Landjugend informierte über Betriebswirtschaft, Tierwohl, Hofübergabe
Wien (landjugend) - Spannende Diskussionen gab es heuer beim Bäuerlichen Jungunternehmertag der Landjugend
Österreich, der am 18. Oktober an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein in der Steiermark ausgetragen wurde. Rund
230 wissbegierige junge Leute nutzten die Gelegenheit, sich im Rahmen von verschiedensten Vorträgen über
Zukunftsthemen wie Betriebswirtschaft, Marketing, Tierwohl, Lebensqualität und Hofübernahme zu informieren.
Neue Wege der Unternehmensführung gefragt
Dass es neue Wege der Unternehmensführung braucht, um in unberechenbaren und schnelllebigen Zeiten erfolgreich
sein zu können, betonte Dozent Leopold Kirner von der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik.
Er präsentierte fünf unternehmerische Ansätze, die primär den Menschen in den Mittelpunkt stellen.
Demnach gilt es, persönliche Denkmodelle zu hinterfragen, die uns punkto Entwicklung im Weg stehen. Dazu zählt
etwa ein Verharren im Glauben, dass die Politik einen gerechten Produktpreis liefern muss. Ein weiterer Ansatz
ist, eine Experimentierkultur zu entwickeln, die zwar klare Felder - wie etwa den Einstieg in die bäuerliche
Direktvermarktung - vorgibt, genaue Ziele jedoch offen lässt. Schwierig aber wichtig ist es zudem Entscheidungen
zu treffen, insbesondere, wenn es sich um etwas Neues handelt. Von großer Bedeutung ist laut Kirner auch,
eine zum(r) Betriebsleiter(in) passende Strategie zu entwickeln und umzusetzen. An fünfter Stelle steht für
den Experten ein wertschätzender Umgang miteinander.
Tierwohl verstärkt im gesellschaftlichen Fokus
Dass das Thema Tierwohl sowohl in der Landwirtschaft als auch in der gesellschaftlichen Diskussion an Bedeutung
gewinnt, betonte Elfriede Ofner-Schröck, Leiterin der Abteilung für artgerechte Tierhaltung, Tierschutz
und Herdenmanagement an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Sie präsentierte verschiedenste Indikatoren zur Messung
von Tierwohl und entsprechende Haltungssysteme. "Die wichtigsten Voraussetzungen für einen tiergerechten
Stallbau sind ausreichende Möglichkeiten für Bewegung und Sozialkontakte, eine passende Bodenbeschaffenheit,
ein gesundes Stallklima, geeignete Tränken und Fütterung sowie die Vermeidung von negativen Auswirkungen
auf das Tier." Auch auf Verhaltensabweichungen, Hautschäden, Gelenksveränderungen et cetera sollte
besonderes Augenmerk gelegt werden. Weiters sprach die Expertin über Tierwohl-Markenprogramme, die den Gesellschaftswünschen
Rechnung tragen und eine Chance in der Vermarktung darstellen.
Generationenkonflikte als Herausforderung
Welche Generationenkonflikte auf Bauernhöfen herrschen und wie diese vermieden beziehungsweise gelöst
werden können, erklärte die Psychotherapeutin und Referatsleiterin von "Lebensqualität Bauernhof
Tirol", Angelika Wagner. Sie weiß von ihrer Arbeit am bäuerlichen Sorgentelefon nur allzu gut,
wie viele Bauernfamilien damit kämpfen, dass Arbeits- und Lebenswelt so eng miteinander verknüpft sind.
Laut Wagner führen insbesondere Veränderungen zu Spannungen, wie etwa Einheirat oder Hofübergabe.
Aus diesem Grund hat die Therapeutin "Zehn Hot Points des Zusammenlebens" entwickelt. Diese reichen vom
Streben nach einer positiven Entwicklung, dem Abstecken von Grenzen und Schaffen von Übergangsbereichen bis
zu einer Offenheit gegenüber Veränderungen und Weiterbildung. Zudem sollte laut Wagner die persönliche
Lebensgeschichte aller Beteiligten berücksichtigt und großer Wert auf Gespräche, non-verbale Kommunikation
und Konfliktmanagement gelegt werden.
Digitaler Bauernmarkt als Startup-Unternehmen
Die junge Startup-Gründerin Theresa Imre, die mit einer Freundin den von der AMA Marketing ausgezeichneten
Food-Blog "Eingebrockt & Ausgelöffelt" betreibt, präsentierte ihr Projekt "marka.at",
das heimische Erzeugnisse mittels einer Online-Plattform auf die Teller holen soll. Dieser digitale Bauernmarkt
ist dazu gedacht, eine "neue Ära in Sachen regionale Lebensmittelversorgung" einzuläuten. "Durch
eine unmittelbare Kommunikation und Interaktion entstehen persönliche Beziehungen; somit wird wieder ein Bezug
zu Lebensmitteln und deren Herkunft geschaffen. Hinter einer Hühnerbäuerin steckt schließlich viel
mehr als nur ihre Betriebsnummer auf dem Eier-Karton", so Imre.
Hofübernahme rechtzeitig besprechen
Wie er sich auf die Übernahme des elterlichen Milchviehbetriebs im Jahr 2023 vorbereitet und wann er erstmals
auf das Thema Alpaka gestoßen ist, darüber berichtete der HBLFA Raumberg-Gumpenstein-Absolvent Andreas
Bischof. So verfolgt der Jungbauer aus dem Bezirk Murtal in der Steiermark in der Zwischenzeit mehrere Nebentätigkeiten
und bildet sich umfassend weiter. Großen Wert legt er auch darauf, wichtige, die Zukunft betreffende Punkte
mit seinen Eltern im Vorfeld abzuklären. Sein Interesse für Alpakas wurde bereits in der Schulzeit geweckt
und im Rahmen von Kursen, Züchter(innen)-Besuchen und einem Fachliteratur-Studium vertieft. Die Arbeit mit
seinen Tieren sieht er als persönliche Rückzugsmöglichkeit im Großfamilienleben.
Roundtable zu den Zukunftsanforderungen der Jugend
Im Anschluss an die Vorträge fand ein spannender Roundtable mit hochkarätiger Besetzung zum Thema "Zukunft
Landwirtschaft - Was braucht die Jugend?" statt. Dabei gab Kabinettchef Michael Esterl aus dem Ministerium
für ein lebenswertes Österreich (BMLFUW) einen interessanten Einblick in die aktuelle politische Lage
sowie die anstehenden Verhandlungen zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). "Junge Übernehmer(innen)
brauchen Sicherheit. Daher gilt es auch in der künftigen GAP, neben vielen weiteren Maßnahmen insbesondere
jene zur Förderung der Junglandwirtinnen und -wirte abzusichern", betonte Esterl.
Dass das wichtigste Kapital für eine erfolgreiche Betriebsführung eine gute Ausbildung ist, ergänzte
LK Steiermark-Präsident Franz Titschenbacher. "Gerade im Bereich der Landwirtschaft ist lebenslanges
Lernen gefordert. Die Landwirtschaftskammern stehen den Übernehmer(innen) dabei mit unterschiedlichsten Bildungs-
und Beratungsangeboten zur Verfügung", informierte er. Voraussetzung für eine erfolgreiche Hofübergabe
sind Offenheit und Akzeptanz von beiden Seiten, weiß wiederum die steirische Landwirtschaftskammerrätin
Christa Schörkmaier, die mit den Teilnehmer(inne)n ihre Erfahrungen im Bereich Hofübergabe teilte. "Blicke
über den Tellerrand und bilde dich weiter, kenne deine Betriebszahlen und hinterfrage diese kritisch, gib
dir genug Zeit für deine Entscheidungen und überstürze nichts", empfahl außerdem der
stellvertretende Bundesleiter der Landjugend Österreich, Johann Diwold, den künftigen Übernehmer(inne)n.
Landjugend ermöglicht Weiterbildung und Information
Mit dem Jungunternehmertag hat die Landjugend Österreich einmal mehr ihre Vorreiterrolle als Weiterbildungs-
und Anlaufstelle für junge Menschen in agrarischen Fragen bewiesen. Ein wesentliches Thema dabei ist stets
die Vorbereitung der Hofübernahme. Zu diesem Zweck gibt es unter anderem eine Hofübergabe/Hofübernahme-Broschüre,
die kostenlos in allen Landjugendreferaten der Bundesländer sowie im Referat der Landjugend Österreich
erhältlich ist. Zusätzlich steht sie unter www.landjugend.at als Download zur Verfügung.
Ein herzlicher Dank gilt auch allen Kooperationspartner(inne)n, wie dem Ministerium für ein lebenswertes Österreich,
dem Land Steiermark, der Österreichischen Jungbauernschaft, dem Ökosozialen Forum, dem Magazin "unserHof"
sowie der HBLFA Raumberg-Gumpenstein, die wesentlich zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.
Die Landjugend Österreich ist mit rund 90.000 Mitgliedern die größte Jugendorganisation des ländlichen
Raums. Der Fokus der Landjugend liegt in der Weiterbildung ihrer Mitglieder und in der aktiven Gestaltung der ländlichen
Regionen. Sie betreut unter anderem den anerkannten aufZAQ-zertifizierten Lehrgang "LJ-SpitzenfunktionärIn",
eine Ausbildung im jugend- und freizeitpädagogischen Bereich, und bietet als einzige Stelle in Österreich
landwirtschaftliche Fachpraktika im Ausland an. 2017 widmet sich die Landjugend im Speziellen dem Themenschwerpunkt
"Daheim kauf ich ein".
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