistisch. Mit einer konsequenten, strategischen
Wirtschafts- und Forschungspolitik, wie sie aktuell im Programm Innovatives OÖ 2020 verfolgt wird, wird es
gelingen, aus den jetzigen Stärkefeldern heraus auch bei den Zukunftstechnologien aufzuholen" unterstreicht
LH-Stv. Strugl. "Bei zahlreichen Themen wie Generative Fertigung, Smart Plastics, Connected Mobility, Internet
der Dinge oder Künstliche Intelligenz gibt es ein tragfähiges Fundament für künftige Entwicklungen",
so LH-Stv. Strugl.
Patente im Bereich der Zukunftstechnologien erfassen die Forschungsaktivitäten in verschiedensten Technologiefeldern
wie Bio- und Medtech, Smart Grid im Energiesektor und dem Internet der Dinge. "Zwar ist die Zahl der Patente
in Oberösterreich in diesem Bereich im Vergleich zu den anderen Standorten etwas kleiner, die Aktivitäten
in den einzelnen Zukunftstechnologiefeldern spiegeln aber die strategischen Wirtschafts- und Forschungsbereiche
wider. Von den 1.100 aktiven Patenten im Bereich der Zukunftstechnologien in Oberösterreich kommen 33 Prozent
aus dem Bereich Energie (z.B. Smart Grid oder Batterietechnik). Weitere 31 Prozent stammen aus dem Life Science
Bereich und 19 Prozent der Patente beziehen sich auf Technologien wie z.B. Sensorik, Robotik oder autonome Fahrsysteme.
Etwa 13 Prozent der Patentaktivitäten entfallen auf den Bereich Digitalisierung und Internet der Dinge und
die restlichen 4 Prozent lassen sich dem Bereich "Neue Materialen" zu ordnen", erläutert Studienautorin
Andrea Wagner.
Insbesondere bei der Patentintensität pro Beschäftigtem im Industriesektor und auch bei den Zukunftstechnologien
zeigt sich damit im Vergleich zu den Benchmarking-Regionen eine Innovationsschwäche. Oberösterreich belegt
jeweils den zwölften und damit letzten Rang. Bei der Hochschulqualität liegt Oberösterreich im hinteren
Mittelfeld (Rang 10). Allerdings ist hier festzuhalten, dass sich das Forschungsumfeld in Oberösterreich in
den letzten Jahren stark verbessert hat. Neben der Neueröffnung der medizinischen Fakultät erfüllte
die Johannes Kepler Universität zum ersten Mal die Kriterien, um ins CWTS Leiden Ranking aufgenommen zu werden.
Damit gehört die Johannes Kepler Universität zu den besten 903 Universitäten auf der Welt. Mit einem
Anteil von 12 Prozent Top-Publikationen liegt die Johannes Kepler Universität auf Rang 9 der insgesamt 10
österreichischen Universitäten, welche im Ranking berücksichtigt sind und auf Platz 405 unter allen
Universitäten weltweit. Oberösterreich befindet sich damit in diesem Bereich auf einem guten Weg. Die
Ausstrahlung der Universität auf die regionale Wirtschaft und die Innovationsfähigkeit dürfte in
Zukunft weiter zunehmen.
Mehr Spezialisierung bei Universitäten gefordert
"Der Spielraum von OÖ bei den Universitäten ist gering, daher gehört die Bildungskompetenz
auf die Länder verlagert, bei Beibehaltung der Rahmengesetzgebung des Bundes, z.B. einheitliche Matura vom
Burgenland bis Vorarlberg. Auf Landesebene sollten mit den Universitäten Forschungsschwerpunkte gebildet werden,
in denen eine hochstehende MA-und Doktoranden- Ausbildung als auch Spitzenforschung möglich ist. Darüber
hinaus müssten in den Massenfächern die Betreuungsquoten stark gesenkt werden, um die Forschenden zu
entlasten und die Ausbildung zu verbessern. Die könnte durch die Einstellung von Dozenten, die überwiegend
lehren, geschehen", analysiert der emeritierte Volkswirtschaftsprofessor Dr. Friedrich Schneider von der Johannes
Kepler Universität.
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Günstige Steuersituation, aber hohe Schuldenlast
Oberösterreich ist im Steuerwettbewerb gut positioniert: Problematischer ist, dass Österreich stark
überschuldet ist (Rang 6) und auch immer noch defizitär wirtschaftet (Rang 5). Langfristig ist eine solche
finanzpolitische Situation nicht nachhaltig und beeinträchtigt die Möglichkeiten Oberösterreichs,
sich im Standortwettbewerb optimal zu positionieren.
BAK Basel hat einen eigenen "BAK Taxation Index" errechnet, der Auskunft über die Nachhaltigkeit
der Finanzpolitik gibt. Dieser nur auf Staatsebene verfügbare Index deutet darauf hin, dass die Finanzpolitik
in Österreich sowohl bezüglich der Besteuerung der Unternehmen als auch der Hochqualifizierten als nicht
mehr nachhaltig einzustufen ist - vor allem aufgrund der hohen Verschuldungsquote.
"Dieser Befund zeigt deutlich, dass die ab 2018 wirksame Schuldenbremse ein richtiger und notwendiger Schritt
ist. Der Zeitpunkt dafür ist jetzt in einer Phase der erstarkenden Konjunktur richtig. Gleichzeitig braucht
es Finanzmittel, um strategisch in die Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität Oberösterreichs
zu investieren", erläutert LH-Stv. Strugl.
"Für eine dynamische und zukunftsfähige Wirtschaftsentwicklung ist eine wesentlich größere
Steuerautonomie unerlässlich. Oberösterreich ist Nettozahler an Steuern und Sozialversicherungs- beiträgen
an den Bund bzw. ‚Rest'-Österreich. Ich schlage daher vor, dass 60 % der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge,
die in OÖ bezahlt werden, auch hier (d.h. in OÖ) wieder als Einnahmen für OÖ zur Verfügung
stehen. Dann wäre eine nachhaltige und solide Finanzierung von OÖ gesichert und das Land könnte
alle erforderlichen Zukunftsinvestitionen tätigen", sagt Friedrich Schneider.
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Die Studie zum Download finden Sie hier >
Allgemeine Informationen:
http://www.biz-up.at
http://www.land-oberoesterreich.gv.at
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