Wien (rk) - Das Kunst Haus Wien, ein Museum der Wien Holding, präsentiert von 19. Oktober 2017 bis 21.
Januar 2018 das Ausstellungsprojekt „The Big Invisible“ mit neuen künstlerischen Positionen zum Thema Umwelt
und Nachhaltigkeit. Fünf zeitgenössische KünstlerInnen nehmen in ihren Arbeiten zu einer der zentralsten
Herausforderungen unserer Epoche Stellung: der globalen, vom Menschen verursachten Umweltzerstörung. Die künstlerischen
Überlegungen rücken dabei menschliche Aktivitäten und Verhaltensweisen in den Fokus, die negative
Auswirkungen auf die Natur in globalem Maßstab zur Folge haben: Es geht um Luftverschmutzung, Erderwärmung,
Viren, Kernstrahlung und die Gefahr einer Ölpest.
Kunst an der Schnittstelle zu Forschung, Technologie und Aktivismus
Die Kuratorinnen Jade Niklai und Yasmine Ostendorf haben im Rahmen des ersten Curator in Residence-Programms
des Kunst Haus Wien die Fragestellung erarbeitet, wie wir die gegenwärtigen drastischen Umweltveränderungen
begreifen sollen, wenn wir ihre Ursachen nicht sehen, spüren oder hören und ihre Auswirkungen nicht unmittelbar
erleben können. Das Ergebnis ihrer einmonatigen Recherche, in denen die beiden österreichweit zahlreiche
Interviews mit KünstlerInnen, KunstexpertInnen und WissenschaftlerInnen geführt und themenbezogene Literatur
in Lesegruppen diskutiert haben, präsentiert sich nun in der Ausstellung „The Big Invisible“.
Die beteiligten KünstlerInnen John Gerrard, Markus Hoffmann, Hanna Husberg, Markus Jeschaunig und Pei-Ying
Lin entwickeln ihre künstlerischen Strategien an der Schnittstelle zu Forschung, Technologie und Aktivismus.
Die Werke – in unterschiedlichen Medien wie Fotografie, Computersimulation, Installation, Video, Skulptur und Performance
– bedienen sich öffentlich zugänglicher Daten, die meist abstrakt bleiben und für den Laien schwer
nachvollziehbar sind. Durch die künstlerische Transformation werden sie sichtbar, hörbar, spürbar,
riechbar und somit erfahrbar gemacht. Ziel ist es, zur Reflexion über unseren Umgang mit und unser Verständnis
von Natur anzuregen.
Die Werke im Überblick:
Die Simulation (Mixed media) „Flag (Danube)“ von John Gerrard zeigt einen Abschnitt der Donau nahe Wien in der
fiktiven Situation eines katastrophalen Benzinaustritts. „Flag (Danube)“ ist der jüngste Teil der seit 2015
entstehenden Serie „Flag“, die die Bedeutung von vier großen Flüssen weltweit untersucht: der Donau
in Europa, des Nils in Afrika, des Amazonas in Südamerika und des Jangtse in Asien.
Die Installation „In the Vast Ocean of Air“ von Hanna Husberg besteht aus Neonskulpturen und einer Videoarbeit.
Mithilfe der Technik und der Bildsprache von Neonschildern, die im 20. Jahrhundert als neues Zeichensystem zu einem
Inbegriff der Konsumkultur im weitesten Sinn avancierten, verweist die Künstlerin hier auf Erwärmung,
Abkühlung, Luftbefeuchtung, Luftzirkulation und Luftreinigung in Innenräumen.
Der Pigmentdruck bzw. die Autoradiographie „Nucifera Metamorphosis“ von Markus Hoffmann zeigt die unsichtbaren
(Aus-)Wirkungen und Spuren radioaktiver Strahlung anhand zweier doppelt belichteter Analogfarbfotos von Kokosnüssen,
die von den radioaktiv verseuchten Atollen Enewetak und Bikini im pazifischen Ozean stammen. Die eigens für
die Ausstellung entwickelte Installation „Dark Fossil Abakus“ führt die Verwendung von Kokosnüssen vom
Bikini-Atoll als Symbole für Radioaktivität fort.
Die Installation „Heat Islands“ von Markus Jeschaunig ist eine neue partizipative Arbeit, die die Komplexität
von Wärme im städtischen Umfeld in Zeiten steigender Temperaturen thematisiert. Die Installation umfasst
drei mit temperaturempfindlicher Farbe beschichtete fotografische Drucke, die das Publikum mit den Händen
oder bereitgestellten Haarföhnen erwärmen kann. Sobald die Oberflächentemperatur auf über 25°C
steigt, erscheint jeweils eine Stadtansicht von Graz.
Die Installation „Virophilia – Tobacco and X“ ist, zusammen mit einem Video und einer Performance, der erste Teil
einer neuen Serie, in der Pei-Ying Lin die Bild- und Affektästhetik von Viren untersucht. „Virophilia – Tobacco
and X“ geht Lins’ These nach, dass manche Viren unter sicheren und kontrollierten Bedingungen für Mensch und
Pflanze nützlich sein können.
Curators in Residence
Jade Niklai arbeitet als freie Kuratorin in Wien. Sie ist Gründerin und Leiterin der Blood Mountain Foundation,
einer interdisziplinären Kunststiftung mit Schwerpunkt Zentraleuropa.
Yasmine Ostendorf ist freie Forscherin/Kuratorin und Leiterin des Jac. P. Thilsse Lab an der Jan Van Eyck Academie
in Maastricht.
Rahmenprogramm zur Ausstellung: Podiumsdiskussion und Atelierbesuch
Als Rahmenprogramm zur Ausstellung findet am Mittwoch, den 15. November 2017 von 18:00 bis 20:00 Uhr eine Podiumsdiskussion
zum Thema „Art Institutions as Agents for Change“ statt. Bettina Leidl (Direktorin Kunst Haus Wien), Yasmine Ostendorf
(Kuratorin der Ausstellung), Audu Salisu (Soziologe), Markus Schmidt (Direktor Biofaction) und Daniela Zyman (Chefkuratorin
TBA21) diskutieren über die Aufgabe, Verantwortung und Möglichkeiten von Kunstinstitutionen als Diskussions-
und Vernetzungsplattformen im Anthropozän – der vom Menschen geprägten Epoche der Menschheit.
Am Dienstag, den 12. Dezember 2017 findet von 18:30 bis 19:30 ein Atelierbesuch & Artist´s Talk bei und
mit John Gerrard statt. Der in Irland geborene Medienkünstler diskutiert mit den TeilnehmerInnen und Kimberly
Bradley, freie Kunstkritikerin und Redakteurin des Monocle Magazine, über verschiedene Aspekte seiner künstlerischen
Praxis.
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