Luxemburg/Wien (gemeindebund) - Eine Europäische Staatsanwaltschaft soll künftig dabei helfen, kriminelle
Handlungen auf europäischer Ebene zu bekämpfen. Sie wird sich intensiv mit dem Mehrwertsteuersystem und
dem Fördermittelbetrug beschäftigen. 20 Mitglieds- staaten einigten sich mit Rat und Parlament auf die
Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft. Ab 2019 setzt sich diese vor allem mit dem grenzüberschreitenden
Mehrwertsteuersystem und dem Fördermittelbetrug auseinander. Auch Österreich nimmt am Projekt teil.
Justizminister Wolfgang Brandstetter zeigte sich erfreut über den Beschluss: „Die Errichtung der Europäischen
Staatsanwaltschaft ist eines der größten Integrationsprojekte im Justizbereich der Europäischen
Union“.
Beseitigung der nationalen Grenzen
Die Hauptaufgabe der Staatsanwaltschaft ist die Bekämpfung krimineller Handlungen, die sich momentan nachteilig
auf die finanziellen Interessen der EU auswirken. Bisher können Betrugsfälle, wie die missbräuchliche
Verwendung von EU-Fördergeldern, nur von nationalen Behörden verfolgt werden. Der europäischen Staatsanwaltschaft
ist es aber künftig möglich, direkt einzuschreiten und Fälle vor Gericht zu bringen. Dazu muss jeder
teilnehmende Staat mindestens einen europäischen Staatsanwalt ernennen.
Reform des EU-Mehrwertsteuersystems
Ein Problem, dem sich die Europäische Staatsanwaltschaft künftig widmet, ist das grenzüberschreitende
Mehrwertsteuersystem. Die Mehrwertsteuer ist eine wachsende Einnahmequelle der EU und stark anfällig für
Betrug. 1967 wurde deren erste Richtlinie eingeführt. Umsatzsteuern, die den Wettbewerb und den freien Warenverkehr
behindern, sollten so abgeschafft werden.
Das momentane Mehrwertsteuersystem stammt aus dem Jahr 1993 und war nur als Übergangsregelung gedacht. Es
ist allerdings zu kompliziert für die wachsende Zahl von Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig
sind. Zudem werden inländische und grenzüberschreitende Umsätze unterschiedlich behandelt.
Deshalb hat die Europäische Kommission beschlossen, dass Mehrwertsteuersystem grundlegend zu reformieren.
So soll ein Rückgang des grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs von etwa 80 Prozent erreicht und
grenzübergreifend tätige EU-Unternehmen unterstützt werden. Ziel ist es, den Verwaltungsaufwand
und die Mehrwertsteuerverfahren zu vereinfachen. Dies würde auch den Aufgabenbereich der Europäischen
Staatsanwaltschaft entlasten.
Zahlungen per Online-Portal
Vier grundlegende Forderungen stehen im Mittelpunkt. Neben der Betrugsbekämpfung führt die Reform zu
einer zentralen Anlaufstelle, größeren Kohärenz und weniger Bürokratie. Die zentrale Anlaufstelle
sorgt dafür, dass Unternehmen in einem Online-Portal in ihrer eigenen Sprache Erklärungen abgeben und
Zahlungen durchführen. So wird es für grenzüberschreitend tätige Unternehmen einfacher, den
mehrwertsteuerlichen Pflichten nachzukommen.
Mit der Umstellung auf das „Bestimmungslandprinzip“ soll größere Kohärenz geschaffen werden. Die
Umsatzsteuer wird vom Letzt-Verbraucher in dem Staat, in dem der Endverbrauch stattfindet, zu entrichten sein und
dem in diesem Mitgliedstaat geltenden Satz entsprechen. Durch eine Vereinfachung der Vorschriften für die
Rechnungslegung, werden Unternehmen in Zukunft keine Listen von grenzüberschreitenden Transaktionen für
ihre Finanzbehörde mehr erstellen.
Der Legislativvorschlag wird nun den Mitgliedsstaaten im Rat zur Zustimmung und dem Europäischen Parlament
zur Stellungnahme vorgelegt. Die EU-Staatsanwaltschaft soll innerhalb von zwei Jahren vollständig aufgebaut
werden und ihren Sitz in Luxemburg haben.
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