Innsbruck (universität) - Quanteneigenschaften lassen Nanomagnete über einem statischen Magnetfeld
schweben, obwohl das laut dem klassischen Earnshaw-Theorem eigentlich unmöglich ist. Das zeigen Innsbrucker
Quantenphysiker um Oriol Romero-Isart in zwei aktuellen Arbeiten. Verantwortlich dafür ist der Drehimpuls
von Elektronen, aus dem auch der Magnetismus entspringt.
Mit Dauermagneten kann man keine stabil schwebende Konstruktion errichten, das hat der Brite Samuel Earnshaw bereits
1842 nachgewiesen. Lässt man einen Magneten über einem anderen schweben, genügt die kleinste Störung,
um ihn abstürzen zu lassen. Der Magnetkreisel, ein beliebtes Spielzeug, umgeht dieses Earnshaw-Theorem. Bei
einer Störung richtet die Kreiselbewegung ihn wieder so aus, dass die Stabilität erhalten bleibt. Nun
haben Physiker um Oriol Romero-Isart vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck und
dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
gemeinsam mit Forschern am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching erstmals gezeigt, dass Nanomagneten
auch in Ruhe über einem statischen Magnetfeld schweben können. „In der Quantenwelt können winzige
Nanoteilchen ruhend über einem Magnetfeld schweben“, sagt Oriol Romero-Isart. „Verantwortlich dafür sind
Quanteneigenschaften, die in der makroskopischen Welt nicht wahrnehmbar sind, bei Nanoobjekten aber stark hervortreten.“
Stabilität durch gyromagnetischen Effekt
Albert Einstein hat gemeinsam mit dem niederländischen Physiker Wander Johannes de Haas 1915 nachgewiesen,
dass der Magnetismus auf ein quantenmechanisches Phänomen zurückgeht, nämlich den Drehimpuls von
Elektronen, den sogenannten Elektronenspin. Die Physiker um Oriol Romero-Isart zeigen nun, dass dieser Elektronenspin
es einem Nanomagneten erlaubt, im Ruhezustand über einem statischen Magnetfeld zu schweben, obwohl das nach
dem klassischen Earnshaw-Theorem eigentlich unmöglich ist. Die Theoretiker haben ausführliche Stabilitätsanalysen
abhängig vom Radius des Objekts und der Stärke des externen Magnetfelds gemacht. Diese zeigen, dass in
Abwesenheit von Reibungsverlusten (Dissipation) sich ein Gleichgewichtszustand einstellt. Verantwortlich dafür
ist der gyromagnetische Effekt: bei Änderung der Magnetisierung tritt wegen der Kopplung der magnetischen
Momente mit dem Spin der Elektronen ein mechanisches Drehmoment auf. „Dadurch wird der magnetische Schwebezustand
des Nanomagneten stabilisiert“, erklärt Erstautor Cosimo Rusconi. Darüber hinaus konnten die Forscher
auch zeigen, dass die Freiheitsgrade des schwebenden Nanomagnets miteinander quantenverschränkt sind.
Neues Forschungsfeld
Oriol Romero-Isart und sein Team sind optimistisch, dass diese schwebenden Nanomagnete bald auch im Labor beobachtet
werden können. Sie machen Vorschläge, wie dies unter realistischen Bedingungen gelingen könnte.
Schwebende Nanomagnete bieten ein völlig neues Experimentierfeld für die Physiker. Unter instabilen Verhältnissen
könnten sie zum Beispiel exotische Quantenphänomene offenbaren. Auch könnten mehrere Nanomagnete
miteinander gekoppelt und die Ausbreitung der Magnetisierung im Labor simuliert und studiert werden. Technisch
sind schwebende Nanomagnete zum Beispiel auch als hochsensible Sensoren interessant.
Finanziell unterstützt wurden die Forschung vom österreichischen Bundesministerium für Wissenschaft,
Forschung und Wirtschaft und dem Europäischen Forschungsrat ERC.
Publikationen
Quantum Spin Stabilized Magnetic Levitation. Cosimo C. Rusconi, Vera Pöchhacker,
Katja Kustura, J. Ignacio Cirac, Oriol Romero-Isart. Phys. Rev. Lett. 119, 167202 DOI: 10.1103/PhysRevLett.119.167202
Linear Stability Analysis of a Levitated Nanomagnet in a Static Magnetic Field: Quantum Spin Stabilized Magnetic
Levitation. Cosimo C. Rusconi, Vera Pöchhacker, J. Ignacio Cirac, Oriol Romero-Isart. Phys. Rev. B 96, 134419
DOI: 10.1103/PhysRevB.96.134419
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