LH Kaiser: Europa ist lebendig, braucht aber wieder mehr Gesichter – Supranationale Gesetzgebung
ist in gewissen Bereichen notwendig - Altbundespräsident Fischer: EU braucht Ruck, hat Perspektiven und viele
Argumente für sich
Brüssel/Klagenfurt (lpd) - Die sechste Auflage der „Kärntner Demokratiegespräche“, stand
am 19. Oktober unter dem Motto: „Vive l’Europe - Es lebe Europa“. EU-Referent Landeshauptmann Peter Kaiser nahm
an einem moderierten Gespräch zum Tagungsthema teil. Seine Gesprächspartner waren der frühere Bundespräsident,
Heinz Fischer und die Autorin und bildende Künstlerin, Teresa Präauer. Das Themenspektrum war sehr breit,
angesprochen wurden Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit, die Europa in eine Phase der Orientierungslosigkeit
manövriert haben, ebenso wie Szenarien und Impulse für ein Europa, dass sich seiner Rolle in der Welt
bewusst ist und für eine nachhaltige globale Entwicklung steht.
Der Landeshauptmann wies darauf hin, dass die europäische Identität und das europäische Bewusstsein
nicht voneinander zu trennen seien. „Trotz der Phase der Orientierungslosigkeit kann zum aktiven Teilhaben in der
EU jeder beitragen. Ich versuche es als Vertreter Kärntens im Ausschuss der Regionen. Europa gibt es nur als
Ganzes“, stellte er fest.
Angesprochen auf die derzeitige Entwicklung Europas verhehlte Kaiser nicht, dass er das Gefühl habe, dass
Europa ein klein wenig langweilig geworden sei. „Die Begeisterung, wie bei der Einführung des Euro, ist einem
gewissen Phlegma gewichen und es gibt derzeit auch sehr viel Skepsis, zum Beispiel in der Migrantenfrage. Ich würde
mir wünschen, dass Europa wieder ein deutlicheres Gesicht bekommt“, so der Landeshauptmann.
Auf die Frage, was ein lebendiges, lebenswertes Europa künftig brauche, meinte Kaiser: „Wir haben ein lebendiges
Europa, uns fehlt leider oft die aktive Wahrnehmung dafür“. Seitens des Landes unterstütze man beispielsweise
Schul-EU-Reisen nach Brüssel und Straßburg. „Beim Besuch diverser EU-Einrichtungen bzw. des Kärntner
Verbindungsbüros bekommt man einen Einblick in die Mechanismen der EU und lernt zudem die bunte sprachliche
Vielfalt kennen“, so Kaiser.
Damit Europa künftig nach Außen und Innen stark auftreten könne, sei in gewissen Bereichen, wie
beispielweise im Umweltbereich aber auch in der Außenpolitik eine supranationale Gesetzgebung notwendig.
„Es wird in der Zukunft Priorisierungen geben müssen“, stellte der Landeshauptmann unmissverständlich
fest.
Für Altbundespräsident Fischer brauche die EU in der jetzigen Form einen Ruck, damit sich wieder das
Bewusstsein durchsetze, ein Europäer bzw. Österreicher, Franzose… zu sein. „Wir brauchen ein lebendiges,
bürgernahes Europa“, so Fischer. Trotz der zunehmenden Kritik an der EU, habe Europa Chancen. „Europa hat
sich als kräftiger Baum mit Wurzeln entwickelt. Es ist stark, hat Perspektiven und viele gute Argumente für
sich“, so Fischer. Der Altbundespräsident räumte ein, dass die EU noch nicht komplett sei. „Die Westbalkanstaaten
sollten aufgenommen werden, auch wenn ein Europa mit 30 Ländern schwerer zu steuern ist als mit sechs, neun
oder zwölf Mitgliedsstaaten“, so Fischer.
Teresa Präauer meinte, dass Europa positive Symbole und Gerechtigkeit brauche, damit der nationale Populismus
nicht weiter aufkomme. Sie nannte in diesem Zusammenhang die Tagebucheinträge von Bertha von Suttner. „Sie
sind beeindruckende Texte zu Europa“. Trotz der gegenwärtigen Krise sei die Energie vorhanden, um Europa positiv
zu transformieren.“ Wichtig ist dabei, die Arroganzen abzubauen“, betonte die Hölderlin-Förderpreisträgerin.
Die Diskussionsveranstaltung wurde vom Bildungsexperten Heinz Pichler (AK Kärnten) moderiert.
|