Zur Deportation jüdischer Menschen aus der Herminengasse 1938 bis 1945
Wien (segal) - 800 Jüdinnen und Juden wurden in der Zeit von 1938 bis 1945 aus der Herminengasse deportiert.
Die Wiener Linien und KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien widmen diesen Opfern des Nationalsozialismus
ein Kunst- und Gedenkprojekt, das von der Künstlerin Michaela Melián realisiert wurde.
„Erinnerungskultur in Wien entwickelt sich stets weiter und ist ein lebendiger, nie abgeschlossener Prozess. Die
‚Herminengasse‘ belegt dies eindrucksvoll. Hier wurde die Geschichte der Bewohner der Straße in einem weltweit
einmaligen Forschungsprojekt aufgearbeitet, gleichzeitig wurde in Erinnerung an die deportierten Jüdinnen
und Juden ein prägnantes Kunstwerk geschaffen. Die Passage erfährt damit eine historische Kontextualisierung:
Zahlreiche PassantInnen werden hier täglich in Konfrontation mit dem Kunstwerk zu ZeugInnen“, betont Wiens
Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny.
„Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin zum Europäischen Parlament: „Als Bewohnerin der Herminengasse habe ich
mich schon im Jahr 2008 dafür eingesetzt, dass es ein Denkmal für die 800 Jüdinnen und Juden gibt,
die in den Jahren 1941 und 42 aus der Herminengasse deportiert und in den Konzentrationslagern getötet wurden.
Auch das Haus Herminengasse Nummer 8, ein jüdisches Bethaus, wurde in der Novemberprogrom-Nacht niedergebrannt.
Das Denkmal, das heute enthüllt wird, zeichnet die einzelnen Schicksale dieser Menschen nach und trägt
damit zur Erinnerungskultur in Wien bei. Wir gedenken der Opfer und werden sie niemals vergessen."
„Die Wiener Linien sind sich als städtisches Unternehmen mit langer Tradition ihrer Verantwortung gegenüber
der eigenen Geschichte und der Geschichte der Stadt bewusst. Daher war es uns besonders wichtig, an diesem historisch
so belasteten Ort nicht nur eine schlichte Gedenktafel anzubringen, um auf das Leid so vieler Menschen aufmerksam
zu machen. Mit der Arbeit der Künstlerin Michaela Melián, die auf dem Forschungsprojekt der Historikerin
Tina Walzer beruht, ist es gelungen, die tragischen Ereignisse auf sensible Art greifbar zu machen und in die heutige
Zeit zu übersetzen. Das Kunstwerk leistet einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels
der Geschichte unserer Stadt, der wir uns bewusst stellen“, so Günter Steinbauer, Vorsitzender der Geschäftsführung
der Wiener Linien
Zum Kunstwerk
Die Künstlerin Michaela Melián wurde von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien und den Wiener
Linien eingeladen, ein Projekt in der U-Bahn-Station Schottenring zu realisieren. Ihre Arbeit beschäftigt
sich mit den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus aus einem Straßenzug, dessen Namen der nördliche
Ausgang aus der Station trägt: Herminengasse. In der Herminengasse, einer klassischen Wiener Gasse, die von
mehrstöckigen Gründerzeitbauten gesäumt ist, ergab ein historisch-wissenschaftliches Forschungsprojekt,
dass in der Zeit von 1938-1945 nachweislich 800 Jüdinnen und Juden die Herminengasse zu unterschiedlichen
Deportationszielen verlassen mussten. Melián zeichnet diese Einzelschicksale nach, indem sie jede Person
mit einer Linie versieht. Eine Linie, die von Wohnhäusern der Herminengasse zu den Konzentrationslagern bzw.
Ghettos führt.
Zum Forschungsprojekt
Im begleitenden Forschungsprojekt ging es vor allem darum, Menschen zu finden, die in der Herminengasse als Juden
verfolgt wurden. Insgesamt konnten mehr als 1.400 verfolgte Personen gefunden werden, 800 davon wurden in den Vernichtungslagern
ermordet.
Von den 21 Häusern, die die Herminengasse umfasst, standen zu Beginn der NS-Herrschaft elf in jüdischem
Besitz. Neun davon wurden enteignet. In zwei Häusern wurden Sammellager eingerichtet, in weiteren acht Häusern
befanden sich Sammelwohnungen.
Das Projekt ist ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit Österreichs. Jene Menschen, die
willkürlich aus der Bevölkerung Wiens ausgesondert, verfolgt, beraubt, vertrieben und ermordet wurden,
werden so ins Gedächtnis der Stadt zurückgeholt.
Am 19. Oktober 1941 ging der 9. Transport von Wien – Aspangbahnhof ins Ghetto Locz/Litzmannstadt, es wurden 1000
Personen deportiert.
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